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Corporate Accountability - Nord-Süd-Netz

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Aktivitäten zu erreichen. Man muss sich<br />

der fundamentalen Lücken des Konzepts<br />

bewusst sein und erkennen, dass der<br />

Ansatz der Studie die Beurteilung von<br />

Lobbying in die Unternehmen verlagert<br />

und damit der politischen Auseinandersetzung<br />

entziehen will.<br />

Die Kritik am Lobbyismus darf<br />

sich aber nicht mit solchen freiwilligen<br />

Konzepten und unternehmensinternen<br />

Leitlinien abspeisen lassen.<br />

Nötig sind vielmehr drei Ansätze:<br />

verpflichtende Regeln für mehr<br />

Lobby-Transparenz und ethische<br />

Standards, die die Auswüchse des<br />

Lobbyismus bekämpfen;<br />

kritische zivilgesellschaftliche<br />

Kräfte, die immer wieder den ungleichen<br />

Zugang verschiedener Interessengruppen,<br />

die eingesetzten<br />

Methoden und die Ausgrenzung<br />

breiter Bevölkerungsgruppen aus<br />

der Politik problematisieren und<br />

bekämpfen;<br />

die Förderung partizipativer, demokratischer<br />

Verfahren und der<br />

Selbstorganisation der BürgerInnen,<br />

damit diese stärker selbst<br />

entscheiden können.<br />

Die Alliance for Lobbying Transparency<br />

and Ethics Regulation (AL-<br />

TER-EU) und LobbyControl sind neue,<br />

konkrete Projekte in diese Richtung.<br />

49<br />

Teil III / Neue Initiativen zur Kontrolle der Wirtschaftslobby, LobbyControl und die europäische Alliance for Lobbying Transparency and Ethics Regulation (ALTER-EU)<br />

ALTER-EU – Einsatz für<br />

verpflichtende Regeln<br />

Die Alliance for Lobbying Transparency<br />

and Ethics Regulation (ALTER-<br />

EU, www.alter-eu.org) ist eine breite<br />

zivilgesellschaftliche Kampagne, die<br />

sich für striktere Regeln für Lobbyisten<br />

und EntscheidungsträgerInnen in der<br />

EU einsetzt. Sie wird von über 140<br />

Nichtregierungsorganisationen und Gewerkschaften<br />

unterstützt. Auch einzelne<br />

PR-Agenturen haben den Kampagnenaufruf<br />

unterzeichnet. Der Aufruf umfasst<br />

drei Bereiche von Forderungen:<br />

Verpflichtende Registrierungs- und<br />

Berichtsregeln für Lobbyisten,<br />

verschärfte ethische Standards, wie<br />

z.B. eine Karenzzeit für Mitglieder<br />

der EU-Kommission und hochrangige<br />

Kommissionsmitarbeiter,<br />

bevor sie als Lobbyisten arbeiten<br />

dürfen,<br />

und das Ende des privilegierten<br />

Zugangs von Wirtschaftsinteressen<br />

z.B. des European Services Forum<br />

oder des Transatlantic Business<br />

Dialogue zur EU-Kommission.<br />

Mit der „European Transparency Initiative“<br />

(ETI) des EU-Kommissars Siim Kallas<br />

kam politisch Bewegung in die Debatte.<br />

Im Rahmen dieser Initiative will Kallas in<br />

verschiedenen Bereichen die Transparenz<br />

der EU verbessern. Dazu gehört z.B. die<br />

Offenlegung der Empfänger von EU-Fördermitteln,<br />

aber auch die Transparenz von<br />

Lobbyisten. Von Seiten der Lobbyisten und<br />

ihrer Verbände SEAP und EPACA gibt es<br />

starken Widerstand gegen mehr Transparenz,<br />

insbesondere gegen verpflichtende<br />

Regeln. Mittlerweile zeichnet sich auch<br />

in der EU-Kommission eine Neigung zu<br />

einem freiwilligen Verhaltenskodex für<br />

Lobbyisten ab. Aus Sicht von ALTER-EU ist<br />

das nicht tragfähig und zielführend. Trotz<br />

dieser Widerstände ist mit der Kampagne<br />

und der ETI eine neue Debatte über den<br />

Lobbyismus und den Wirtschaftseinfluss<br />

entbrannt, die konkrete Gelegenheiten<br />

für politische Verbesserungen eröffnet. Bis<br />

zum Frühjahr will die EU-Kommission nun<br />

ein Grünbuch zur ETI vorlegen, danach<br />

folgt eine Konsultationsphase und ab<br />

Herbst 2006 soll über konkrete Maßnahmen<br />

entschieden werden.<br />

ALTER-EU wird sich in dieser Zeit für<br />

verpflichtende Bestimmungen einsetzen<br />

und klarstellen, dass freiwillige Regeln unzureichend<br />

sind und insbesondere schwarze<br />

Schafe nicht erreichen. Eine Aktion dazu<br />

war die Verleihung des ersten „Worst EU<br />

Lobbying Award“ im Dezember 2005, mit<br />

dem besonders intransparente und undemokratische<br />

Lobby-Aktionen auf der Basis<br />

einer Online-Abstimmung ausgezeichnet<br />

wurden. Gewinner war die „Campaign for<br />

Creativity“, die sich für starke Software-<br />

Patente einsetzte und vorgab, eine Grasswurzelkampagne<br />

der Kreativen zu sein. In<br />

Wirklichkeit wurde sie von einer Londoner<br />

Lobby-Agentur mit Unterstützung von<br />

Microsoft, SAP und dem internationalen<br />

Computerverband CompTIA organisiert<br />

(weitere Details unter www.eulobbyaward.org).<br />

Das Beispiel zeigt deutlich die<br />

Notwendigkeit von mehr Transparenzverpflichtungen<br />

für Lobbyisten. Zugleich<br />

ist es wichtig, die Frage des privilegierten<br />

Zugangs von Wirtschaftsinteressen und<br />

einer umfassenden Demokratisierung<br />

der EU zu stellen. Das Engagement für<br />

Transparenzregeln ist ein Baustein in<br />

dieser weitergehenden Perspektive.

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