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Urbane Immobilienmärkte und ökonomische Theorien der ...

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als eine Strategie begreifen, beson<strong>der</strong>e Stadtquartiere für bestimmte soziale Millieus attraktiv<br />

zu machen. Dies wird beson<strong>der</strong>s deutlich etwa in <strong>der</strong> „gay gentrification“, also Gentrifizierungsprozessen<br />

auf <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>lage <strong>der</strong> Entstehung „homosexueller“ Stadtviertel wie z.B.<br />

Schöneberg in Berlin (Lees / Slater / Wyly 2008, 103-108). Gentrifizierungsstrategien zielen<br />

damit aber häufig auf die Konstruktion monopol- o<strong>der</strong> oligopolartiger Verknappung einer<br />

begehrten Ware ab, etwa dem Wohnen im „alternativen“ o<strong>der</strong> „schwulen“ Stadtquartier.<br />

Das Begehrte an dieser Ware Stadtquartier geht aber in aller Regel nicht o<strong>der</strong> nur unwesentlich<br />

mit einer Senkung von Produktionskosten an diesem Ort einher. Es lässt sich damit<br />

schlussfolgern, dass die in gentrifizierenden o<strong>der</strong> gentrifizierten Stadtquartieren abgeschöpften<br />

Gr<strong>und</strong>renten vorrangig Monopolrenten sind <strong>und</strong> nicht Differenzialrenten. Monopolrenten<br />

haben aber die Eigenschaft, den Preis <strong>der</strong> Produktion „künstlich“ zu erhöhen. Im<br />

Falle von Gentrifizierung erhöhen sie also den Preis des Wohnens – was sich entwe<strong>der</strong> in<br />

einer Erhöhung <strong>der</strong> Löhne <strong>der</strong> Mieter o<strong>der</strong> in einer Senkung ihrer sonstigen Konsumausgaben<br />

<strong>und</strong> Lebensqualität nie<strong>der</strong>schlagen wird. Beide Fälle haben tendenziell einen<br />

negativen Einfluss auf die Konkurrenzfähigkeit stark von Gentrifizierungsprozessen betroffenen<br />

Städte.<br />

Gentrifizierung, so lässt sich ableiten, ist zwar Teil einer Bewegung zur Erhöhung <strong>der</strong><br />

Profitraten, aber sie tut dies im Wesentlichen durch die Abschöpfung erhöhter Monopolrenten.<br />

Die Verwertungslogik von Kapital in Gentrifizierungsprozessen basiert also nicht auf<br />

<strong>der</strong> Produktion von Mehrwert, son<strong>der</strong>n auf <strong>der</strong> Abschöpfung von Monopolrenten, die aus<br />

dem an<strong>der</strong>swo produzierten Mehrwert bezahlt werden müssen. Private Kapitalien machen<br />

sich in <strong>der</strong> Regel keinen Kopf darum, wo <strong>der</strong> von ihnen akkumulierte Profit herkommt.<br />

Gesamtgesellschaftlich wird es aber zu einem f<strong>und</strong>amentalen Problem, wenn sich die<br />

Quantität <strong>der</strong> Abschöpfung von Rentenerträgen <strong>der</strong> Quantität <strong>der</strong> Produktion des Mehrwerts<br />

annähert o<strong>der</strong> diese überschreitet. Candeias zeigt, dass wenn <strong>der</strong> Zinsdienst – <strong>und</strong> als<br />

Kapitalverzinsung erscheint dem Immobilienkapital seine Abschöpfung von Monopolrente<br />

– entwe<strong>der</strong> die Profitrate o<strong>der</strong> die Produktivität übersteigt, die Zinsen aus <strong>der</strong> produktiven<br />

Substanz des Kapitals <strong>und</strong> den Löhnen <strong>der</strong> arbeitenden Bevölkerung bezahlt werden müssen<br />

(Candeias 2004, 116). Es kommt also zu Lohnsenkungen <strong>und</strong> einem Verzehr <strong>der</strong> produktiven<br />

Substanz des Kapitals („Heuschrecken“, die „ges<strong>und</strong>e“ Industrieunternehmen<br />

ausweiden). In diesem Sinne ist Gentrifizierung Akkumulation aus <strong>der</strong> Substanz des Kapitals,<br />

da die abgeschöpften Monopolrenten den gesamtgesellschaftlichen Fonds, <strong>der</strong> in die<br />

erweiterte Reproduktion, also die Ausweitung <strong>der</strong> Kapitalakkumulation, investiert werden<br />

kann, schmäler, aufzehren o<strong>der</strong> sogar den neu geschaffenen Mehrwert übersteigen <strong>und</strong> daher<br />

das schon existente Kapital verzehren.<br />

Gentrifizierung ist aber kein Einzelfall dieser parasitären Verwertungslogik. Die strukturelle<br />

Überakkumulationskrise führt generell zur Verschärfung <strong>der</strong> Konkurrenz auch <strong>der</strong> industriellen<br />

Kapitalien, die in den sich häufenden Krisen zum Ausdruck kommt. Generell<br />

lässt sich behaupten, dass das Risiko bei Kapitalinvestitionen ob dieser Konkurrenz gestiegen<br />

ist. Und gerade in <strong>der</strong> gegenwärtigen Krise, in <strong>der</strong> das „Vertrauen <strong>der</strong> Märkte“ in viele<br />

Anlageklassen geschw<strong>und</strong>en ist, suchen Investoren nach sicheren Anlagemöglichkeiten.<br />

Harvey argumentiert bereits 2001, dass Kapitalien daher verstärkt Strategien verfolgen, die<br />

auf die Abschöpfung von Monopolrenten, als sicheren Revenuequellen, zielen (Harvey<br />

2001c). Diese Strategien kommen etwa in den <strong>der</strong>zeitigen Debatten um das neue „land<br />

grapping“ 38 , in den Konflikten um die privatkapitalistische Aneignung ehemals öffentlicher<br />

Wasserversorger o<strong>der</strong> ähnlicher öffentlicher Dienstleistungen <strong>und</strong> in <strong>der</strong> wie<strong>der</strong> gestiegenen<br />

Bedeutung natürlicher Ressourcen zum Ausdruck. Verwertungslogiken, die auf die Er­<br />

38 Der Ankauf großer Län<strong>der</strong>eien durch ausländische Kapitalien in Staaten des Trikonts, z.B. saudiarabische<br />

Kapitalien, die sich große landwirtschaftliche Flächen in Äthiopien sichern o<strong>der</strong> Südkorea, dass den<br />

Großteil <strong>der</strong> landwirtschaftlichen Nutzfläche Madagaskars für 99 Jahre gepachtet hat.<br />

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