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3. Coochiemudlo Island<br />

Vor nicht allzu langer Zeit besuchte ich noch eine andere Insel im Südpazifik, die<br />

noch viel kleiner ist als North Sentinel Island, nämlich nur fünf Quadratkilometer<br />

groß. Dies ist Coochiemudlo Island vor der Küste von Queensland in Australien.<br />

Coochiemudlo ist ein Wort der Aborigines und bedeutet rote Erde. Die tief rote Erde,<br />

in der die Gummibaumbüsche ihre Wurzeln haben, ist deutlich erkennbar. Auch der<br />

Sand am Strand ist rotbraun und das, obwohl er ständig von der See gespült wird. Die<br />

Erde stammt von einem uralten Vulkan, wodurch sich auch die üppige Vegetation auf<br />

der Insel erklären lässt. Am meisten beeindruckt mich aber, wie die Mangroven überall<br />

wuchern. Mangroven wachsen dort am besten, wo es Salzwasser und ein tropisches oder<br />

semi-tropisches Klima gibt. Sie verankern ihre Wurzeln tief im Meerwasser und geben<br />

das Salz auf der Oberfläche ihrer Blätter ab. Einfach zauberhaft! So ganz anders als wir!<br />

Allerdings heißt es, dass das verstärkte Wachsen der Mangroven ein Zeichen für den<br />

Klimawandel ist — das Salzwasser verschlingt mehr Land und die Temperaturen steigen<br />

jedes Jahr.<br />

Trotzdem ist Coochiemudlo die quasi perfekte Insel für Romantiker. Sie<br />

ist klein, blau und tagsüber sonnig. Nachts kann man den schönsten klaren<br />

Sternenhimmel beobachten. Die Häuser wurden im typischen Queensland-Stil erbaut<br />

— Holzkonstruktionen in Hochlage mit ein oder zwei Etagen und einer rustikalen,<br />

aber gemütlichen Veranda. Zu jedem Haus gehört ein kleines Stück Land und überall<br />

stehen ein oder zwei Gummibäume in den Vorgärten, die das Haus wie Wächter<br />

beschützen. Mir wurde gesagt, dass es circa 500 Häuser auf der Insel gibt und dass<br />

hier 700 Menschen wohnen. Das Durchschnittsalter ist 52 und die meisten Bewohner<br />

sind eindeutig Rentner. Die Fähre ist das einzige öffentliche Transportmittel, das die<br />

Insulaner zum Festland bringt und wieder zurück.<br />

Ich fuhr nach Coochiemudlo, um die Familie von Freunden zu besuchen. Früher<br />

haben sie in Brisbane und Sydney gewohnt, aber nach der Pensionierung haben sie sich<br />

auf die Insel zurückgezogen. Das Leben wird umso vieles einfacher, wenn es nur zwei<br />

Straßen, eine Bibliothek und ein Geschäft gibt. Überall, wo man spazieren geht, kann<br />

man die Wellen und den Klang der Vögel hören, die sich im Laub der Bäume und Büsche<br />

versteckt halten.<br />

Das erste Mal, als meine Freunde und ich einen Vogel in einem Gummibaum<br />

wie einen Handy-Klingelton zwitschern hörten, musste ich laut lachen. Der Handy-<br />

Klang war so komisch von da oben aus dem Himmel. Jeder wäre wohl erst einmal<br />

perplex, wenn er so ein Geräusch auf einer ruhigen Tropeninsel hören würde. Als wir<br />

weitergingen, erklang ein weiterer Klingelton von einem anderen Vogel auf einem<br />

Baum. Wir hielten an und starrten den Vogel an, der dieses Symbol unverzichtbarer<br />

menschlicher Technik so gut imitierte. Ich wurde traurig und niedergeschlagen, weil<br />

der natürliche Gesang der Vögel, ihre unverdorbenen Paarungsrufe, umprogrammiert<br />

worden waren. Da standen wir drei — also drei Menschen — und jeder von uns hatte ein<br />

Handy mit einem anderen Klingelton dabei. Die Vögel bemerkten diese Unterschiede<br />

bereits!<br />

Ich blieb noch einige Tage auf der Insel, ging jeden Morgen am Strand spazieren<br />

und kroch nachmittags durch die versteckten Pfade der Feuchtgebiete, wo die<br />

Mangroven ihre Zehen ins Salzwasser stecken. Kein Supermarkt, keine Autos, keine<br />

Stadtlandschaften. Eines Abends fielen mir die verblichenen Bilder, die vom Boot<br />

im Indischen Ozean gefilmt worden waren, wieder ein. Ich erinnerte mich an die<br />

Sentinelesen, die wie wilde Leoparden an ihrem Strand entlang gerannt waren. Sie<br />

fehlten mir, als wäre ich eine von ihnen und als ob ich auch zu jenem mysteriösen<br />

Flecken Erde gehörte. Als ich Coochiemudlo mit der Fähre wieder verließ und nach<br />

180 WETTERSTATIONEN: KLIMAWANDEL SCHREIBEN

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