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Urbane Immobilienmärkte und ökonomische Theorien der ...

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Beide Produktgruppen sind seit dem Zusammenbruch von Lehman Brothers stark kritisiert<br />

worden. Dies ist auch nicht verw<strong>und</strong>erlich, basieren sie doch de facto auf dem Verkauf<br />

von Schulden: ein Finanzierer von Immobilien vergibt Kredite zum Bau von Häusern.<br />

Diese Kredite werden mit Hypotheken abgesichert. Anschließend verkauft <strong>der</strong> Finanzierer<br />

die Ansprüche auf die Tilgung <strong>der</strong> Kredite <strong>und</strong> die Zinszahlungen weiter, zumeist verpackt<br />

in Pakete mit Krediten unterschiedlicher Qualität, um von Rankingagenturen gute Noten<br />

für seine Finanzinnovation zu bekommen. Er erhält durch den Verkauf frisches Kapital,<br />

dass er erneut investieren kann <strong>und</strong> gibt die Risiken eines Ausfalls <strong>der</strong> Kredittilgung weiter.<br />

Die Finanzierer erhöhen damit die Umlaufgeschwindigkeit ihres Kapitals, da sie nicht<br />

bspw. 20 Jahre auf die Tilgung <strong>der</strong> von ihnen vergebenen Kredite warten müssen, son<strong>der</strong>n<br />

ihr verliehenes Kapital nach Weitergabe <strong>der</strong> Kreditansprüche wie<strong>der</strong> in liqui<strong>der</strong> Form vorliegen<br />

haben <strong>und</strong> neuerlich investieren können. Die genannten Finanzinnovationen machen<br />

damit den Immobilienmarkt auch für Investoren attraktiv, die kurzfristige Investitionsstrategien<br />

verfolgen, da Derivate <strong>und</strong> verbriefte Hypothekendarlehen handelbar sind, im Gegensatz<br />

zu klassischen Immobilienkrediten. Zugleich basiert das gesamte Geschäft auf <strong>der</strong><br />

Gr<strong>und</strong>lage, dass das von Heeg angesprochene Know-how über lokale <strong>Immobilienmärkte</strong><br />

verloren geht. Es ist daher nicht verw<strong>und</strong>erlich, dass mit diesen Finanzinnovationen Übervorteilung<br />

<strong>und</strong> Betrug zu einer recht einfachen Angelegenheit werden. Und wie das „Austrocknen“<br />

<strong>der</strong> Derivatemärkte, also die Unverkäuflichkeit dieser Finanzprodukte im Zuge<br />

<strong>der</strong> aktuellen Krise, zeigt, sind auch viele Investoren auf <strong>der</strong>artige Betrügereien herein<br />

gefallen <strong>und</strong> haben nun Abschreibungsbedarf (bzw. die entstandenen Verluste <strong>der</strong> Investoren<br />

werden durch das Geld <strong>der</strong> Steuerzahler ausgeglichen, die für die „Vergoldung“<br />

<strong>der</strong> in Staatshaushalte, Bad-Banks <strong>und</strong> den Tresoren von Nationalbanken ausgelagerten<br />

Altpapierbestände aufkommen müssen).<br />

Es ist in diesem Zusammenhang nicht verw<strong>und</strong>erlich, dass Heeg betont, dass durch die<br />

Öffnung des Marktes für Immobilienfinanzierungen für hochflexibles Finanzkapital eine<br />

Erhöhung <strong>der</strong> Volatilität auf den <strong>Immobilienmärkte</strong>n einher geht. Zugleich werden lokale<br />

<strong>Immobilienmärkte</strong> durch ihre zunehmende Verflechtung mit einer international aufgestellten<br />

Finanzindustrie selbst internationalisiert. Dabei ist allerdings eine räumliche Einschränkung<br />

zu machen. Heeg betont, dass vor allem Metropolen zu Zentren von internationalen<br />

Immobilieninvestitionen werden (Heeg 2008, 84ff) 21 . Sie begründet dies damit, dass metropolitane<br />

<strong>Immobilienmärkte</strong> relativ liquide sind <strong>und</strong> sich dort das Risiko, eine erworbene<br />

Immobilie nicht wie<strong>der</strong> verkaufen zu können, reduzieren lässt. Zugleich ist diese räumliche<br />

Konzentration von Immobilieninvestitionen: „[...] gleichbedeutend mit Überinvestitionen<br />

auf bestimmten Märkten [...]“ (Heeg 2008, 84). Es lässt sich damit schlussfolgern, dass in<br />

den betroffenen Metropolen ein von den Immobilieninvestitionen internationaler Finanzkapitalien<br />

angetriebener lokal begrenzter „künstlicher“ Immobilienboom geschaffen wird, <strong>der</strong><br />

zu einem inflationären Anstieg von Immobilienpreisen führt – <strong>und</strong> auch Gentrifizierungsprozesse<br />

antreibt <strong>und</strong> verstärkt. Derartige Immobilienpreisspiralen ermöglichen den Investoren<br />

zwar schnelle, aus Spekulation geborene, Gewinne, können aber vermittelt über den<br />

Anstieg <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>rente <strong>und</strong> damit von Wohn- <strong>und</strong> Produktionskosten negativ auf die internationale<br />

Konkurrenzfähigkeit dieser Metropolen zurückschlagen <strong>und</strong> zu <strong>der</strong>en Deindustrialisierung<br />

beitragen.<br />

21 Um einen quantitativen Eindruck von <strong>der</strong> Relevanz institutioneller Investoren in metropolitanen <strong>Immobilienmärkte</strong>n<br />

zu vermitteln, seien hier ein paar Daten Heegs referiert: 2002 kamen bspw. 70% <strong>der</strong> Investitionen<br />

in Gewerbeimmobilien in den fünf größten deutschen Städten (Berlin, Hamburg, Düsseldorf,<br />

Frankfurt / Main, München) von institutionellen Investoren, davon allein 55% von Immobilienfonds.<br />

2001 wurden 72% aller grenzüberschreitenden Immobilieninvestitionen in Europa von institutionellen Investoren<br />

getätigt. Und während 1980 in deutschen offenen Immobilienfonds ein Vermögen von ca. 2 Milliarden<br />

€ angelegt war, hatte sich das dort angelegte Kapital bis 2005 auf r<strong>und</strong> 105 Milliarden € mehr als<br />

verfünzigfacht. (Heeg 2008, 81, 83, 86).<br />

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