Urbane Immobilienmärkte und ökonomische Theorien der ...

gehen.
Dieser Akkumulationsstrategie haben sich aber relevante Teile der Bewohnerschaft erfolgreich
widersetzt. Vor allem die Strategie, die Mietpreisbindung aufzuheben und die
Mieten zu verdreifachen, ging nicht auf, als ein New Yorker Gericht den Bewohnern im
Spätsommer 2009 Recht gab und die Mietpreisbindung der Wohnungen bestätigte und sogar
bereits vollzogene Mieterhöhungen für illegal erklärte. Zudem setzte in den USA 2007
die Immobilienkrise ein und führte zum Teil schon damals zu sinkenden Immobilienpreisen,
reduzierte aber vor allem den Anstieg der Immobilienpreise erheblich.
Es war Tishman Speyer und Blackrock aus beiden Gründen nicht möglich, die Mieteinnahmen
im gewünschten Ausmaß zu erhöhen. Bis Januar 2010 häuften sie mit ihrem Immobiliendeal
daher Verluste von rund 890 Millionen US-$ an, kamen in Verzug mit ihren
Schuld- und Zinszahlung und scheiterten gleichzeitig mit der Umschuldung ihrer Kredite
und Hypotheken. Pinkant ist zudem, dass mehrere Pensionsfonds als Kreditgeber für Tishman
Speyer und Blackrock fungiert haben. So musste bspw. der Pensionsfond der Lehrer
Kaliforniens bereits mehr als 100 Millionen US-$ auf seine Beteiligung an diesem Geschäft
abschreiben – die nun natürlich für die Auszahlung von Pensionen fehlen.
Seit Mitte August 2010 sieht es nun so aus, dass der Milliardär und Hedge Fonds Manager
William A. Ackman (Pershing Square Capital Managment) beide Komplexe für nur ca.
3 Milliarden US-$ übernehmen wird (irgendwer wird also rund 2,4 Milliarden US-$ abschreiben
müssen). Sein Geschäftsmodell: die größte Konversion von Mietwohnungen in
Genossenschaftswohnungen, die in New York jemals stattgefunden hat. D.h., er möchte die
Mietwohnungen in genossenschaftlich eingebundene Privatwohnungen umwandeln und
angeblich vornehmlich an die jetzigen Mieter verkaufen. Der Verkaufserlös der einzelnen
Wohnungen soll dabei die Gesamtinvestitionen in die beiden Komplexe übersteigen. Kalkulationen
der New York Times (The New York Times 2010b) zeigen aber, dass die Mieter
dann zumeist höhere Abzahlungen auf ihre Wohnungskäufe leisten müssten, als sie derzeit
an Miete zahlen – was den Ankauf der eigenen Wohnung für durchschnittlich rund eine
halbe Millionen US-$ unattraktiv erscheinen lässt. Zudem ist fraglich, ob sich die derzeitigen
Bewohner der beiden Komplexe zu relevanten Teilen eine derartige Investition überhaupt
leisten könnten. Die New York Times kommentiert diese Strategie daher wie folgt:
„The sprawling apartment complex on the East Side of Manhattan could end up being either a
cash cow or a huge headache for Mr. Ackman [...].“ (The New York Times 2010b).
Welche Erkenntnis lässt sich aus diesem Beispiel nun über den qualitativen Wandel von
Gentrifizierungsprozessen gewinnen?
1.) Zunächst ist festzuhalten, dass die Investmentstrategie sowohl von Tishman Speyer /
Blackrock, wie von Herrn Ackman darauf abzielt, die Immobilienpreise zu erhöhen, einmal
in der Form einer Erhöhung des Mietzinses, einmal in der Form des kleinteiligen Verkaufs
der Wohnungen. Beide Strategien haben tendenziell zum Effekt, dass die derzeitige Wohnbevölkerung
der Stuyvesant Town und des Peter Cooper Village, immerhin rund 25.000
New Yorker Mittelschichtsangehörige, gegen eine zahlungskräftigere Bevölkerung ausgetauscht
wird, die in der Lage ist, die gestiegenen Immobilienpreise zu bezahlen. Die Strategien
der Wertschöpfung basieren also in beiden Fällen auf der Gentrifizierung der Quartiere.
2.) Die erhoffte Erhöhung der Wertschöpfung basiert auf der Schleifung eines Überbleibsels
fordistischer Regulation, der Mietpreisbindung, sei es durch ihr illegales Unterlaufen
oder durch Privatisierung.
3.) Es sind vorrangig Akteure aus der Finanzindustrie, Hedge Fonds, Vermögensverwalter,
Pensionskassen, Banken, die auf der Suche nach Anlagemöglichkeiten des bei ihnen
aufgehäuften Kapitals in den Immobilienmarkt drängen und Profitraten erwirtschaften wol­
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