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Wer nicht spurt, kriegt kein Geld - HARTZ IV Betroffene eV

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30<br />

Jetzt heißt es: “Sie haben sich auf die am<br />

24.04.2007 angebotene Arbeitsgelegenheit als<br />

Hilfsarbeiter bei der Firma AKJ gGmbH <strong>nicht</strong><br />

beworben und somit das Zustandekommen einer<br />

zumutbaren Arbeit verhindert“ statt wie im ersten<br />

Bescheid „durch ihr Verhalten das Zustandekommen<br />

der (...) Tätigkeit vereitelt.“ Hier ist<br />

man wohl dem Hinweis der Rechtsanwältin<br />

nachgekommen, der bloße Verweis auf „Verhalten“<br />

sei unbestimmt, <strong>nicht</strong> ausreichend und daher<br />

rechtsfehlerhaft. Man meinte wohl, diesen<br />

Rechtsfehler nun ausgebügelt zu haben.<br />

„Ich war sprachlos. Und meine Anwältin war<br />

gerade in Urlaub gefahren. Wenn sie zurück sein<br />

würde, wäre große Eile wegen des bevorstehenden<br />

Fristablaufes.“<br />

Am 25.7. legt Rechtsanwältin Jägertal erneut<br />

Widerspruch ein, wobei sie die Begründung aus<br />

dem ersten Widerspruchsschreiben wiederholt<br />

und nur in zwei Punkten unwesentlich abändert.<br />

Sie erklärt zunächst wieder, Herr Kluge habe<br />

sich korrekt beworben, und sie stellt nochmals<br />

fest, „daß eine Verpflichtung zur persönlichen<br />

Vorstellung, das heißt persönlichen Vorsprache<br />

ohne Terminvereinbarung oder zur ausschließlich<br />

telefonischen Bewerbung in dem Vermittlungsvorschlag<br />

<strong>nicht</strong> enthalten war. Auch die allgemeine<br />

Formulierung ‚Bewerben Sie sich bitte<br />

umgehend persönlich oder telefonisch’ ist hierzu<br />

<strong>nicht</strong> ausreichend. Dieser Formulierung ist eine<br />

ergänzende Rechtsmittelbelehrung <strong>nicht</strong> beigefügt<br />

(...). Da eine fernmündliche Rücksprache<br />

mit dem Arbeitgeber <strong>nicht</strong> erfolgreich war, konnte<br />

er zu Recht davon ausgehen, daß eine schriftliche<br />

Bewerbung, die im übrigen mit einfacher<br />

Post von Ihrer Behörde jeweils als ausreichend<br />

angegeben und hinsichtlich der Bewerbungskostenerstattung<br />

auch als einzig Mögliche anerkannt<br />

wird, die zutreffende Bewerbung darstellt.<br />

Andere Verpflichtungen wurden ihm jedenfalls<br />

<strong>nicht</strong> auferlegt.“<br />

Darüber hinaus führt sie nun zwei neue Gründe<br />

ins Feld. Erstens: Da die Sanktion, wie sie im §<br />

31 SGB II geregelt ist, ein Erziehungs- und <strong>nicht</strong><br />

ein Bestrafungsinstrument sei, müsse die Behörde<br />

unverzüglich handeln. Die zweite Sanktion sei<br />

zwei Monate und zwölf Tage nach der angeblichen<br />

Pflichtverletzung verhängt worden. Nach<br />

geltender Rechtsprechung der Sozialgerichte sei<br />

aber nur eine Frist von zwei Monaten angemessen.<br />

Zweitens sei ihr Mandant bereits zwei Monate<br />

lang mit der Absenkung seiner Regelleistung<br />

sanktioniert worden; „so daß unter Berücksichtigung<br />

der erzieherischen Funktion der Sanktion<br />

eine solche für den Widerspruchsführer (Herr<br />

Kluge, Anm. Verfasserin) bereits eingetreten“<br />

sei.<br />

Daß der erste Bescheid wegen formeller Fehler<br />

aufgehoben werden mußte, sei <strong>nicht</strong> ihrem Mandanten<br />

anzulasten.<br />

Das Problem ist aber: Ein Widerspruch hat<br />

<strong>kein</strong>e aufschiebende Wirkung. August, September,<br />

Oktober, drei Zahlungstermine gehen ins<br />

Land, und Herr Kluge behilft sich mit 70 % der<br />

Regelleistung, pumpt seine Freunde an, gut verdienend<br />

sind die alle <strong>nicht</strong> und entsprechend zögerlich<br />

strecken sie ihm was vor. <strong>Wer</strong> Probleme<br />

mit dem JobCenter hat, ist <strong>nicht</strong> gerade kreditwürdig.<br />

Am 7.10.2007 die frohe Botschaft durch die<br />

Anwältin, dem Widerspruch sei stattgegeben<br />

worden, das <strong>Geld</strong> würde komplett nachgezahlt.<br />

Die Sanktion sei aufgehoben, weil „neue wichtige<br />

Gründe“ vorgebracht worden seien, befand<br />

das JobCenter. Neue wichtige Gründe? Die neuen<br />

Gründe hatten sich ja nur ergeben, weil die<br />

Behörde die Sanktion ein zweites Mal verhängt<br />

hatte.<br />

Beim ersten Widerspruch von Herrn Kluges<br />

Anwältin hat das JobCenter eingestanden, einen<br />

Formfehler begangen zu haben.<br />

Beim zweiten Widerspruch hätte die Behörde<br />

eingestehen müssen, daß sie jetzt zu spät dran<br />

waren mit der Sanktion.<br />

Daß sich Herr Kluge korrekt beworben hat,<br />

haben sie zu <strong>kein</strong>em Zeitpunkt zugegeben.<br />

Kein Ende?<br />

Er sei froh, ja, aber die Psyche sei weiterhin<br />

unter Belastung und er rechne damit, daß das<br />

JobCenter ihm Probleme mache, gerade weil er<br />

eine Anwältin genommen habe.<br />

„Ich will eine Entschuldigung von meiner pAp.<br />

zweieinhalb Jahre kennt sie mich, habe ich alles<br />

fehlerlos erledigt. Und dann schreibt sie: ‚Sie<br />

haben die Arbeitsaufnahme vereitelt.’ Ich habe<br />

Angst, die würden jetzt sagen, wir haben doch<br />

gesehen, daß Sie unter dem Existenzminimum le-<br />

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