07.01.2013 Aufrufe

Wer nicht spurt, kriegt kein Geld - HARTZ IV Betroffene eV

Wer nicht spurt, kriegt kein Geld - HARTZ IV Betroffene eV

Wer nicht spurt, kriegt kein Geld - HARTZ IV Betroffene eV

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

5. <strong>Wer</strong> <strong>nicht</strong> <strong>spurt</strong> … – Erfahrungen mit Sanktionen<br />

5.3 Ergebnisse der telefonischen Befragung<br />

von Berliner Beratungsstellen<br />

nach ihren Erfahrungen<br />

mit Sanktionen<br />

Ergänzend zu unserer (Schwerpunkt-)Befragung<br />

von Sanktionsbetroffenen wollten wir einen<br />

Blick darauf werfen, wie sich die Sanktionspraxis<br />

in Berlin aus Sicht der MitarbeiterInnen von<br />

Beratungsstellen darstellt. Mittels einer telefonischen<br />

Kurz-Befragung haben wir nach den Anlässen<br />

für Leistungskürzungen gefragt, um eine<br />

Einschätzung der JobCenterpraxis gebeten. Außerdem<br />

wollten wir wissen, wo konkreter Handlungs-<br />

und Änderungsbedarf gesehen wird.<br />

An die Beratenden wurden vier Fragen 113<br />

gerichtet, nachdem Absicht und Kontext der<br />

Befragung kurz erläutert worden waren.<br />

Befragt wurden BeraterInnen aus 28 Beratungsstellen,<br />

114 die über die ganze Stadt verteilt<br />

sind. Sie repräsentieren ein breites Spektrum<br />

<strong>nicht</strong>-staatlicher 115 Einrichtungen, darunter auch<br />

113 Die Fragen werden im Folgenden im Text benannt.<br />

114 Genaue Angaben zur Zahl der in Berlin existierenden<br />

Beratungsstellen, die zu Hartz <strong>IV</strong> beraten oder dies als<br />

einen Beratungsschwerpunkt unter verschiedenen anbieten,<br />

gibt es <strong>nicht</strong>. Die bundesweit bekannte Beratungseinrichtung<br />

Tacheles e.V. in Wuppertal nennt für<br />

Berlin 35 Adressen, wo Hartz-<strong>IV</strong>-Beratung angeboten<br />

wird (siehe Adressverzeichnis des Wuppertaler Erwerbslosen-<br />

und Sozialvereins: http://www.tachelessozialhilfe.de).<br />

Da kaum anzunehmen ist, daß alle Beratungseinrichtungen,<br />

die Hartz-<strong>IV</strong>-Beratung anbieten, bei<br />

Tacheles „registriert“ sind, können es in Berlin auch<br />

ebenso gut 40 oder 45 sein.<br />

Da die große Mehrheit der Befragten (26 von 28) anonym<br />

bleiben wollte, können die Namen der Beratungsstellen<br />

<strong>nicht</strong> genannt werden. Dem Anonymisierungswunsch<br />

entsprechend haben wir den Beratungsstellen<br />

eine Nummer zugewiesen, die in den Ausführungen<br />

durchgängig beibehalten wird.<br />

115 Von <strong>nicht</strong>-staatlichen Beratungsstellen sprechen wir,<br />

wenn diese <strong>nicht</strong> direkt dem Senat oder dem Bezirk unterstehen<br />

wie z.B. die Bürgerbüros, die es in manchen<br />

Bezirksämtern gibt. Wie weit bei den <strong>nicht</strong>-staatlichen<br />

Einrichtungen tatsächlich von Unabhängigkeit gesprochen<br />

werden kann, wenn diese sich zu einem großen Teil<br />

oder vollständig über staatliche <strong>Geld</strong>er finanzieren, muß<br />

dahin gestellt bleiben, weil dies eine Extra-Untersuchung<br />

über Formen staatlicher Einflußnahme erforderlich machen<br />

würde.<br />

zehn, die direkt oder im weitesten Sinne einem<br />

kirchlichen Wohlfahrtsverband zuzurechnen<br />

sind.<br />

Von den insgesamt 28 befragten Beratungseinrichtungen<br />

haben 23 alle Fragen beantwortet. 116<br />

Im Folgenden geben wir einen Überblick über<br />

die Antworten der Befragten, die mal überraschende<br />

Übereinstimmungen, mal deutliche Unterschiede<br />

erkennen lassen.<br />

<strong>Wer</strong> hier bei den Ergebnissen quantitative Angaben<br />

erwartet, muß enttäuscht werden; die<br />

Kurzbefragung war ausdrücklich <strong>nicht</strong> als repräsentative<br />

bzw. quantitative Befragung angelegt.<br />

Nichtsdestotrotz sind die Antworten geeignet,<br />

ein wenig mehr die verbreitete Praxis in den<br />

JobCentern zu erhellen, die sich in den Sanktioniertenporträts<br />

(Kap. 5.1) bereits angedeutet hat.<br />

Zu Frage 1: „Mit wie vielen Sanktionsfällen<br />

– grob geschätzt – war Ihre Beratungsstelle in<br />

den letzten sechs Monaten konfrontiert?“<br />

machten 20 Beratungsstellen ungefähre Angaben<br />

117 . Die Antworten reichten von „nur ein<br />

Fall“, über „vielleicht 20 mit steigender Tendenz“<br />

bis zu „circa 60“. In manchen Beratungsstellen<br />

war <strong>kein</strong>e zahlenmäßige Schätzung möglich,<br />

da es nur sehr wenige Fälle gegeben hatte.<br />

118<br />

Die Antworten der BeraterInnen offenbarten<br />

vor allem eines: Das Thema „Sanktionen“ führt<br />

vergleichsweise wenige <strong>Betroffene</strong> in die Beratungsstellen.<br />

Angesichts von rund 17.500 Sanktionierten im<br />

März 2008 allein in Berlin 119 mag es verwun-<br />

116<br />

In drei Einrichtungen lagen <strong>kein</strong>e bzw. extrem wenige<br />

Erfahrungen mit Sanktionen vor (Beratungsstellen Nr. 2,<br />

Nr. 3 und Nr. 23). In zwei weiteren Fällen wurde nur jeweils<br />

eine Frage beantwortet (Beratungsstelle Nr. 19:<br />

Aussagen nur zur Frage nach „sinnvollen Forderungen“<br />

und Nr. 23: Aussagen nur zur impliziten Frage nach den<br />

Schwerpunkten der Beratung).<br />

117<br />

In den wenigsten Beratungsstellen wird Buch darüber<br />

geführt, wie viele Ratsuchende täglich oder wöchentlich<br />

in die Einrichtung kommen; die BeraterInnen sind mit<br />

Wichtigerem befaßt. Angesichts der Tatsache, daß die<br />

Beratungsstellen häufig unterbesetzt und die BeraterInnen<br />

überlastet sind, kann dies <strong>nicht</strong> verwundern.<br />

118<br />

Die Antworten sind Übersicht A im Anhang zu entnehmen.<br />

119<br />

Siehe Tagesspiegel vom 3.3.2008. Der Tagesspiegel<br />

hatte bei der Regionaldirektion Berlin-Brandenburg der<br />

www.hartzkampagne.de Online-Version 2<br />

59

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!