Aus dem Institut für Ökologischen Landbau Trenthorst - vTI
Aus dem Institut für Ökologischen Landbau Trenthorst - vTI
Aus dem Institut für Ökologischen Landbau Trenthorst - vTI
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
66<br />
LOTHAR KRÖCKEL, Nutzbarmachung mikrobiologisch-genetischer Ressourcen zur Biokonservierung von Fleischerzeugnissen<br />
Milchsäurebakterien erfolgt in Form von Starterkulturen,<br />
wenn eine substantielle Veränderung des<br />
<strong>Aus</strong>gangsmaterials beabsichtigt ist, oder als<br />
Schutzkulturen, wenn die Hemmung unerwünschter<br />
Mikroorganismen im Vordergrund steht. Vorwiegend<br />
aus sensorischen Gründen werden bei fermentierten<br />
Fleischerzeugnissen außer Milchsäurebakterien<br />
auch bestimmte Bakterien der Gattung<br />
Staphylococcus, Schimmelpilze der Gattung Penicillium<br />
sowie Hefen der Gattung Debaryomyces als<br />
Starterkulturen eingesetzt (Geisen et al. 1992, Stiles<br />
1996, Kröckel 1998a, 1998b, Hansen 2002).<br />
Biokonservierung heute und morgen<br />
Die Biokonservierung landwirtschaftlicher Urprodukte<br />
liefert einen wertvollen Beitrag <strong>für</strong> die<br />
Versorgung der Verbraucher mit hochwertigen Lebensmitteln.<br />
Sie ist zugleich die nachhaltigste aller<br />
Konservierungsmethoden. Bier, Wein, Sauerkraut,<br />
Käse und Salami seien hier stellvertretend <strong>für</strong> die<br />
Vielfalt der so erzeugten Lebensmittel genannt.<br />
Im Gegensatz zu physikalischen und chemischen<br />
Verfahren, welche die natürliche Mikroflora<br />
- etwa durch Erhitzung bei mehr oder weniger hohen<br />
Temperaturen oder durch Zusatz vom Verbraucher<br />
meist wenig geschätzter Konservierungsstoffe<br />
- abtöten bzw. in ihrer Entwicklung hemmen,<br />
bedient sich die Biokonservierung ganz gezielt<br />
erwünschter Mikroorganismen und macht sich<br />
deren Aktivitäten <strong>für</strong> die Erzeugung<br />
wohlschmeckender, vitamin- und nährstoffreicher<br />
sowie weitgehend sicherer Lebensmittel zu Nutze.<br />
In früheren Zeiten überließ man das Wachstum<br />
dieser Mikroorganismen mehr oder weniger <strong>dem</strong><br />
Zufall und nahm dadurch zwangsläufig auch starke<br />
Qualitätsschwankungen bis hin zu Produktfehlern<br />
und gesundheitlich bedenklichen Erzeugnissen in<br />
Kauf. Heute weiß man viel genauer wie man das<br />
Wachstum der Kulturen am besten fördert und<br />
steuert, und welche Kulturen sich am besten eignen.<br />
Starterkulturen werden heute von spezialisierten<br />
Unternehmen in hoher Qualität zur Verfügung gestellt.<br />
Sie werden in einem bestimmten Abschnitt<br />
des Herstellungsprozesses <strong>dem</strong> Rohmaterial in hoher<br />
Keimdichte zugesetzt und bilden dadurch eine<br />
effiziente Konkurrenzflora gegenüber den indigenen<br />
Mikroorganismen. Rohmaterial mit schlechter<br />
mikrobiologischer <strong>Aus</strong>gangsqualität kann allerdings<br />
auch durch Starterkulturen nicht mehr verbessert<br />
werden (Geisen et al. 1992, Hansen 2002).<br />
Ein neuer Aspekt der Biokonservierung ist die<br />
<strong>Aus</strong>dehnung dieses Konzeptes auf Lebensmittel,<br />
die auf Grund ihrer Herstellungstechnologie mikrobiologisch<br />
gefährdet sind, die aber durch eine zugesetzte<br />
Schutzkultur nicht oder möglichst wenig in<br />
ihren Produkteigenschaften verändert werden sollen<br />
(Schillinger et al. 1996, Rodgers 2001). Zu diesen<br />
Lebensmitteln zählen vorverpackte Kochschinken-<br />
und Brühwurstaufschnittwaren, Wiener Würstchen<br />
und ähnliche erhitzte Fleischerzeugnisse mit vergleichsweise<br />
hohen pH- und aw-Werten (pH 6,2, aw<br />
0,98). Diese Produkte werden in der Regel nach<br />
<strong>dem</strong> Erhitzen unkontrolliert mit Mikrorganismen<br />
aus <strong>dem</strong> Produktionsumfeld rekontaminiert und<br />
bieten trotz Kühllagerung relativ gute Wachstumsbedingungen<br />
<strong>für</strong> psychrotrophe Bakterien. In Abhängigkeit<br />
von der dominierenden Rekontaminationsflora,<br />
die gewöhnlich aus Milchsäurebakterien<br />
besteht, und der Rezeptur können die Erzeugnisse<br />
unterschiedliche sensorische Abweichungen zeigen<br />
(Aufgasen, Schleimbildung, inakzeptable Säuerung<br />
Tabelle 1<br />
Optionen zur Kontrolle von Listeria monocytogenes (L.m.) auf vorverpacktem (Kochschinken- und Brühwurstaufschnitt)<br />
1 Aseptische Aufschneide- und<br />
Verpackungsverfahren<br />
2 Wiedererhitzung der verpackten<br />
Erzeugnisse (Repasteurisierung)<br />
3 Anhebung der Wachstumshürden <strong>für</strong> die zu<br />
hemmende Mikroflora durch<br />
3.1 Kühllagerung bei 2-4°C<br />
Option Bewertung<br />
ideal, aber in der Praxis kaum erreichbar<br />
mikrobiologisch sicher, sensorisch problematisch<br />
hoher technischer und energetischer Aufwand,<br />
spätestens beim Verbraucher nicht mehr garantiert<br />
3.2 "Chemische" Konservierungstoffe Ablehnung durch Verbraucher, sensorische Grenzen<br />
3.3 Natürliche Hemmstoffe keine ausreichende Wirkung, sensorische Grenzen<br />
3.4 Schutzkultur<br />
ohne Bacteriocin<br />
mit Bacteriocin<br />
mikrobiologisch und sensorisch annehmbar,<br />
schonendes Verfahren<br />
deutliche Einschränkung des Wachstums von L.m.<br />
vollständige Hemmung von L.m.