Corporate Accountability - Nord-Süd-Netz
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4. Der Global Compact<br />
und seine Widersprüche<br />
Dass der Global Compact so prominent<br />
in einem zwischenstaatlichen<br />
Verhandlungsdokument erwähnt wird,<br />
ist für ein Forum, dass bei allen öffentlichen<br />
Anlässen darauf besteht, nur ein<br />
„learning forum“ zu sein, schon verwunderlich.<br />
Soll über den Global Compact die<br />
„brave new world“ der internationalen<br />
Politik ausprobiert werden? Der Staat<br />
zieht sich darauf zurück, runde Tische<br />
und Kommunikationsprozesse zu schaffen,<br />
während die Privatwirtschaft den<br />
Ton angibt und Politik selbst umsetzt<br />
(zumindest dort, wo sich das rechnet)?<br />
Wir werden sehen.<br />
Sicher ist, dass der Global Compact<br />
selbst vor einer interessanten Phase<br />
seiner Entwicklung steht, die für das<br />
zukünftige Verhältnis zwischen UN und<br />
Konzernen wichtig, wenn nicht sogar entscheidend<br />
sein wird. Seit Jahren haben zivilgesellschaftliche<br />
Akteure – egal ob sie<br />
sich am Global Compact beteiligten, oder<br />
ihn ablehnten – kritisiert, dass der Global<br />
Compact zu unverbindlich sei. Es war<br />
Konzernen möglich, die Prinzipien des<br />
Compacts in ihrem Handeln zu ignorieren<br />
und trotzdem weiter als Teil des Global<br />
Compact zu agieren. 2004 bescheinigte<br />
McKinsey dem Global Compact, dass<br />
nur 50% der teilnehmenden Firmen<br />
Veränderungen infolge des Compact<br />
nachweisen könnten. McKinsey stellte<br />
außerdem fest, dass selbst bei Firmen,<br />
die etwas änderten, dies nicht das Alltagsgeschäft<br />
beeinfl usste. Die Prinzipien<br />
des Compacts werden lediglich in einigen<br />
Vorzeigeprojekten umgesetzt.<br />
Das Resultat dieser Kritik ist eine<br />
neue „Governance-Struktur“ des Compacts<br />
10 . Diese Struktur betont weiter die<br />
reine Freiwilligkeit des Compact-Projek-<br />
Teil I / Wachsender Einfl uss der Konzerne? Partnerschaften und die Privatisierung der UN<br />
10 Siehe http://www.unglobalcompact.org/AboutTheGC/stages_of_development.html<br />
11 Siehe http://www.unglobalcompact.org/AboutTheGC/stages_of_development.html . Annex 1, S. 3<br />
12 Siehe www.germanwatch.org/tw/oecdw-5y.htm<br />
tes – macht es aber gleichzeitig möglich,<br />
dass Firmen die nachweislich gegen die<br />
Prinzipien des Compacts verstoßen, aus<br />
diesem ausgeschlossen werden. Zwar<br />
sind die Mechanismen der Beschwerde<br />
nicht gerade hart, und darüber hinaus<br />
soll auch noch sichergestellt werden,<br />
dass insbesondere die Industrievertreter<br />
zu Rat gezogen werden, sollte eine Beschwerde<br />
je das Global Compact-Board<br />
erreichen 11 – aber immerhin. NGOs sollten<br />
diesen Beschwerdemechanismus nun<br />
nutzen (viele negative Fälle sind ja bereits<br />
in der Vergangenheit an das Global<br />
Compact-Offi ce geschickt worden, nur<br />
um ignoriert zu werden).<br />
Meine Vorhersage ist, dass dies zeigen<br />
wird, dass der Global Compact auch<br />
unter dem neuen Governance-Regime,<br />
nicht bereit ist, wirklich gegen diejenigen<br />
vorzugehen, die seine Prinzipien mit<br />
Füßen treten. Oder wenn, dann wird<br />
der Global Compact es bei symbolischen<br />
Schritten belassen. Ich hoffe, ich irre<br />
mich. Sollte ich es tun, und der Compact<br />
doch gegen einige schwarze Schafe<br />
durchgreifen, halte ich es allerdings<br />
für wahrscheinlich, dass viele Firmen<br />
dadurch das Prinzip der Freiwilligkeit<br />
gefährdet sehen und ihr Engagement im<br />
Global Compact reduzieren. Soweit wird<br />
es wohl nicht kommen.<br />
Das deutsche Global Compact-Network<br />
ist wahrscheinlich noch eines der<br />
progressivsten der regionalen Compact-<br />
Strukturen. Es diskutiert derzeit, den<br />
Global Compact an den Beschwerdemechanismus<br />
der OECD-Leitsätze für multinationale<br />
Unternehmen anzudocken.<br />
Aber auch der OECD-Beschwerdeprozess<br />
hat bisher nur unzureichend funktioniert<br />
– und damit das Argument, dass freiwillige<br />
Ansätze genügen, nicht ausreichend<br />
bestätigt 12 . Gerade der „geläuterte“<br />
Global Compact wird deshalb ein gutes<br />
Beispiel dafür werden, dass Freiwilligkeit<br />
nicht ausreicht. Selbst für die Beendigung<br />
der größten Missstände (von einem Erreichen<br />
hoher sozialer und ökologischer<br />
Standards weltweit ganz zu schweigen)<br />
sind daher weiterhin verbindliche<br />
Regeln notwendig.<br />
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