Journal asmac No 2 - avril 2024
Système - Société, santé, salubrité Politique - Deux initiatives à l’épreuve Psychoanaleptiques - Utilisation off-label dans les soins palliatifs Tiques - Les infections rares
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Psychoanaleptiques - Utilisation off-label dans les soins palliatifs
Tiques - Les infections rares
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Perspectives<br />
Transmission der Katzenkratzkrankheit<br />
via Zecken wird kontrovers beurteilt und<br />
ist nicht etabliert [47, 48]. Weitere potentiell<br />
humanpathogene Erreger wie Spiroplasma<br />
sp. wurden in Europa in Zecken<br />
entdeckt [49].<br />
Kasuistiken von Infektionen mit Candidatus<br />
N. mikurensis werden zunehmend<br />
in der Schweiz, Europa und Asien beschrieben.<br />
Das intrazelluläre Bakterium<br />
wird durch Ixodes übertragen, wobei bei<br />
vielen Fallbeschreibungen ein Zeckenstich<br />
nicht eruierbar war. Die Neoehrlichiose<br />
scheint vor allem bei immundefizienten<br />
Personen zu langandauernden<br />
fieberhaften Erkrankungen mit zum Teil<br />
vaskulären und thromboembolischen<br />
Komplikationen zu führen. Da das Bakterium<br />
in Blutkulturen nicht wächst, wird die<br />
Infektion wohl oft verpasst. Der Nachweis<br />
erfolgt mit molekularen Methoden aus<br />
Blutproben, zum Beispiel mittels der bakteriellen<br />
breitspektrum-16S-rRNA-Gen-<br />
PCR. Mit Doxycyclin kann eine Heilung<br />
erzielt werden [50, 51].<br />
Infektionen durch Spiroplasma sp.<br />
wurden vereinzelt bei immundefizienten<br />
Personen (mit Agammaglobulinämie oder<br />
nach Organtransplantation) diagnostiziert,<br />
wobei der Übertragungsweg der Infektion<br />
meist unklar blieb [52]. Die klinischen Manifestationen<br />
waren fieberhafte Zustände,<br />
zum Teil mit Hepatitis. Die Therapie mit<br />
Doxycyclin und Azithromycin scheint erfolgreich.<br />
S. ixodetis wurde in okulären Proben<br />
von Neugeborenen mit kongenitalem<br />
Katarakt und Uveitis nachgewiesen [49],<br />
wobei hier eine direkte Transmission via<br />
Zecken unwahrscheinlich erscheint.<br />
Differenzialdiagnostische<br />
Überlegungen<br />
Daran denken …<br />
Die Differenzialdiagnose, ob die klinische<br />
Präsentation auf eine Zecken-übertragene<br />
Infektion hinweisen könnte, beginnt mit<br />
dem Darandenken, einer gezielten Anamnese<br />
und einer sorgfältigen körperlichen<br />
Untersuchung, da – abgesehen vom<br />
Erythema migrans – die einzelnen Leitsymptome<br />
von Zecken-assoziierten Infektionen<br />
unspezifisch sind (Tabelle 3). Die<br />
Patienten selber berichten oftmals nicht<br />
über eine mögliche Exposition gegenüber<br />
Zecken; weniger als 50 % der Infizierten haben<br />
einen Zeckenstich wahrgenommen.<br />
Die folgenden Hinweise initiieren die<br />
differenzialdiagnostischen Überlegungen:<br />
1. Eine Zecken-übertragene Infektion<br />
überhaupt in Betracht ziehen!<br />
2. Aufenthalt in Endemiegebieten von<br />
Vektoren und Pathogenen (inkl. präzise<br />
Reiseanamnese)?<br />
3. Mögliche Exposition gegenüber Zecken?<br />
– Anamnestische Fragen zu Beruf,<br />
Sport, Freizeitaktivitäten, Mobilität<br />
und Reisen können auf eine Exposition<br />
hindeuten.<br />
4. Leitsymptome, insbesondere Symptomenkomplexe<br />
beziehungsweise «Muster»<br />
von Leitsymptomen und Befunden?<br />
– zum Beispiel Fieber plus Hautbefunde<br />
(Rickettsiosen); Fieber plus<br />
Konstellationen von Laborbefunden<br />
(Transaminasenerhöhung und Thrombozytopenie<br />
bei Anaplasmose und Ehrlichiose);<br />
siehe Tabelle 3.<br />
5. Dynamik von klinischen Manifestationen<br />
im Krankheitsverlauf? – zum Beispiel<br />
«zweigipfliger» Verlauf der FMSE;<br />
Fiebermuster bei Zecken-Rückfallfieber.<br />
6. Befunde einer sorgfältigen klinischen<br />
Untersuchung, inklusive vollständiges<br />
Absuchen der Haut (Suche nach Eschar,<br />
Exanthemen, Lymphadenopathie etc.).<br />
7. Immundefizienz oder Grundkrankheit?<br />
– Wachsamkeit betreffend atypischen<br />
oder schweren, gegebenenfalls foudroyanten<br />
und lebensbedrohlichen klinischen<br />
Verläufen.<br />
8. Impfstatus? – Impfung gegen FSME.<br />
Immundefizienz?<br />
Wie bei jeder Differenzialdiagose muss<br />
rasch erfasst werden, ob eine Immunsuppression,<br />
eine Splenektomie oder eine<br />
Grundkrankheit vorliegt, da Zecken-übertragene<br />
Infektionen in solchen Situationen<br />
schwerer und gar (akut) lebensbedrohlich<br />
verlaufen können. In solchen Situationen<br />
ist eine schnelle Diagnostik besonders<br />
wichtig.<br />
Leitsymptome und Krankheitsverläufe<br />
im Kontext<br />
Die verschiedenen Leitsymptome wie<br />
Fieber, Allgemeinsymptome, Haut- oder<br />
Organsymptome (Arthritis, Me ningo enzephalitis<br />
etc.) und Laborbefunde sind isoliert<br />
betrachtet meist unspezifisch. Der<br />
Kontext mit der Anamnese, das Auftreten<br />
von Symptom- oder Laborkonstellationen<br />
oder die Dynamik von Symptomen und<br />
Befunden im Krankheitsverlauf ergeben<br />
aber oftmals deutliche Hinweise auf eine<br />
mögliche Ursache (Tabelle 1).<br />
Kenntnisse unterschiedlicher Krankheitsverläufe<br />
und klinischer Manifestationen<br />
entlang der Zeitachse unterstützen<br />
die differenzialdiagnostischen Überlegungen:<br />
– Zecken-übertragene Infektionen verlaufen<br />
oft wenig symptomatisch oder<br />
unspezifisch, zum Beispiel mit Fieber<br />
und Allgemeinsymptomen ohne organbezogene<br />
Beschwerden oder Befunde<br />
(Anaplasmose, Babesiose, Rickettsiosen,<br />
virale Infektionen)<br />
– Leitsymptome treten aufgrund des<br />
zeitlichen Verlaufs einer Erkrankung<br />
oftmals nicht in der Saison der Zeckenaktivität<br />
auf, wie zum Beispiel die<br />
Lyme-Arthritis, die durchschnittlich<br />
sechs Monate nach Infektion und somit<br />
auch im Winter auftreten kann<br />
– der Verlauf ist oft nicht «lehrbuchmässig»:<br />
die FSME verläuft nicht immer<br />
«zweigipflig», das heisst die meningitische<br />
Phase bei FSME kann fehlen oder<br />
sie kann unmittelbar – ohne asymptomatische<br />
Periode – unmittelbar nach<br />
einer initialen Fieberphase auftreten<br />
– Manifestationen eines Stadium II oder<br />
III der Lyme-Borreliose können ohne<br />
vorherige Wahrnehmung früherer Stadien<br />
auftreten<br />
– zum Zeitpunkt eines Erythema migrans<br />
können Fieber und Allgemeinsymptome<br />
auftreten: dies kann allein durch<br />
eine akute Lyme-Borreliose verursacht<br />
sein, aber auch differenzialdiagnostisch<br />
auf Zecken-übertragene Koinfektionen<br />
hinweisen<br />
– Leitsymptome können zum Zeitpunkt<br />
der Erstunter suchung bereits wieder<br />
verschwunden sein und sollen erfragt<br />
werden, wie zum Beispiel flüchtige Exantheme.<br />
Der Leitbefund eines Eschar<br />
(Rickettsiosen, Tularämie) wird möglicherweise<br />
von Patienten nicht berichtet<br />
(oder nicht wahrgenommen) und<br />
kann nur durch eine sorgfältige und<br />
vollständige klinische Untersuchung<br />
erfasst werden<br />
– Fieber bei Reiserückkehrenden kann<br />
auf Zecken-übertragene Rickettsiosen<br />
oder Spirochäten-Rückfallfieber hinweisen,<br />
welche sich zum Teil als langdauerndes<br />
Fieber oder als «fever of<br />
unknown origin» präsentieren können<br />
– Erkrankungen, die üblicherweise via<br />
andere Transmissionswege zur Infektion<br />
führen, sollen differenzialdiagnostisch<br />
in Betracht gezogen werden:<br />
Tularämie, möglicherweise Q-Fieber<br />
– hämorrhagische Fieber verursachende<br />
Virusinfektionen können mild und ohne<br />
Petechien oder Blutungskomplikationen<br />
verlaufen.<br />
Krankheitsverläufe und klinische Manifestationen<br />
von spezifischen Infektionen<br />
vsao /<strong>asmac</strong> <strong>Journal</strong> 2/24 57