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102 MORgeN<br />
the mASter<br />
Paul Thomas An<strong>de</strong>rson bittet Joaquin Phoenix und Philip Seymour Hoffman zum Tanz – in einem<br />
faszinieren<strong>de</strong>n Film über die menschliche Natur und die Frage, wie sie sich unter Einfluss verhält.<br />
zwar wur<strong>de</strong> Regisseur Paul Thomas An<strong>de</strong>rson<br />
für seinen ausufern<strong>de</strong>n Episo<strong>de</strong>nfilm<br />
»Magnolia« (1999) mit Tom Cruise<br />
so überschwänglich gelobt, wie man ihn<br />
für die upton-Sinclair-Adaption »There<br />
Will Be Blood« (2007) mit Preisen überhäufte.<br />
Doch während bei Ersterem die fast schon<br />
zwanghaft originelle Dramaturgie mitunter<br />
nervte, war es bei Letzterem Daniel Day-Lewis’<br />
theatralisches Spiel, das An<strong>de</strong>rson nicht<br />
in <strong>de</strong>n Griff bekam. Das mag auch seiner vorliebe<br />
für starke Performances geschul<strong>de</strong>t sein.<br />
Ihr verdankte Adam<br />
— INtRO<br />
pRäSENtIERt<br />
pREVIEwS<br />
AM 18. FEBRuAR IN<br />
MÜNCHEN, KÖLN,<br />
HA<strong>MB</strong>uRG, BERLIN,<br />
FRANKFuRT.<br />
MEHR INFOS:<br />
INTRO.DE/PREvIEWS<br />
Sandler die Chance,<br />
als Hauptdarsteller<br />
in An<strong>de</strong>rsons bis<br />
dato bestem Film<br />
»Punch-Drunk<br />
Love« (2002) einmal<br />
sein ganzes Können<br />
abrufen zu dürfen.<br />
So konnte einem<br />
angesichts Paul Thomas An<strong>de</strong>rsons jüngstem<br />
vorhaben durchaus mulmig wer<strong>de</strong>n: Mit Philip<br />
Seymour Hoffman und Joaquin Phoenix<br />
engagierte er zwei Stars, die nicht gera<strong>de</strong> für<br />
ihre zurückhalten<strong>de</strong> Art bekannt sind, um seine<br />
Annäherung an die Lebensgeschichte von<br />
Scientology-Grün<strong>de</strong>r Ron L. Hubbard zu realisieren.<br />
Phoenix spielt im ersten Hollywood-Job<br />
nach <strong>de</strong>r »I’m Still There«-Mockumentary <strong>de</strong>n<br />
Drifter Freddy Quell. Der Soldat kehrt aus <strong>de</strong>m<br />
Zweiten Weltkrieg heim und irrt durch <strong>de</strong>n Frie<strong>de</strong>n,<br />
bis er auf <strong>de</strong>m Schiff lan<strong>de</strong>t, wo Lancaster<br />
Dodd gera<strong>de</strong> das Manifest einer neuen Bewegung<br />
verfasst. Dodd ist wie <strong>de</strong>r echte Hubbard<br />
ein freigeistiger Schwadroneur, <strong>de</strong>ssen Techniken<br />
<strong>de</strong>r Beherrschung und Selbstbeherrschung<br />
große Faszination auf seine umgebung ausüben.<br />
Der Guru wie<strong>de</strong>rum wird angezogen von Quells<br />
unbeugsamkeit, die ihn herausfor<strong>de</strong>rt, <strong>de</strong>ssen<br />
Alkoholismus zu heilen. Hoffman läuft in diesem<br />
Duell zu großer Form auf, Phoenix steht<br />
ihm in nichts nach, An<strong>de</strong>rson lässt ihnen bei<br />
<strong>de</strong>r Auseinan<strong>de</strong>rsetzung viel Leine. Quell hat<br />
Schwierigkeiten, sich in Dodds Gemein<strong>de</strong> zu<br />
integrieren, und sorgt an<strong>de</strong>rerseits mit Gewaltausbrüchen<br />
dafür, dass Dodd seine sporadisch<br />
auftauchen<strong>de</strong>n Kritiker nicht selbst mundtot<br />
machen muss, während <strong>de</strong>r Meister sich von<br />
frem<strong>de</strong>n Autoritäten ebenfalls nichts sagen lassen<br />
möchte. Wenn man <strong>de</strong>n großen Einfluss von<br />
Scientology – nicht nur in Hollywood – be<strong>de</strong>nkt,<br />
keine unwichtigen Details. Daneben glänzt aber<br />
letztlich auch An<strong>de</strong>rson im Regiestuhl und am<br />
Schnittpult, von wo aus er die Darstellungen <strong>de</strong>r<br />
bei<strong>de</strong>n im Zaum hält, um alle Ambivalenzen<br />
zum Gleichnis zu bün<strong>de</strong>ln, <strong>de</strong>ssen Intensität<br />
selbst Scientology-Galionsfigur Tom Cruise<br />
beim exklusiven vorab-Screening nicht kalt<br />
gelassen haben dürfte. Auch wenn es heißt, er<br />
sei nicht durchweg begeistert gewesen.<br />
Wolfgang Frömberg<br />
— »THE MASTER« (uSA 2012; R: PAuL THOMAS<br />
ANDERSON; D: JOAQuIN PHOENIX, PHILIP SEYMOuR<br />
HOFFMAN; KINOSTART: 21.02.13)