Corporate Accountability - Nord-Süd-Netz
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Ulrich Müller*<br />
Neue Initiativen zur Kontrolle der<br />
Wirtschaftslobby<br />
LobbyControl und die europäische<br />
Alliance for Lobbying Transparency<br />
and Ethics Regulation (ALTER-EU)<br />
Der Seitenwechsel von Politikern<br />
wie Gerhard Schröder oder Otto Wiesheu<br />
als Türöffner für die Wirtschaft, dubiose<br />
Nebeneinkünfte von Abgeordneten<br />
oder die Methoden der „Initiative Neue<br />
Soziale Marktwirtschaft“ der Arbeitgeber<br />
haben die Diskussion über Lobbyismus<br />
und die Einfl ussnahme der Wirtschaft<br />
auf die Politik in Deutschland verstärkt.<br />
Auch international ist das Thema hoch<br />
aktuell. In der EU und den USA wird über<br />
strengere Regeln für Lobbyisten und den<br />
Umgang von EntscheidungsträgerInnen<br />
mit ihnen nachgedacht, ebenso in osteuropäischen<br />
Ländern wie Polen und<br />
Ungarn oder beim Global Compact der<br />
Vereinten Nationen. Dieser Text wird<br />
diese Entwicklungen beschreiben und<br />
die neue Nichtregierungsorganisation<br />
LobbyControl sowie die europäische Alliance<br />
for Lobby Transparency and Ethics<br />
Regulation (ALTER-EU) vorstellen.<br />
Zuvor soll kurz umrissen werden,<br />
wo eigentlich das Problem des Lobbyismus<br />
liegt – auch wenn eine umfassende<br />
Analyse und demokratietheoretische<br />
Bewertung den Rahmen sprengen würde.<br />
Interessenvertretung ist Teil bürgerlich-<br />
* Ulrich Müller ist Mitbegründer von LobbyControl – Initiative für Transparenz und Demokratie, Köln.<br />
liberaler Demokratie-Vorstellungen.<br />
Vielfach wird ein pluralistisches Bild von<br />
Interessenvermittlung gezeichnet: Verschiedene<br />
Interessengruppen versuchen,<br />
die Politik und die Öffentlichkeit in ihrem<br />
Sinne zu beeinflussen. Diese Kämpfe<br />
werden (in dieser Auffassung) als legitimer<br />
demokratischer Wettbewerb betrachtet.<br />
Aus dieser Perspektive kann in diesem<br />
Wettbewerb individuelles Fehlverhalten,<br />
wie z.B. Korruption, vorkommen – aber<br />
es scheint keine oder wenige strukturellen<br />
Probleme zu geben. Diese Vorstellung<br />
greift jedoch zu kurz.<br />
In Realität sind Interessenvertretung<br />
und Lobbyismus von Anfang an von<br />
gesellschaftlichen Machtasymmetrien<br />
geprägt. Insofern ist Interessenvertretung<br />
nicht nur ein Teil von Demokratie, sondern<br />
in der konkreten Ausgestaltung auch immer<br />
eine Gefährdung von Demokratie. In<br />
einer umfassenden Demokratie als Herrschaft<br />
und Selbstbestimmung des Volkes<br />
müssten sich alle Menschen gleichermaßen<br />
organisieren und an politischen<br />
Prozessen beteiligen können. Aber in der<br />
Realität moderner Industriestaaten gibt<br />
es massive Unterschiede: Erstens gibt es<br />
große Ressourcenunterschiede zwischen<br />
verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen<br />
und Interessen. Dies gilt nicht nur für<br />
fi nanzielle Ressourcen, sondern auch für<br />
soziales und kulturelles „Kapital“. Zwei-<br />
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