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Urbane Immobilienmärkte und ökonomische Theorien der ...

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märkte ökonomisch zu erklären, weil <strong>der</strong> Akkumulationsprozess des Immobilienkapitals<br />

selbst räumlich disparate Profitabilitätsbedingungen in Städten schafft, die sich zudem in<br />

<strong>der</strong> Zeit verän<strong>der</strong>n. Dieses geografische Moment <strong>der</strong> Kapitalakkumulation liegt damit an<br />

<strong>der</strong> Basis von Gentrifizierungsphänomenen 28 .<br />

4.2 GENTRIFIZIERUNG, KRISEN UND DER „SPATIAL FIX“<br />

Mit Hilfe <strong>der</strong> rent gap-Theorie Smiths lässt sich das übergreifende <strong>ökonomische</strong> Moment<br />

<strong>der</strong> Gentrifizierung aus <strong>der</strong> Logik kapitalistischer urbaner <strong>Immobilienmärkte</strong> erklären. Wie<br />

aber mit dem Hinweis auf eine mögliche „künstliche“ Überhitzung eines städtischen Immobilienmarktes<br />

durch den Zufluss von Finanzkapital bereits angedeutet wurde, werden<br />

lokale urbane <strong>Immobilienmärkte</strong> wie<strong>der</strong>um von den Bewegungen des Kapitals in <strong>der</strong> Gesamtökonomie<br />

beeinflusst. Smith weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass das Geschehen<br />

auf lokalen <strong>Immobilienmärkte</strong>n <strong>und</strong> damit auch das Gentrifizierungsgeschehen in<br />

einem engen Zusammenhang zu den Boom-Krisen-Zyklen <strong>der</strong> Gesamtökonomie steht (allerdings<br />

häufig kontrazyklisch!). Harvey verweist auf einen engen empirischen Zusammenhang<br />

zwischen Krisen in <strong>der</strong> Gesamtökonomie <strong>und</strong> den räumlichen <strong>und</strong> quantitativen<br />

Verän<strong>der</strong>ungen von Kapitalinvestitionen in die gebaute Umwelt (Harvey 1989a, 1989b,<br />

1999). Es liegt also auf <strong>der</strong> Hand, dass eine <strong>ökonomische</strong> Erklärung von Gentrifizierungsprozessen,<br />

die nur auf <strong>der</strong> skalaren Ebene <strong>der</strong> Region o<strong>der</strong> Stadt operiert, verkürzt wäre.<br />

Gentrifizierung muss auch im Zusammenhang mit dem Geschehen in <strong>der</strong> Gesamtökonomie<br />

erklärt werden. Dieser globale Aspekt lokalen Gentrifizierungsgeschehens wird im Folgenden<br />

untersucht. Dabei wird zunächst das Krisengeschehen im Kapitalismus beleuchtet <strong>und</strong><br />

dann sein systematischer Zusammenhang mit Gentrifizierungsprozessen analysiert.<br />

Ein wesentlicher Teil des wissenschaftlichen Lebenswerkes Harveys widmet sich genau<br />

dem Zusammenhang zwischen Stadtentwicklung <strong>und</strong> gesamtgesellschaftlicher Dynamik<br />

<strong>der</strong> Kapitalakkumulation. Er benutzt dabei drei Begriffe, „Überakkumulationskrise“, „spatio-temporal<br />

fix“ <strong>und</strong> „uneven geographical development“, die hier kurz eingeführt werden<br />

sollen. Harvey geht mit Marx davon aus, dass <strong>der</strong> Akkumulationsprozess des Kapitals beständig<br />

aus sich selbst heraus Dynamiken hervor bringt, die die Kapitalakkumulation in die<br />

Krise treiben. Diese in <strong>der</strong> Kapitalakkumulation selbst angelegten Krisen sind vorrangig<br />

Überakkumulationskrisen. Der Begriff <strong>der</strong> Überakkumulationskrise beschreibt das Phänomen,<br />

dass <strong>der</strong> <strong>der</strong> Kapitalverwertung immanente Wi<strong>der</strong>spruch, dass eine erfolgreiche Kapitalakkumulation<br />

sich durch die Ausbeutung <strong>der</strong> Ware Arbeitskraft tendenziell den eigenen<br />

Absatzmarkt <strong>und</strong> damit die Bedingung <strong>der</strong> Möglichkeit <strong>der</strong> Ausweitung <strong>der</strong> Kapitalakkumulation<br />

untergräbt, auf eine krisenhafte Lösung dieses Wi<strong>der</strong>spruchs drängt.<br />

Die Überlegung ist also, dass <strong>der</strong> Ausbeutungsprozess <strong>der</strong> Ware Arbeitskraft, <strong>der</strong> ja zugleich<br />

<strong>der</strong> Akkumulationsprozess des Kapitals ist, dazu führt, dass sich <strong>der</strong> gesellschaftliche<br />

Reichtum auf Seiten des Kapitals konzentriert. Es wächst ein immer größerer<br />

Kapitalberg heran, <strong>der</strong> nach profitablen Investitionsmöglichkeiten sucht. Da die Profitabilität<br />

von Investitionen aber davon abhängt, dass etwa produzierte Waren o<strong>der</strong> gentrifizierte<br />

Quartiere auch wie<strong>der</strong> verkauft, bzw. vermietet werden müssen, ergibt sich ein Problem,<br />

wenn das Proletariat verarmt <strong>und</strong> zwar in dem Maße, wie das Kapital akkumuliert.<br />

Es entsteht eine Disproportionalität zwischen verwertbarem Kapital einerseits <strong>und</strong> einer<br />

ungenügenden, in Geld ausgedrückten Nachfrage des Proletariats an<strong>der</strong>erseits, die dazu<br />

28 Nebenbei lässt sich mit Hilfe von Smiths rent gap-Theorie auch das relativ späte Einsetzen von starken<br />

Suburbanisierungsprozessen in Westdeutschland in den 1960er Jahren erklären (Häußermann / Siebel<br />

2004). Durch den 2. Weltkrieg waren die Innenstädte zerstört <strong>und</strong> wurden in den 1940ern <strong>und</strong> 1950ern zunächst<br />

wie<strong>der</strong> aufgebaut. Daher gab es in den Kernstädten anfangs ausreichend attraktive Investitionsmöglichkeiten.<br />

Erst nach dem Wie<strong>der</strong>aufbau wan<strong>der</strong>ten dann größere Teile des Immobilienkapitals in die<br />

entstehenden suburbanen Zonen ab.<br />

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