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Urbane Immobilienmärkte und ökonomische Theorien der ...

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zielung kontinuierlicher <strong>und</strong> vor allem sicherer Zinseinkünfte auf <strong>der</strong> Basis einer monopolähnlichen<br />

Verfügungsgewalt über Güter des täglichen Bedarfs, Wasser, Wohnraum, Nahrungsmittel,<br />

Strom etc., zielen scheinen gerade in <strong>der</strong> sich verschärfenden Überakkumulationskrise<br />

an Bedeutung zu gewinnen. All diese Strategien zielen aber auf die Abschöpfung<br />

von Gr<strong>und</strong>rente, vornehmlich von Monopolrenten, <strong>und</strong> tragen nicht zur Produktion von<br />

Mehrwert bei.<br />

Gentrifizierung ist damit Teil einer im Zuge <strong>der</strong> Entstehung eines finanzdominierten Akkumulationsregimes<br />

hervorgebrachten größeren Bewegung zur Erzielung von Monopolrenten.<br />

Gentrifizierung ist also ein Moment des Bedeutungsgewinns von Strategien <strong>der</strong> Akkumulation<br />

aus <strong>der</strong> Substanz des Kapitals. Diese Strategien beruhen aber auf einem Wi<strong>der</strong>spruch:<br />

die Profitraten in <strong>der</strong> mehrwertbildenden Industrieproduktion sind so niedrig, dass<br />

Kapital in die Immobilien- <strong>und</strong> Finanzindustrie strömt, um dort höhere Profitraten zu erzielen.<br />

Die in <strong>der</strong> Immobilien- <strong>und</strong> Finanzindustrie erwirtschafteten Profitraten werden aber in<br />

letzter Instanz wie<strong>der</strong>um aus dem in <strong>der</strong> Industrieproduktion produzierten Mehrwert abgeschöpft.<br />

Dieser Wi<strong>der</strong>spruch wurde in den letzten Jahrzehnten vor allem durch die massenhafte<br />

Schaffung fiktiven Kapitals „gelöst“, die <strong>der</strong>zeitige Krise könnte dem aber ein Ende<br />

setzen. Die politischen Strategien in <strong>der</strong> Krise haben zwar versucht, diese durch die Schaffung<br />

noch mehr fiktiven Kapitals zu lösen, indem Kredite, Bürgschaften, Garantien <strong>und</strong><br />

staatliche Subventionen im Billionenhöhe an die Kapitaleigentümer verschenkt wurden. De<br />

facto wurde die Krise damit aber nur aus <strong>der</strong> Finanzsphäre heraus <strong>und</strong> in die Staatshaushalte<br />

hinein verlagert. Eine spanische Tageszeitung titelte im September 2007 daher ganz angemessen:<br />

„Sozialismus für die Reichen, Kapitalismus für die Armen“. Die Finanzkrise<br />

wird also in den nächsten Jahren als Staatskrise zum Ausdruck kommen, während viele<br />

Kapitalien ihre „Risiken“ an die Staaten weiterreichen konnten <strong>und</strong> saniert sind. Griechenland,<br />

Estland <strong>und</strong> Ungarn waren nur europäische Vorboten dieser kommenden Staatskrise.<br />

Die Ansprüche von Finanz- <strong>und</strong> Immobilienkapitalien auf Monopolrenten werden aber in<br />

Zukunft mit einer wachsenden Unfähigkeit <strong>der</strong> Bevölkerungsmehrheit, diese Monopolrenten<br />

zu zahlen, kollidieren. Es lässt sich vermuten, dass es zu Phänomen kommen wird, die<br />

sich vielleicht als Gentrifizierung ohne Gentrifizierer begreifen ließen: Immobilienkapitalien,<br />

die auf <strong>der</strong> Suche nach Monopolrenten die Gentrifizierung von Stadtquartieren betreiben<br />

<strong>und</strong> irgendwann schmerzhaft erfahren müssen, dass es die Gentrifizierer, die in <strong>der</strong><br />

Lage sind, die gestiegenen Monopolrenten zu bezahlen, nicht in ausreichen<strong>der</strong> Masse gibt.<br />

Dieser Wi<strong>der</strong>spruch aber wird neue Immobilienkrisen aus sich hervor treiben.<br />

6 AUSBLICK<br />

Es konnte in dieser Arbeit gezeigt werden, wie Gentrifizierung, Kapitalakkumulationsdynamik<br />

<strong>und</strong> Krise zusammenhängen. Dieser Zusammenhang ist ein systematischer <strong>ökonomische</strong>r<br />

Zusammenhang, <strong>der</strong> als Akkumulation aus <strong>der</strong> Substanz des Kapitals bezeichnet<br />

wurde. Diese Akkumulation aus <strong>der</strong> Substanz des Kapitals gründet aber auf einem Selbstwi<strong>der</strong>spruch<br />

<strong>der</strong> Kapitalakkumulation: das Kapital will mehr Mehrwert abschöpfen, als<br />

produziert wird. Dieser Wi<strong>der</strong>spruch wird sich entsprechend in Krisen Ausdruck verschaffen<br />

müssen. Wie diese Krisen aber gelöst werden können ist historisch kontingent <strong>und</strong><br />

hängt von <strong>der</strong> gesellschaftlichen Praxis ab. Derzeit ist die Finanzkrise in die Staatshaushalte<br />

verlagert <strong>und</strong> wird sich in den nächsten Jahren o<strong>der</strong> Jahrzehnten als Staatskrise Ausdruck<br />

verschaffen – Japan ist dafür vielleicht ein gutes „roll model“, vielleicht ist dies aber<br />

auch eher Somalia. Es lässt sich nicht mehr prognostizieren, als dass die zeitgenössische<br />

kapitalistische Gesellschaft ob ihrer immanenten Wi<strong>der</strong>sprüche auf eine große Krise zu­<br />

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