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Urbane Immobilienmärkte und ökonomische Theorien der ...

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gen konkrete Gentrifizierungsprozesse in einzelnen Städten o<strong>der</strong> Stadtquartieren ankämpfen,<br />

ist die Gentrifizierung urbaner Quartiere inzwischen auch zu einem Mittel <strong>der</strong> Stadtpolitik<br />

geworden, was etwa Davidson als „staatlich geleitete positive Gentrifizierung“ bezeichnet<br />

hat (Davidson 2008).<br />

In Großbritannien beispielsweise war es die Labourregierung, die 1998 auf <strong>der</strong> skalaren<br />

Ebene 8 einer ganzen Nation eine „urban renaissance“ verkündete <strong>und</strong> den Architekten Richard<br />

Roberts mit <strong>der</strong> Gründung einer Urban Task Force beauftragte, die die Ursachen für<br />

den Nie<strong>der</strong>gang <strong>der</strong> Innenstädte ermitteln <strong>und</strong> Rezepte dagegen entwickeln sollte. Diese<br />

Urban Task Force formulierte eine neue Vision <strong>der</strong> Regeneration <strong>der</strong> Innenstädte, „um die<br />

Menschen wie<strong>der</strong> in die Städte zu bringen“, die nach Lees Gentrifizierung zum<br />

vorrangigen Mittel <strong>und</strong> Ziel <strong>der</strong> angestrebten Regeneration <strong>der</strong> Innenstädte macht:<br />

„This 'new' vision is remarkably similar to visions of gentrification. For example, the task force<br />

tout the gentrified neighborhood of Islington in London as a success story in terms of urban regeneration,<br />

a story from which they can learn lessons. Gentrification is in effect being promoted<br />

by the Urban Task Force as the blueprint for a civilized citylife. Urban renaissance is being prescribed<br />

as the medicine for decaying inner cities.“ (Lees 2000, 391)<br />

In den USA soll diese Entwicklung zu einer Stadtpolitik gezielter Gentrifizierung bereits<br />

früher eingesetzt haben als in Großbritannien (Lees / Slater / Wyly 2008, XVIIff) <strong>und</strong> sie<br />

scheint sich primär auf <strong>der</strong> skalaren Ebene einzelner Städte entwickelt zu haben. Denn dort<br />

erklärte die Commission for a National Agenda for the Eighties 1979 den Verfall <strong>der</strong> Innenstädte<br />

zwar noch als unvermeidbar. In den 1980er Jahren aber begann sich in Reaktion<br />

auf Deindustrialisierungsprozesse, wachsende Arbeitslosigkeit, die ausufernde Suburbanisierung<br />

<strong>und</strong> den entsprechenden Wohnbevölkerungsverlust <strong>der</strong> Innenstädte (<strong>der</strong> ja häufig,<br />

allerdings in Abhängigkeit von <strong>der</strong> nationalen Steuergesetzgebung <strong>und</strong> dem räumlichen<br />

Zuschnitt politisch-administrativer Stadtgebiete, auch mit einem Verlust von Steuereinnahmen<br />

in den Stadtzentren einher geht) <strong>und</strong> infolge einer zunehmend neoliberalen Politik, die<br />

weniger überregionale Transferleistungen <strong>und</strong> Sozialausgleiche finanzierte <strong>und</strong> zu einem<br />

globalen Prozess <strong>ökonomische</strong>r Regionalisierung beitrug (Storper 1997, Kröcher 2007),<br />

das herauszubilden, was Harvey als Umlenken von einer managerialen zu einer unternehmerischen<br />

Stadtpolitik bezeichnet hat (Harvey 2001).<br />

Denn in Reaktion auf die im Zuge <strong>der</strong> Krise des Fordismus seit den 1970ern anwachsenden<br />

sozialen <strong>und</strong> <strong>ökonomische</strong>n Probleme vieler Städte versuchten immer mehr Lokalpolitiker<br />

private Kapitalinvestitionen in die verfallenden Innenstadtregionen ihrer Städte zu locken,<br />

in <strong>der</strong> Hoffnung dieses würde die Dienstleistungs- <strong>und</strong> Konsumindustrie stärken <strong>und</strong><br />

zu Jobs <strong>und</strong> an<strong>der</strong>en „trickle-down“-Effekten in den benachbarten Quartieren <strong>und</strong> im Resultat<br />

zu <strong>der</strong>en sozio-<strong>ökonomische</strong>r Revitalisierung führen 9 . In <strong>der</strong> Folge kam es in vielen<br />

Städten zum Bau von Orten etwa einer festivalisierten Konsumindustrie, z.B. Shopping-<br />

Malls mit Achterbahn <strong>und</strong> Ausgehmeilen o<strong>der</strong> von Kongresszentren, postmo<strong>der</strong>nen Bürokomplexen,<br />

<strong>der</strong> Entwicklung attraktiver Altindustrieflächen für die gehobene Dienstleistungsindustrie<br />

o<strong>der</strong> das Luxuswohnen 10 etc. pp. Derartige städtische Revitalisierungsstrate­<br />

8 Zum Begriff <strong>der</strong> skalaren Ebene, <strong>der</strong> darin über den deutschen Begriff <strong>der</strong> Maßstabsebene hinaus geht,<br />

dass er zu reflektieren versucht, welche sozialen Praxen welche räumliche Reichweite haben, <strong>und</strong> zur<br />

jüngsten deutschen Rezeption <strong>der</strong> angloamerikanischen „scale“-Debatte in <strong>der</strong> Geografie vgl. Wissen /<br />

Röttger / Heeg (Hg.) 2008, vor allem den Einleitungsartikel von Markus Wissen (Wissen 2008).<br />

9 Auch Squires behauptet diesen Zusammenhang mit einer Betonung auf Immobilienmarktinevestitionen:<br />

„Real estate investment is frequently viewed as part of the antidote to deindustrialization. All of this is justified,<br />

however, by the assumption that a revitalized economy generally and a reinvigorated downtown in<br />

particular will lead to regeneration throughout the city. As more jobs are created and space is more intensively<br />

utilized, more money is earned and spent by local residents, new property and income tax dollars<br />

bolster local treasuries, and new wealth trickles down throughout the metroploitan area.“ Squires 1996,<br />

zitiert nach Heeg 2008, 11).<br />

10 Als dem Autor aus eigener Anschauung bekannte Beispiele für <strong>der</strong>artige Entwicklungsprojekte am Was­<br />

11

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