JAHR BUCH - Führungsakademie Baden-Württemberg - BW21
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DR. BARBARA LEICHTLE UND THOMAS FREY<br />
Zur Bedeutung von Reflexion und Transfer<br />
für den 19. Führungslehrgang<br />
Im Laufe der Zeit nimmt die Seele die Farbe<br />
deiner Gedanken an. (Marc Aurel)<br />
Lernen geschieht immer dann, wenn Erlebnisse,<br />
Lerninhalte, Erfahrungen usw. angenommen<br />
und über einen eigenen Filter in die<br />
Persönlichkeit aufgenommen und als etwas<br />
nunmehr „Eigenes“ anerkannt werden. Im<br />
Idealfall wird das Gelernte auf eine spätere<br />
Tätigkeit übertragen oder hat zumindest einen<br />
Einfluss darauf. Diesen Prozess anzuregen<br />
und bewusst zu machen, ist aus unserer<br />
Sicht die Aufgabe von Reflexion und Transfer<br />
in der Führungskräfteentwicklung, so wie sie<br />
auch im Rahmen des 19. Führungslehrgangs<br />
stattgefunden hat.<br />
was bedeuten reflexion und transfer?<br />
Um zu verstehen, was mit einem selbst<br />
oder einer Gruppe während und nach einer<br />
Intervention geschieht, muss man aus dem<br />
Prozess „heraus treten“ und ihn von einer<br />
Meta-Ebene aus, also mit Abstand betrachten.<br />
Das kennzeichnet nach unserer Erfahrung<br />
die Fähigkeit zur persönlichen Reflexion,<br />
die nachhaltiges Lernen erst ermöglicht.<br />
Unter Transfer wird die Übertragung des<br />
Gelernten im Lernkontext auf andere ähnliche<br />
Kontexte verstanden (Lemke, 1995).<br />
Der Transfer wird durch drei Faktoren beeinflusst:<br />
durch die Eigenschaften der Teilnehmer<br />
(z.B. ihre Persönlichkeit, Motivation<br />
oder Intelligenz), den Lernprozess und die<br />
Rahmenbedingungen (Lernsetting). Die <strong>Führungsakademie</strong><br />
<strong>Baden</strong> <strong>Württemberg</strong> bietet<br />
mit dem 11-monatigen Führungslehrgang<br />
einzigartige Möglichkeiten zur optimalen<br />
Lern- und Persönlichkeitsentwicklung von<br />
Führungskräften oder Nachwuchskräften in<br />
der Verwaltung. Es werden über einen langen<br />
Zeitraum sehr unterschiedliche Lernprojekte<br />
angeboten und dadurch eine Vielzahl<br />
von Lernprozessen angestoßen. Der wichtigste<br />
Faktor bleibt aber auch in diesem Setting<br />
der Mensch, also die Teilnehmer/innen<br />
des Führungslehrgangs. Und an dieser Stelle<br />
möchten wir hervorheben, dass der 19.<br />
Führungslehrgang den Raum für Reflexion in<br />
ungewöhnlich professioneller und intensiver<br />
Weise für sich genutzt hat. Darüber haben<br />
sich nach unserer Beobachtung sowohl die<br />
Qualität der Selbstwahrnehmung und der<br />
daraus folgenden Fähigkeit zur Selbststeuerung<br />
in beeindruckendem Maße entwickelt,<br />
sowohl bei den Einzelpersonen als auch in<br />
der Gruppe insgesamt.<br />
Inhalte und rahmenbedingungen<br />
Inhalte der Reflexion sind die Situation (z.B.<br />
Ort, Zeit, Beteiligte), die an ihr teilnehmenden<br />
Menschen (wie haben sich die Teilnehmer<br />
verhalten und wie hat sich das Verhalten<br />
auf den Verlauf ausgewirkt?), das eigene Verhalten<br />
sowie die Fortführung der Arbeit (was<br />
wäre beim nächsten Mal zu beachten oder<br />
braucht jemand der Teilnehmer eine konkrete<br />
Nachbearbeitung?).<br />
Die Faktoren, die Reflexion beeinflussen, sind im folgenden Schaubild nach Missal (2007)<br />
dargestellt:<br />
spezifische führungssituation<br />
weisheit reflexion<br />
resultiert<br />
Wissen & Erfahrung<br />
Aus unserer Sicht stehen im Wesentlichen<br />
zwei Reflexionsebenen im Vordergrund unserer<br />
Arbeit mit dem Führungslehrgang: Die<br />
individuelle Ebene und die Team-Ebene.<br />
Auf der individuellen Ebene konnten die<br />
Teilnehmer/innen konkrete Erfahrungen reflektieren,<br />
die sie in verschiedenen Situationen<br />
gemacht haben. Sie haben über die<br />
Konsequenzen ihres Handelns sowie ihres<br />
zukünftigen Handelns (Handlungsmöglichkeiten)<br />
intensiv nachdenken können, um<br />
daraus neue Handlungsstrategien für die zukünftige<br />
Führungsarbeit zu entwerfen. Dies<br />
fand auch immer im direkten Abgleich mit<br />
den bisherigen Erfahrungen statt (kritische<br />
Auseinandersetzung mit dem „realistisch“<br />
Machbaren).<br />
Auf der Team-Ebene fand ein erweitertes<br />
Lernen durch die offene Kommunikation der<br />
Teammitglieder untereinander statt (z.B. in<br />
kleinen, stabilen Lerngruppen). Hier standen<br />
Themen wie Phasen der eigenen Teamentwicklung,<br />
Umgang mit Konflikten in der<br />
Gruppe, Rollen im Team oder Feedbackrunden<br />
im Vordergrund. Zentrale Rahmenbedingungen<br />
für einen gelungenen Reflexions-<br />
100 101<br />
beeinflusst<br />
bedingt<br />
Verbesserung der Handlungsanalyse, -umsetzung & -kontrolle handlung<br />
nachfolgend<br />
eigenschaften & fertigkeiten<br />
Wissen, Abstraktionsniveau,<br />
Perspektivübernahme, Unerschütterlichkeit,<br />
Besorgtheit, Reife, Strukturiertheit,<br />
Empathie, Sensibilität, Problemlöse-<br />
kompetenz, Prozessdenken u.v.m.