Forschung Migration und Gesundheit im Rah - Bundesamt für ...
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Ges<strong>und</strong>sein in der <strong>Migration</strong> *<br />
Silvia Büchi, Brigit Obrist van Eeuwijk<br />
Unter Mitarbeit von Rosa Anaba, Abdulai Keita, Anisa Sherif, Mohomodou Houssouba <strong>und</strong> Josephine Sanvee<br />
Ethnologisches Seminar der Universität Basel<br />
Zusammenfassung<br />
Ausgehend von einer Lebensweltorientierung wird Ges<strong>und</strong>sein<br />
in der <strong>Migration</strong> aus der Sicht der betroffenen Akteure untersucht.<br />
Im Zentrum stehen MigrantInnen aus afrikanischen<br />
Ländern, die einen sicheren Aufenthaltsstatus haben <strong>und</strong> von<br />
sich <strong>und</strong>/oder anderen als resilient eingestuft werden. Auf der<br />
Basis von Fallstudien in Zürich <strong>und</strong> Basel sowie Gruppengesprächen<br />
in Bern, Biel <strong>und</strong> Genf kam das schweizerisch-afrikanische<br />
<strong>Forschung</strong>steam zum Schluss, dass die untersuchten<br />
Personen Ges<strong>und</strong>heit mehrd<strong>im</strong>ensional <strong>und</strong> dynamisch<br />
verstehen <strong>und</strong> das Ges<strong>und</strong>bleiben unter den oft schwierigen<br />
Lebensbedingungen der <strong>Migration</strong> als eigentliche Aufgabe sehen.<br />
Sie haben zudem gelernt, körperliches <strong>und</strong> psychisches<br />
Unwohlsein als «Stress» zu interpretieren. Die Aneignung<br />
dieses in der Schweiz bei Laien <strong>und</strong> ExpertInnen populären<br />
Krankheitsbildes bietet nicht nur einen Ansatzpunkt <strong>für</strong> die<br />
Selbsthilfe der Betroffenen, die durch Institutionen <strong>und</strong> Organisationen<br />
gestärkt werden kann, sondern sie eröffnet auch<br />
neue Möglichkeiten <strong>für</strong> einen Dialog zwischen MigrantInnen<br />
<strong>und</strong> VertreterInnen des schweizerischen Ges<strong>und</strong>heits- <strong>und</strong> Sozialwesens.<br />
Key Words: Switzerland, migration and health, stress, resilience,<br />
qualitative research<br />
* Dieses <strong>Forschung</strong>sprojekt wurde vom B<strong>und</strong>esamt <strong>für</strong> Ges<strong>und</strong>heit mit dem Vertrag<br />
Nr. 03.001545 <strong>im</strong> <strong>Rah</strong>men der B<strong>und</strong>esstrategie «<strong>Migration</strong> <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit<br />
2002–2007» unterstützt.<br />
1 Einleitung<br />
Das vorliegende Projekt vertieft einen Schwerpunkt der<br />
schweizerischen Gr<strong>und</strong>lagenforschung zu «<strong>Migration</strong> <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit<br />
2002–2007»: das Verstehen der Lebenswelt (Schütz<br />
1932, Habermas 1981) von Eingewanderten. Dieses Erkenntnisinteresse<br />
widerspiegelt eine Hinwendung zu patientenzentrierter<br />
Ges<strong>und</strong>heitsforschung. Es wirft die Frage auf, ob aus<br />
anderen – besonders aus fernen – Ländern eingewanderte<br />
Menschen Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Krankheit anders erleben bzw. mit<br />
Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Krankheit anders umgehen als Herr <strong>und</strong> Frau<br />
Schweizer.<br />
Bis anhin orientierten sich Studien zu <strong>Migration</strong> <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit<br />
in der Schweiz <strong>und</strong> anderen europäischen Ländern, auch<br />
wenn sie die Lebenswelt von Eingewanderten ins Zentrum<br />
stellten, vorwiegend an der Pathologie (Weiss 2003: 283).<br />
Die Analyse der Belastungen <strong>im</strong> <strong>Migration</strong>sprozess <strong>und</strong> deren<br />
Auswirkungen auf die Ges<strong>und</strong>heit standen <strong>im</strong> Vordergr<strong>und</strong>. In<br />
der Psychologie <strong>und</strong> der Psychiatrie wird diese Frage oft <strong>im</strong><br />
<strong>Rah</strong>men von Stresstheorien untersucht, wobei Stress als nicht<br />
erfolgreiche Bewältigung von Belastungen erklärt wird. Bereits<br />
an der WHO-Konferenz «<strong>Migration</strong> and Health» von 1992<br />
sprach man in Anlehnung an Aaron Antonovsky jedoch von<br />
einer salutogenetischen Sichtweise, die die pathogenetische<br />
ablösen solle (WHO 2000). Anstatt danach zu forschen, weshalb<br />
Menschen krank werden, solle man untersuchen, warum<br />
sie trotz erschwerenden Bedingungen ges<strong>und</strong> bleiben. In diesem<br />
Zusammenhang spricht man heute oft von «resilienten»<br />
Menschen, die Belastungen nicht nur standhalten, sondern sie<br />
bewältigen <strong>und</strong> dadurch ihre Handlungsfähigkeit stärken.<br />
Auch die Stiftung <strong>für</strong> Ges<strong>und</strong>heitsförderung Schweiz <strong>und</strong> das<br />
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