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Wer nicht spurt, kriegt kein Geld - HARTZ IV Betroffene eV

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40<br />

einen Ein-Euro-„Job“ abzulehnen, sollten vor<br />

Antritt mit dem pAp besprochen werden, heißt es<br />

in dem Papier.<br />

Da Herrn Just dies <strong>nicht</strong> gelungen war, trägt er<br />

nun alle Fragen und Sorgen dem Träger vor, mit<br />

all der Aufregung und Ungeduld, die er über die<br />

Monate und Jahre angesammelt hat. Die Prioll-<br />

Angestellten reagieren verständnislos: Man<br />

schickt ihn weg, er solle erst mal alles mit seinem<br />

JobCenter klären. 83 Einer der Mitarbeiter<br />

sagt, Herr Just sei für die Stelle „<strong>nicht</strong> mehr geeignet“.<br />

Die Projektleiterin werde am kommenden<br />

Montag darüber entscheiden, ob er die Stelle<br />

antreten werde oder <strong>nicht</strong>.<br />

Herr Just geht bestürzt nach Hause. In seiner<br />

Wahrnehmung ist die Stelle geplatzt. Und da die<br />

Teilnahme an der Maßnahme bei der Prioll zum<br />

Bestandteil der Eingliederungsvereinbarung gemacht<br />

wurde, ist er sich sicher, daß er jetzt mit<br />

einer Sanktion belegt wird.<br />

Er beschließt, dem JobCenter einen Bericht zu<br />

schreiben. Da es ihm jetzt unmöglich ist, die<br />

Eingliederungsvereinbarung zu erfüllen, will er<br />

sie für <strong>nicht</strong>ig erklären lassen, damit er aus der<br />

Sanktionsgefahrenzone kommt. Mittwochs ist<br />

das JobCenter sowieso zu, also beschließt er,<br />

sich für den Bericht die notwendige Zeit zu<br />

nehmen und ihn am Montag abzugeben, wie gewohnt<br />

persönlich. Das JobCenter antwortet ihm<br />

schon einen Tag später am 23. Oktober. Es lädt<br />

ihn zum Gespräch am 26.10. vor, mit dem Standardsatz<br />

„Ich möchte mit Ihnen über Ihr Bewerberangebot<br />

bzw. Ihre berufliche Situation sprechen.“<br />

Herr Just beschließt nun endlich, sich Hilfe<br />

zu organisieren, und er wendet sich an die<br />

Berliner Kampagne gegen Hartz <strong>IV</strong>, wo man ihm<br />

einen Beistand 84 für seinen Termin vermittelt.<br />

83<br />

Da man sich <strong>nicht</strong> die Zeit zur Klärung der Fragen<br />

nimmt, bleiben auch die unbeantwortet, die vor allem<br />

den Träger und den Einsatzort betreffen. Zwar können<br />

verbindliche Aussagen letztlich nur vom JobCenter getroffen<br />

werden, aber gerade bei Fragen, die den Träger<br />

und den Einsatzort betreffen, macht eine Klärung auch<br />

beim Träger Sinn, weil dieser dazu erfahrungsgemäß<br />

über mehr Informationen verfügt.<br />

84<br />

Nach § 13 SGB X hat man bei Gesprächen im JobCenter<br />

das Recht auf einen Beistand.<br />

Sanktionsabwehr I<br />

26. Oktober, 10 Uhr 30, bei Herrn Schuster,<br />

der wieder Justs pAp Lang-Emmerling vertritt.<br />

Es ist unklar, ob der Träger das JobCenter von<br />

Herrn Justs mißglücktem Arbeitsantritt informiert<br />

hat. Und trotz mehrfacher Nachfrage durch<br />

Herrn Justs Begleiterin, Frau Lennartz, bleibt<br />

dies seltsam im Dunkeln. Nein, der Träger habe<br />

<strong>nicht</strong> angerufen, was denn passiert sei beim Arbeitsantritt,<br />

fragt Herr Schuster.<br />

Herr Just berichtet. Beim Zuhören wirft Herr<br />

Schuster ein: „Sie haben <strong>kein</strong> Recht, dem Träger<br />

diese Fragen zu stellen!“, damit habe Samuel<br />

seine Ablehnung provoziert und sei schuld am<br />

Nichtzustandekommen der Maßnahme. „Da<br />

werden wir eine Sanktion verhängen müssen.“<br />

Er erhebt auch wiederholt den Vorwurf, „Sie<br />

haben uns <strong>nicht</strong> unverzüglich informiert“, als sei<br />

dies auch sanktionsrelevant. Dabei war mittwochs<br />

sowieso zu. „Und man soll ja immer alles<br />

schriftlich machen“, sagte Herr Just. „Vor Gericht<br />

zählt nur Schriftliches.“<br />

Herr Just und Frau Lennartz verwahren sich<br />

auch gegen Herrn Schusters Formulierung „Da<br />

haben Sie die Stelle <strong>nicht</strong> angetreten“. Herr Just<br />

hätte die Stelle ja angetreten. „Das sagen Sie!",<br />

sagt Herr Schuster. „Da steht Aussage gegen<br />

Aussage.“ Aussage gegen Aussage? Anfangs<br />

hatte Herr Schuster doch gesagt, daß es noch<br />

<strong>kein</strong>e Aussage des Trägers gäbe!<br />

Beistand Frau Lennartz unterbrach an dieser<br />

Stelle. Sie war noch <strong>nicht</strong> lange im Kampagnenkreis<br />

und unerfahren in der Materie, aber mitgekommen,<br />

um den erregten Herrn Just vor weiterer<br />

Konfrontation zu schützen. Ihr Gerechtigkeitssinn<br />

sagte ihr, daß alle Seiten gehört werden<br />

müssen, bevor eine Strafe verhängt wird, und so<br />

konnte sie dahingehend vermitteln, daß Herr<br />

Schuster den Träger jetzt sofort anrufen wollte.<br />

Nach geraumer Zeit, in der Herr Just und Frau<br />

Lennartz auf dem Flur auf den Ausgang des Telefonats<br />

warteten, kommt Herr Schuster ohne<br />

Ergebnisse aus seinem Büro. Die richtigen Ansprechpartner<br />

habe er <strong>nicht</strong> ans Telefon bekommen.<br />

Herr Just und Frau Lennartz beschließen, die<br />

Aufklärung des Tatbestandes selbst in die Hand<br />

zu nehmen und den Träger persönlich aufzusuchen.<br />

Vielleicht gab es Mißverständnisse, viel-<br />

Online-Version 2 www.hartzkampagne.de

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