JAHR BUCH - Führungsakademie Baden-Württemberg - BW21
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ACHIM WICKER<br />
Persönlichkeit und Führungskompetenz –<br />
Intensiv-Workshop in Unteröwisheim<br />
„Lebenshaus“ nennt sich das Tagungshaus<br />
Schloss Unteröwisheim und zu einem Lebenshaus<br />
im besten Sinne des Wortes wurde<br />
es für uns auch. Eine Woche voller Leben<br />
und eine Woche, in der die Lebensbalance<br />
der Teilnehmer des 19. Führungslehrgangs<br />
im Einklang war. Nur in diesem Rahmen<br />
war es möglich, so persönliche und tiefgehende<br />
Themen wie „Meine Lebenslinie“, das<br />
Lebensbalance-Modell oder die komplementären<br />
Einschätzungshilfen (KEH) in kleinen<br />
Gruppen zu besprechen. Daneben haben<br />
wir unseren Werkzeugkoffer mit der Methode<br />
der Kollegialen Coaching Konferenz (KCK)<br />
aufgerüstet.<br />
Viele wurden bei den Persönlichkeitsthemen<br />
mit großer Wucht auf sich selber, ihr Leben,<br />
kleine und große Einschnitte und Krisen zurückgeworfen,<br />
andere empfanden es nur als<br />
einen Windhauch, der sanft das Vergangene<br />
streifte. Manch einer bekam offene, ehrliche,<br />
aber manchmal auch unangenehme<br />
Rückmeldungen zum eigenen Wirken und<br />
zur eigenen Persönlichkeit. So hilfreich eine<br />
Rückmeldung von Kolleginnen und Kollegen<br />
ist, so weh kann sie doch tun, wenn sie den<br />
Blick auf Wunden legt, derer man sich lieber<br />
nicht mehr erinnert oder persönliche Eigenheiten<br />
betont, die man am liebsten für sich<br />
behält. Dann braucht es Zeit für Fragen, für<br />
Gespräche oder einfach nur zum Nachdenken,<br />
um ganz bei sich zu sein. Unteröwisheim<br />
bot all das in einer wohltuenden Atmos-<br />
phäre.<br />
Lebenslinie<br />
In einer ersten Übung ging es darum, die<br />
private und die berufliche Lebenslinie zu<br />
betrachten und dabei prägende Erlebnisse,<br />
Höhen und Tiefen zu verorten. Ein ganzes<br />
Leben breitet sich so vor den Teilnehmerinnen<br />
und Teilnehmern aus. In Kleingruppen<br />
wurden die Lebensentwürfe vorgestellt<br />
und besprochen. Dabei ging es auch um die<br />
wichtigen Ressourcen, die auf dem bisherigen<br />
Lebensweg geholfen haben und auf die<br />
man zurückgreifen kann: Erfahrungen, Familie,<br />
Freunde, Glaube, …<br />
Mit vierzig Jahren ist jede Teilnehmerin und<br />
jeder Teilnehmer bereits geprägt, hat Höhen<br />
und Tiefen erlebt, Momente großen Glücks<br />
erlebt und Schicksalsschläge erlitten und<br />
(hoffentlich) gemeistert. Der Blick auf die<br />
eigene Lebenslinie war für die einen eher<br />
entspannte Betrachtung, für die anderen<br />
wiederum aufwühlendes Ringen und sich<br />
erinnern. Und doch war jeder und jedem bewusst:<br />
Ich bin so geworden, wie ich bin, weil<br />
dies meine Lebensgeschichte ist.<br />
komplementäre einschätzungshilfen<br />
Auf dem Tisch liegt ein Blatt Papier mit Begriffen<br />
und Zahlen. Nicht mehr und nicht<br />
weniger und doch erfassen sie viel vom Wesen<br />
eines Menschen. Grundeinstellungen<br />
werden da differenziert beurteilt. Neigen<br />
Sie eher zum Selbstvertrauen (selbstsicher,<br />
von sich überzeugt) oder eher zur Selbstkritik<br />
(einsichtig, bescheiden) oder ist ihnen<br />
beides gleich vertraut? Weitere Themen<br />
sind Motivationsstruktur, Sozialkompetenz,<br />
Handlungskompetenz und Denkstruktur.<br />
Zu allen Themen gibt es vier bis fünf Unterpunkte,<br />
die am Ende ein differenziertes<br />
Bild einer Persönlichkeit entstehen lassen.<br />
In der Übung ging es sowohl um die Selbst-<br />
einschätzung, als auch um die Einschätzung<br />
durch zwei bis drei Kolleginnen und Kollegen.<br />
Für mich persönlich war das sehr intensive<br />
Auswertungsgespräch der wertvollste Teil<br />
dieser Woche. Es bringt mich weiter, wenn<br />
ich sehe, ob andere mich in bestimmten<br />
Bereichen gleich erleben wie ich mich oder<br />
eben ganz anders und warum dies so ist.<br />
Der geschützte Rahmen von Unteröwisheim<br />
bot Raum für offene, ehrliche und wertschätzende<br />
Rückmeldung zur eigenen Persönlichkeit.<br />
Und diese Rückmeldungen bieten die<br />
Möglichkeit, weiter an sich zu arbeiten und<br />
zu wachsen.<br />
mein Lebensbalance-modell<br />
Wie viel tun Sie für Körper & Gesundheit,<br />
Sinn & Kultur, Arbeit & Leistung oder Familie<br />
& Freunde? Ist ein Bereich besonders stark<br />
ausgeprägt? Für viele Führungskräfte scheint<br />
die Frage rhetorischer Natur: Arbeit & Leistung<br />
natürlich! Die meisten werden sich hier<br />
wiederfinden. Arbeit macht oft 60, 70 oder<br />
noch mehr Prozent unseres Lebens aus. Für<br />
die anderen Bereiche bleibt da kaum oder<br />
zu wenig Zeit. Wenn dies so empfunden<br />
wird, sollte etwas geändert werden. Diese<br />
Erkenntnis traf auch den ein oder anderen<br />
Teilnehmenden: Führungskräfte müssen viel<br />
arbeiten, aber sie brauchen auch ein Umfeld<br />
und Bereiche, in denen sie auftanken und<br />
ganz Mensch sein können und die sie tragen.<br />
der geist von unteröwisheim<br />
Der Name „Lebenshaus“ ist in Unteröwisheim<br />
Programm. Zwölf junge Menschen<br />
leisten dort ihr freiwilliges soziales Jahr und<br />
füllen das Tagungshaus mit einem guten<br />
Geist, der einmalig ist. Von der täglichen Andacht<br />
zu Beginn des Tages über die liebevoll<br />
und frisch zubereiteten Mahlzeiten bis hin<br />
zur Gestaltung der Zimmer und Gänge – Unteröwisheim<br />
ist liebens- und lebenswert.<br />
Die Natur um das Schloss tut ein Übriges<br />
dazu. Wir konnten joggen, walken, spazieren<br />
gehen oder einfach nur auftanken. Das<br />
großartige Kellergewölbe sah rhythmische<br />
(und unrhythmische) Salsatänzerinnen und<br />
-tänzer, einen priesterlichen Gitarrengott,<br />
der alte Lagerfeuerzeiten wieder heraufbeschwor,<br />
Sehenswertes über Bulgarien und<br />
ein „dialektisches“ Sachsenquiz. Der Keller<br />
sah auch eine Ansammlung von Menschen,<br />
die zu einer Gruppe zusammenwuchsen. Da<br />
bleibt mir am Ende nur zu sagen: „Danke<br />
Unteröwisheim! Danke Kolleginnen und Kollegen<br />
des 19. Führungslehrgangs!“<br />
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