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Wer nicht spurt, kriegt kein Geld - HARTZ IV Betroffene eV

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78<br />

gar <strong>nicht</strong> in der Lage sind, „wichtige Gründe“<br />

geltend zu machen und so eine Sanktion abzuwenden,<br />

interessiert <strong>nicht</strong>. Kann hier fehlende<br />

Integrationsbereitschaft oder gar eine Weigerung<br />

unterstellt werden?<br />

Machtinstrumente müssen <strong>nicht</strong> genutzt werden<br />

Nicht alle JobCentermitarbeiterInnen verfahren<br />

in der beschriebenen Weise. Es gibt auch solche,<br />

die das Instrument der Eingliederungsvereinbarung<br />

<strong>nicht</strong> in autoritärer Weise nutzen und die<br />

bemüht sind, die Ziele der ihnen zugeteilten Alg-<br />

II-Beziehenden<br />

unterstützen. Sie<br />

sehen die Nachteile<br />

der praktizierten<br />

Arbeitsmarktpolitik<br />

und wollen, wie eine<br />

JobCenter-Mitarbeiterin<br />

173 dies ausdrückte,<br />

„den ganzenMaßnahmeschei…“<br />

<strong>nicht</strong> mehr<br />

mitmachen. Sie sind<br />

es, die sich Zeit für<br />

ein Beratungsgespräch<br />

nehmen, die<br />

– wenn der Abschluß<br />

einer Eingliederungsvereinbarung<br />

ansteht 173a – davon<br />

absehen, darin unangemessene<br />

oder<br />

schikanöse<br />

Verpflichtungen<br />

festzuschreiben. Sie<br />

unterstützen eher die Initiativen oder die Fortbildungsinteressen<br />

„ihrer“ Alg-II-Beziehenden und<br />

wenden – eher im Stillen, denn hör- und (deutlich)<br />

sichtbar – den Sanktionsparagraphen <strong>nicht</strong><br />

„Ich und meine Frau arbeiten beide.<br />

Zusätzlich bekommen wir Hartz <strong>IV</strong>.<br />

Jeden Monat haben wir mit dem<br />

JobCenter Kontakt, da wir die Lohnzettel<br />

einreichen. Wenn dann alle<br />

halbe Jahre das Theater losgeht mit<br />

‚Bitte reichen Sie xxx aus dem Jahr<br />

2003/2004/ etc. pp. ein’ bekomme<br />

ich Beklemmungen. Ich muß dann<br />

nach der Arbeit Akten wälzen, um<br />

dem JobCenter zu beweisen, daß sie<br />

das bereits bekommen haben und<br />

einberechneten. – Man droht sofort<br />

mit Komplettentzug/Einstellung der<br />

Leistung. – Bis jetzt ist es zweimal<br />

gut gegangen, wenn ich aber in Zukunft<br />

mal <strong>nicht</strong> dem JobCenter den<br />

Fehler nachweisen kann bzw. dann<br />

die alten Unterlagen <strong>nicht</strong> finde, stehen<br />

die Kinder ohne Essen da.“<br />

(aus den Fragebögen)<br />

173 Sie hatten wir zusammen mit weiteren MitarbeiterInnen<br />

im Juni 2008 bei einem Workshop anläßlich des „Visions<br />

of Labor Ratschlag“ in Berlin kennengelernt.<br />

173a MitarbeiterInnen, die das Instrument gar <strong>nicht</strong> anwenden<br />

wollen, müssen damit rechnen, daß das Team, die<br />

Teamleitung oder andere Vorgesetzte dies (nachdrücklich)<br />

fordern – mit sanftem, mit „kollegialem“ oder mit<br />

direktem Druck.<br />

an. Sie sind die Ausnahme unter den JobCenter-<br />

Mitarbeitern.<br />

Druck auch auf der anderen Seite des<br />

Schreibtisches<br />

Die Beschäftigten in den JobCentern bleiben<br />

von dem Druck, der – ausgehend vom Bundesministerium<br />

für Arbeit und Soziales – über die<br />

BA und die Regionaldirektionen auf die Geschäftsführer<br />

der JobCenter ausgeübt und an die<br />

Beschäftigten „weiter gereicht“ wird, <strong>nicht</strong> verschont.<br />

Sie sind der „Riemen“, diejenigen, die<br />

die schonungslose Sanktions-<br />

und Maßnahmepolitik<br />

„transportieren“ und<br />

durchsetzen sollen. Auch auf<br />

sie wird großer Druck ausgeübt,<br />

sie müssen mit ihrem Team, mit<br />

„ihrem“ JobCenter im permanenten<br />

Statistik-Vergleich<br />

bestehen. Die Bundesagentur<br />

für Arbeit gibt Sparvorgaben<br />

für die JobCenter vor.<br />

Unabhängig von der wirtschaftlichen<br />

Lage und den daraus resultierenden<br />

Arbeitslosenzahlen<br />

müssen z.B. im Jahr 2008 ca.<br />

6,5 % der sogenannten passiven<br />

Leistungen, d.h. Alg II und<br />

Sozialgeld, eingespart werden.<br />

174 Wie die JobCenter mit<br />

diesen Sparvorgaben umgehen,<br />

haben sehr deutlich Mitarbeiter<br />

aus Argen sowie <strong>Betroffene</strong> in<br />

der Sendung Report aus Mainz<br />

aufgezeigt. 175 Der Bericht hatte<br />

den zutreffenden Titel: „Wie Arbeitsagenturen<br />

Hartz-<strong>IV</strong>-Empfänger um ihre Ansprüche brin-<br />

174 Planungsbrief 2008 der Bundesagentur für Arbeit:<br />

http://www.harald-thome.de/media/files/Gesetzestexte%<br />

20SGB%20II%20+%20VO/Gesetzestexte%20SGB%<br />

20XII%20+%20VO/Seminare/Clement/Planungsbrief_20<br />

08.pdf<br />

Zielvereinbarung 2008: http://www.harald-<br />

thome.de/media/files/Gesetzestexte%20SGB%20II%20<br />

+%20VO/Zielvereinbarung_im_TExt_08_Anlage_4.pdf<br />

175 Montag, den 26.05.2008, um 21:45 Uhr im Ersten:<br />

http://www.swr.de/report/-/id=233454/nid=233454/<br />

did=3507774/1ca3wed/index.html<br />

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