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Forschung Migration und Gesundheit im Rah - Bundesamt für ...

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gig machen. So kann der sporadische <strong>und</strong> unstrukturierte Einsatz<br />

von internen Ressourcen <strong>für</strong> die Teams <strong>und</strong> PatientInnen<br />

negative Folgen zeitigen, wenn er nicht kompetent erfolgt <strong>und</strong><br />

professionell begleitet wird. Umgekehrt war es interessant, zu<br />

beobachten, dass der lokale Einsatz interner Ressourcen auch<br />

einen positiven Sensibilisierungseffekt <strong>für</strong> die Transkulturalisierung<br />

der Institution als Ganzes zur Folge haben kann.<br />

4 Diskussion<br />

Die theoretischen Reflexionen zur Ressourcennutzung finden<br />

ihre Entsprechung in der Praxis. Indem die von uns untersuchten<br />

Institutionen vor allem die Sprachressourcen ihrer MitarbeiterInnen<br />

regelmässig nutzen, leisten sie einen Beitrag zur<br />

Transkulturalisierung des Ges<strong>und</strong>heitswesens. Der Beitrag ist<br />

bescheiden <strong>und</strong> sollte vor allem <strong>im</strong> Hinblick auf die Entwicklung<br />

weiterer Ressourcen wie kulturelle oder transkulturelle<br />

Kompetenzen, <strong>Migration</strong>serfahrungen sowie interkulturelle<br />

Mediation ausgebaut werden.<br />

In der Praxis erfolgt die Nutzung heute aus einer Bottom-up-<br />

Perspektive heraus. Es sind Arbeitsgruppen oder Einzelinitiativen,<br />

die dann zum Zug kommen, wenn Probleme bei der Kommunikation<br />

mit PatientInnen anderer Herkunft auftreten. Die<br />

Einsätze erfolgen ad hoc <strong>und</strong> aus einer dringlichen Situation<br />

heraus. Sie werden sowohl seitens der PatientInnen <strong>und</strong> involvierten<br />

Dienste als auch seitens der MigrantInnen, die ihre<br />

Ressourcen anbieten, honoriert. MigrantInnen empfinden ihre<br />

Tätigkeit als eine persönliche <strong>und</strong> professionelle Bereicherung<br />

<strong>und</strong> betonen, wie wichtig es <strong>im</strong> Sinne der Patientencompliance<br />

<strong>für</strong> Patienten <strong>und</strong> deren Heilungserfolg ist, verstanden<br />

zu werden.<br />

Die positive Haltung gegenüber der Ressourcennutzung gilt<br />

mit der klaren Einschränkung, dass der Ressourceneinsatz wesentlich<br />

besser systematisiert <strong>und</strong> professionalisiert werden<br />

müsste. Was fehlt, ist ein Gesamtkonzept der Ressourcennutzung<br />

mit Zielvorgaben sowie Planungs-, Entwicklungs- <strong>und</strong><br />

Evaluationskriterien. Das setzt eine aktivere Unterstützung<br />

seitens der Spitalleitung <strong>und</strong> des Human-Resources-Bereichs<br />

voraus.<br />

Ebenfalls zu wenig ausgeprägt ist bei der Betriebsleitung<br />

ein positives Bewusstsein <strong>für</strong> die Diversität am Arbeitsplatz.<br />

Die Überlegung, dass informelle Ressourcen wie kultureller<br />

Hintergr<strong>und</strong> oder <strong>Migration</strong>serfahrungen <strong>für</strong> die Arbeitsplatzgestaltung<br />

oder die Teamarbeit von Vorteil sein können, ist<br />

kaum vorhanden. Stattdessen kämpfen KadermitarbeiterInnen<br />

<strong>im</strong>mer wieder gegen negative Vorurteile, mit welchen ihre<br />

Mitarbeitenden den MigrantInnen begegnen – seien das nun<br />

Arbeitskräfte oder PatientInnen. Oft werden die Probleme mit<br />

der kulturellen Vielfalt sowie die Defizite der MigrantInnen betont,<br />

statt die Chancen zu sehen, die sich aus einer kulturellen<br />

Vielfalt <strong>für</strong> die Gestaltung des Arbeitsplatzes ergeben. Was in<br />

den Fokusgruppen viel Gesprächsraum einnahm, war denn<br />

auch die Sensibilisierungsarbeit, die <strong>im</strong> Vorfeld der Ressourcennutzung<br />

geleistet werden müsste. Diese betrifft in erster<br />

Linie Massnahmen gegen Diskr<strong>im</strong>inierungen <strong>und</strong> Vorurteile<br />

gegenüber MigrantInnen am Arbeitsplatz.<br />

5 Empfehlungen<br />

Die Empfehlungen, die aus der <strong>Forschung</strong> resultieren, setzen<br />

bei diesen drei D<strong>im</strong>ensionen an: Sensibilisierung, Identifizierung<br />

der Ressourcen <strong>und</strong> Nutzung der Ressourcen.<br />

Im Sensibilisierungsbereich geht es um eine Gesamtstrategie,<br />

deren Ziel es sein sollte, die Thematik der Ressourcennutzung<br />

in der Institution zu verankern <strong>und</strong> bereits existierende Bestrebungen<br />

zusammenzuführen. Hier<strong>für</strong> müssten drei Zielgruppen<br />

sensibilisiert werden: Erstens müssten Betriebsleitung<br />

<strong>und</strong> Kader von der Wichtigkeit der Ressourcennutzung <strong>im</strong><br />

Kontext der Transkulturalisierung überzeugt werden. Parallel<br />

dazu würden auch die Vorteile einer horizontalen Arbeits- <strong>und</strong><br />

Organisationskultur hervorgehoben. An zweiter Stelle müsste<br />

das Personal <strong>für</strong> den Beitrag sensibilisiert werden, den die<br />

Arbeitskollegen mit ihren Ressourcen zur täglichen Arbeit zu<br />

leisten <strong>im</strong> Stande sind. Das gilt besonders <strong>für</strong> jene Dienste,<br />

die nicht direkt vom Ressourceneinsatz profitieren. Im Weiteren<br />

müsste das Personal gezielt gegen negative Einstellungen<br />

<strong>und</strong> Diskr<strong>im</strong>inierung am Arbeitsplatz sensibilisiert werden.<br />

Dies könnte mittels eines persönlichen Coachings oder Hintergr<strong>und</strong>informationen<br />

zu unterschiedlichen Formen des Ges<strong>und</strong>heitsverhaltens<br />

geschehen. Die dritte Zielgruppe – jene<br />

der Arbeitskräfte mit <strong>Migration</strong>shintergr<strong>und</strong> – müsste dazu ermutigt<br />

werden, die eigenen (versteckten) Fähigkeiten stärker<br />

in den Arbeitsalltag integrieren zu wollen.<br />

Bei der Identifizierung der Ressourcen ginge es zunächst einmal<br />

um die Frage, wie <strong>und</strong> welche Ressourcen überhaupt erfasst<br />

werden sollten. Hierbei spielen die Personalabteilungen<br />

als Akteure eine massgebliche Rolle. Informelle Ressourcen<br />

der MigrantInnen müssten bereits be<strong>im</strong> Einstellungsgespräch<br />

systematisch erfragt werden. Dann müsste eine engere Zusammenarbeit<br />

mit jenen Diensten erfolgen, welche über Ressourcen<br />

verfügen. Ein Screening bestehender Ressourcen<br />

würde es erleichtern, abzuschätzen, wo noch vorhandenes<br />

Potenzial brachliegt. Weiter könnten Instrumente zur Identifizierung<br />

der Ressourcen, die es bereits gibt (wie Übersetzerlisten,<br />

Intranet <strong>und</strong> Sprachdienste), professionalisiert werden.<br />

Schliesslich wäre es sinnvoll, weitere Instrumente zu entwickeln,<br />

die auch die Erfassung anderer als rein sprachlicher<br />

Ressourcen ermöglichen würden.<br />

Was die Nutzung der Ressourcen als dritte D<strong>im</strong>ension anbelangt,<br />

so müssten Kontext, Einsatz, Qualität <strong>und</strong> Hindernisse<br />

bei der Ressourcennutzung hinterfragt werden. Bei den kontextuellen<br />

Faktoren ist zunächst entscheidend, zu best<strong>im</strong>men,<br />

bei welchen Gelegenheiten die unterschiedlichen Ressourcen<br />

verwendet werden sollen. Wann wird auf interne <strong>und</strong> wann auf<br />

externe Sprachressourcen zurückgegriffen, <strong>und</strong> welches sind<br />

die Kriterien <strong>für</strong> professionelle Dolmetscherdienste, welches<br />

hingegen die Kriterien <strong>für</strong> interne Sprachhilfen? Zu den kontextuellen<br />

Faktoren zählen auch die Rechte, die den Arbeitskräften<br />

zustehen (betreffend Arbeitszeit oder Entlöhnung),<br />

sowie die Pflichten wie zum Beispiel das Berufsgehe<strong>im</strong>nis.<br />

Eine Art «Gebrauchsanleitung» wäre hier ein hilfreiches Instrument.<br />

Der Einsatz selbst müsste systematisiert <strong>und</strong> besser<br />

in die Arbeit integriert werden, um Engpässe bei den alltäglichen<br />

Verrichtungen der Arbeit zu vermeiden. Die Qualität der<br />

Ressourcennutzung könnte ebenfalls verbessert werden, in-<br />

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