Forschung Migration und Gesundheit im Rah - Bundesamt für ...

Versicherte würden als anonyme Nummern bei einer eidgenössischen
Kasse gemeldet und erhielten eine Karte mit ihren
Daten auf einem Magnetstreifen. Sie wären gegen Bezahlung
eines geringen Selbstbehaltes grundversichert und könnten
Gesundheitsdienste ohne Angst vor Ausschaffung nutzen.
5.6 Behandlungszeit als Gesundheits- und Kostenfaktor
Die Auswertung der Interviews hat klar gezeigt, dass eine
anteilnehmende, wertschätzende, nicht unter Zeitdruck stehende
Haltung eines Arztes einen positiven Einfluss auf das
subjektive Gesundheitsempfinden von Migrantinnen hat. Die
Verrechnung jeder Minute des Arztbesuches (siehe Tarmed)
setzt finanziell schwache Personen, wie es Migrantinnen oft
sind, unter Druck. Auch Ärzte fühlen sich unter Umständen
nicht mehr frei, so viel Zeit wie nötig für eine Konsultation einzusetzen.
Deshalb ist die Konklusion «Je kürzer die Behandlungszeit,
desto grösser die Kostenersparnisse» langfristig
kurzsichtig.
5.7 Transparenz bei Kosten und Behandlung
Klarere Information über den preislichen Rahmen von Gesundheitsdienstleistungen,
damit schlecht Bemittelte ihr Budget
besser einteilen können. Verständlichere Bezeichnung der beanspruchten
Leistungen auf der Rechnung.
5.8 Fremdsprachige Psychotherapeuten
Schulung fremdsprachiger transkultureller Psychotherapeuten.
Denn Dolmetscherdienste haben dort ihre Grenzen, wo
es um länger dauernde Behandlungen geht, in denen eine tiefe
zwischenmenschliche Beziehung aufgebaut werden soll.
5.9 Trennung von Aufenthaltsstatus und Erwerbssituation
Vor allem vorläufig Aufgenommene berichten, schon über
Jahre in einem Teufelskreis zu sein: Ihr Aufenthaltsstatus ist
ihnen ein Hindernis, eine Arbeitsstelle zu finden – ohne selbständiges
Arbeiten erhalten sie keine bessere Aufenthaltsbewilligung.
Hier werden zwei Faktoren voneinander abhängig
gemacht, die alleine schon einen negativen Einfluss auf die
Gesundheit haben. Durch ihre Verknüpfung verstärkt sich der
gesundheitsschädigende Einfluss.
5.10 Ausbildungssituation
Bei einigen interviewten Migrantinnen zeigte sich ein grosses
Lernbedürfnis und ein grosser Lernwille. Diese – wie auch die
häufige Überqualifikation von Migrantinnen und Migranten –
sind brachliegende Ressourcen. Es könnten Studien in Auftrag
gegeben werden, welche untersuchen, wie Lernbedürfnis,
Lernwille und Überqualifikationen von Migrantinnen und Migranten
sinnvoll gefördert und in die Arbeitswelt einbezogen
werden können.
68
6 Referenzen
Bundesamt für Gesundheit, 2002: Migration und Gesundheit.
Strategische Ausrichtung des Bundes 2002–2006 [online].
Available: www.suchtundaids.bag.admin.ch/imperia/md/
content/migration/strategie/4.pdf. [2003, 25. Juli].
Flubacher, P., 1997: Ausländische Patienten in der hausärztlichen
Praxis: Unlösbare Probleme für Arzt und Patient? Praxis
86 (19): 811-816.
Scharfetter, Ch., 1996: Allgemeine Psychopathologie. Eine
Einführung. 4. Aufl. York: Thieme.
Winizki, D., 2002: Schattenmedizin für Menschen ohne Aufenthalts-
und Arbeitsbewilligung. Grundversorgung für «Sans
Papiers». Sozmed 3/02: 54-55.
Korrespondenzadresse:
Brigitte Hunkeler
Obermülistrasse 65
8320 Fehraltorf
E-Mail: brigittehunkeler@gmx.ch
Eva Müller
Albisstrasse 140
8038 Zürich
E-Mail: eva@lacigale.ch