Wer nicht spurt, kriegt kein Geld - HARTZ IV Betroffene eV
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5. <strong>Wer</strong> <strong>nicht</strong> <strong>spurt</strong> … – Erfahrungen mit Sanktionen<br />
teilung soll ‚Back Office’ sein, um ungestört arbeiten<br />
zu können.“<br />
„Aber“, fragten wir weiter: „Führt das Fernhalten<br />
der Probleme <strong>nicht</strong> erst recht zu mehr Arbeit,<br />
weil die Leute gezwungen sind, in Ermangelung<br />
eines kurzen klärenden Gesprächs Widerspruch<br />
einzulegen und schließlich sogar vor Gericht<br />
zu gehen?“<br />
„Das ist richtig,“ wurde unserer Kollegin<br />
knapp zugestimmt. „Das wäre leicht zu ändern.“<br />
Der 31.5. kam, Zahltag, und Herr Kluge mußte<br />
feststellen, daß das JobCenter tatsächlich 104 €<br />
weniger überwiesen hatte.<br />
Am 11.6.07 hat Herr Kluge folgenden Spruch<br />
auf seinem Anrufbeantworter:<br />
„JobCenter Abc, Steinhardt. Guten Tag, Herr<br />
Kluge. Ich wollte Ihnen nur mitteilen, daß die<br />
Überprüfung der Sanktion ergeben hat, daß die<br />
Sanktion bleibt. Die Bewerbung war ausschließlich<br />
persönlich oder telefonisch nur zu erfolgen,<br />
<strong>kein</strong>e andere Form, was Sie <strong>nicht</strong> eingehalten<br />
haben. Tut mir leid, ich muß meine Entscheidung<br />
aufrechterhalten lassen. Außerdem sollten Sie<br />
bis 3.5. Rückantwort geben. Auch das hatten Sie<br />
leider <strong>nicht</strong> eingehalten. Wiederhören.“ 65<br />
Auch über das fristgerechte Beibringen der<br />
Rückantwort hatte Kluge sich ja in seiner Antwort<br />
zur Anhörung vom 9. Mai 2007 geäußert:<br />
„Da sich die Firma bisher noch <strong>nicht</strong> wieder<br />
gemeldet hat, bin ich davon ausgegangen, daß<br />
dies noch erfolgen wird. Aus diesem Grunde habe<br />
ich Ihnen auch das Antwortformular noch<br />
<strong>nicht</strong> gesendet“.<br />
Ratlos<br />
„Ich dachte, das sei ein persönlicher Angriff<br />
gegen mich. Ich überlegte, was die gegen mich<br />
haben konnten. Ich kannte meine pAp seit zweieinhalb<br />
Jahren. Alle halbe Jahre lege ich ihr<br />
meine Bewerbungsbemühungen vor. Sie hatte<br />
meine graphische Darstellung gelobt und meinen<br />
Bewerbungsflyer sogar als Vorlage für andere<br />
kopiert. Ich hatte meine Eingliederungsvereinbarung<br />
66 anstandslos unterschrieben, und sie hat<br />
auf meinen Wunsch Online-Bewerbungen anerkannt.<br />
Oder war es, weil ich die Umzugskosten-<br />
65<br />
anonymisiertes, ansonsten wortgetreues Originalzitat<br />
66<br />
siehe Kap. 2.1<br />
erstattung bei meinem Zwangsumzug gegen erheblichen<br />
Widerstand der Leistungsabteilung<br />
erstritten hatte? Irgendeinen Grund mußte es<br />
doch geben, daß man mir eine reinwürgen wollte.“<br />
Rat gefunden<br />
Ein Glücksfall war es, daß er im Mieterladen<br />
Rechtsrat fand. Rechtsanwältin Heike Jägertal<br />
sagte: „Der Fall ist glasklar, den gewinnen wir.“<br />
Mit Datum vom 23.6. schickt sie einen ausführlichen<br />
Widerspruch ans JobCenter.<br />
Sie schrieb u. a.: „Die allgemeine Ausführung,<br />
daß unser Mandant durch sein Verhalten das<br />
Zustandekommen der Tätigkeit vereitelt habe (...)<br />
ist unbestimmt und <strong>nicht</strong> ausreichend. Insofern<br />
ist der Bescheid bereits rechtsfehlerhaft und bedarf<br />
der Aufhebung.“ 67<br />
Chronologie der Bemühungen II<br />
August, der zweite Monat mit 30%iger Kürzung<br />
der Regelleistung.<br />
2.7.: Abhilfebescheid des JobCenters, Bearbeiterin<br />
Riedel: Die Sanktion wird aufgehoben. Man<br />
werde wieder zahlen, aber „lediglich aus formalen<br />
Gründen“ werde dem Widerspruch stattgegeben,<br />
und eine inhaltliche Prüfung werde folgen.<br />
Lediglich aus formalen Gründen?<br />
Auch Rechtsanwältin Jägertal freut sich in einem<br />
Brief an ihren Mandanten über Abhilfebescheid<br />
und Nachzahlung. Die trifft auch auf seinem<br />
Konto ein.<br />
Aber noch bevor ihn dieser Brief seiner Anwältin<br />
erreicht, trifft am 9. Juli schon wieder ein<br />
Sanktionsbescheid vom JobCenter ein, mit Datum<br />
vom 3. Juli, in dem eine Frau Wiluda eine<br />
erneute Sanktion verhängt, für die folgenden drei<br />
Monate, vom 1.8. bis 30.10. Der neue Sanktionsbescheid<br />
hat fast denselben Wortlaut, die<br />
Reihenfolge der jetzt für Herrn Kluge im Vergleich<br />
deutlich als Textbausteine erkennbaren<br />
Absätze ist leicht verändert. Es gibt einen Unterschied:<br />
67 Des weiteren führt sie aus: „Eine aktive Mitwirkung ist<br />
zweifellos gegeben, wenn der Widerspruchsführer am<br />
Tag des Erhalts des Vermittlungsvorschlags versucht,<br />
fernmündlichen Kontakt mit dem Arbeitgeber aufzunehmen<br />
und am folgenden Tag eine schriftliche Bewerbung<br />
absendet.“<br />
www.hartzkampagne.de Online-Version 2<br />
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