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090 MORgeN<br />

ab, ging’s zurück ans Instrument und – welche<br />

Erleichterung – alles noch im Lot. Zur Feier <strong>de</strong>s<br />

Tages nahm Frahm neun Stücke auf, die er nun<br />

als Minialbum »Screws« gratis im Netz verteilt.<br />

Stilistisch bewegt sich <strong>de</strong>r Wahl-Berliner ganz in<br />

<strong>de</strong>r Nähe seines luftigen letzten Albums »Felt«.<br />

Wie sonst nur wenigen gelingt es Frahm und<br />

seinem Erased-Tapes-Labelkollegen Olafur<br />

Arnalds aktuell hervorragend, <strong>de</strong>r Klassik <strong>de</strong>n<br />

angestaubten Ruf zu entreißen. Diese Musik<br />

ist lebendig und lei<strong>de</strong>nschaftlich, aka<strong>de</strong>mische<br />

Bildung ist hier kein Zulassungskriterium. und<br />

auch wenn man für das Adjektiv regelmäßig<br />

mit Rutenschlägen rechnen darf, sei <strong>de</strong>r Klang<br />

»verträumt« genannt. Minimalistisches Klavier<br />

zum Genießen. Na dann: Daumen hoch!<br />

Bastian Küllenberg<br />

gALLopS<br />

»yours sincereLy, dr. Hardcore«<br />

BLOOD & BISCuITS / AL!vE / vÖ 08.02.13<br />

TEChnOId / FuzzBOx / POSTrOCK<br />

Wer beim Schlagwort<br />

Postrock immer noch<br />

assoziativ auf ausla<strong>de</strong>n<strong>de</strong><br />

Epik, labyrinthische Arrangements<br />

und verspielte<br />

Kauzigkeit gepolt ist, für<br />

<strong>de</strong>n könnte das Debütalbum<br />

<strong>de</strong>r Waliser Instrumentalband Gallops<br />

ein mittleres Erweckungserlebnis bereithalten.<br />

Nicht dass die vermengung von muskulös riffen<strong>de</strong>n<br />

Gitarren und repetitiver Elektronik per<br />

se son<strong>de</strong>rlich revolutionär wäre. Da seien die<br />

Götter <strong>de</strong>s Krautpantheons vor. Erfrischend<br />

ist aber, wie konsequent Gallops auf genretypische<br />

an- und abschwellen<strong>de</strong> Ambientscapes<br />

und betören<strong>de</strong> Atmokaska<strong>de</strong>n zugunsten von<br />

fast schon technoi<strong>de</strong>r Eintrübung verzichten.<br />

So stringente, trockene und schmucklos-präzise<br />

Grooves, so funktionale, aber nie stumpfe<br />

Strukturen in Kombination mit minimalistischen<br />

Hooklines dürften auf <strong>de</strong>m Dancefloor<br />

sogar noch euphorisieren<strong>de</strong>r wirken als im<br />

Pit o<strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r Indie-Gelehrtenstube. Hätten<br />

Tortoise anno Tobak ihren Sound anstatt mit<br />

jazzigem Xylofongetupfe mit <strong>de</strong>m Katalog <strong>de</strong>s<br />

Kompakt-Labels und fauchen<strong>de</strong>r Fuzzbox angereichert,<br />

das Resultat wäre wohl ein Ähnliches<br />

gewesen. Befreiend intensiv.<br />

Ulf Imwiehe<br />

AdAm green & binKi ShApiro<br />

»adam Green & binKi sHaPiro«<br />

CONCORD / uNIvERSAL<br />

SChnuLz / BEAT / IrOnIE<br />

Jahrelang habe ich mich<br />

gefragt, ob hinter diesem<br />

ganzen Abgefeiere<br />

von Adam Green, <strong>de</strong>ssen<br />

Dada-Gedichten und<br />

<strong>de</strong>m gelangweilt-lasziven<br />

Indie-Crooner-Status<br />

tatsächlich mehr steckt, als mir bis dato zu<br />

erkennen erlaubt war. Die Antwort lautet nun<br />

<strong>de</strong>finitiv: Ja! und das kommt vor allen Dingen<br />

durch seine Duettpartnerin Binki Shapiro<br />

(Little Joy) zu Gehör. Das blon<strong>de</strong> It-Magazin-<br />

Covergirl mit <strong>de</strong>r beson<strong>de</strong>rs unbeschwert-charmanten<br />

Stimme verleiht <strong>de</strong>n naiv inszenierten<br />

Kompositionen von Adam Green ein echtes<br />

musikalisched Rückgrat, ohne ironische Diskreditierungsversuche<br />

aus <strong>de</strong>n eigenen Reihen<br />

zu provozieren. »60s-Folk-Pop« nennen sie es<br />

selbst. Wir bringen einfach »The Graduate«, die<br />

junge Nancy Sinatra und Lee Hazlewood, ein<br />

paar leichtfüßige Surfgitarren und alle musikalischen<br />

»Nebenbei-Projekte« von Shapiro und<br />

Green unter einen Hut und kommen schnell<br />

zu einem ähnlich guten Ergebnis: Dies muss<br />

gleichzeitig die belangloseste und be<strong>de</strong>utendste<br />

Platte <strong>de</strong>s noch sehr jungen Jahres sein!<br />

Klaas Tigchelaar<br />

gui<strong>de</strong>d by voiceS<br />

»tHe bears For LuncH«<br />

FIRE / CARGO<br />

WürdE / ALTErn / huMOr<br />

Diese Band ist nicht weniger<br />

als irrwitzig. En<strong>de</strong><br />

2010 haben sich die Lo-Fi-<br />

Ikonen Gui<strong>de</strong>d By voices<br />

wie<strong>de</strong>rvereinigt, 2011 eine<br />

Reihe Konzerte gespielt,<br />

und ein Jahr später haben<br />

sie bereits drei Alben veröffentlicht. Dass noch<br />

zwei Soloalben ihres Sängers Robert Pollard<br />

dazukommen, ist da nur das Tüpfelchen auf<br />

<strong>de</strong>m i. Nüchtern betrachtet haben sich die ewigen<br />

Daytonians nur mo<strong>de</strong>rnen Produktionsbedingungen<br />

angepasst – auf ihre Weise: Wenn<br />

etwas fertig ist, wird es umstandslos rausgehauen,<br />

nur eben nicht im Internet, son<strong>de</strong>rn auf<br />

<strong>de</strong>n traditionellen Trägermedien. Erstaunlich<br />

ist da nur, was für eine hohe Qualität diese<br />

Releases besitzen, auch trotz <strong>de</strong>s Alters <strong>de</strong>r<br />

Bandmitglie<strong>de</strong>r, das bei an<strong>de</strong>ren zumeist nur<br />

noch Schmock und Rockismen unterstützt.<br />

Denn »The Bears For Lunch« ist, und sei es<br />

noch so schnell und beiläufig aufgenommen,<br />

ein Album, das sich in die Schlange <strong>de</strong>r GBv-<br />

Klassiker aus <strong>de</strong>n 1990er-Jahren einreiht. Mit<br />

kryptischen, leichtfüßigen, albernen Texten<br />

und mit Lust heruntergeschrubbten Songs und<br />

Skizzen und immer wie<strong>de</strong>r diesen Harmonien,<br />

die, obschon Jahrzehnte alt, bei dieser Band<br />

nichts an Wirkung einbüßen. Tobin Sprout<br />

setzt als Ko-Songwriter mit seinen Songs wie<strong>de</strong>r<br />

angenehme Spitzen unter <strong>de</strong>n insgesamt 19<br />

ansonsten von Pollard geschriebenen Stücken.<br />

Man könnte ewig so weiterschreiben, so, als<br />

wäre man mitten in <strong>de</strong>n 1990ern. Aber wir<br />

schreiben das Jahr 2013, und nichts, überhaupt<br />

nichts scheint <strong>de</strong>r Klasse dieser Band etwas<br />

anhaben zu können.<br />

Christian Steinbrink<br />

hAppy hAndS cLub »ParKinG Lot«<br />

LuXuRY<br />

JunG / FrEundLICh / SChWEdEn<br />

Was wäre die Popmusik,<br />

wenn es auf <strong>de</strong>r Welt<br />

nicht so viele unverstan<strong>de</strong>ne<br />

Künstlerseelen gäbe?<br />

Auch <strong>de</strong>r Göteborger Ricky<br />

Sokhi zählt zu ihnen. Nur<br />

gut, dass sich sein Zimmer<br />

schnell mit Freun<strong>de</strong>n füllte, die gemeinsam mit<br />

ihm zu <strong>de</strong>n Instrumenten griffen. und genauso<br />

freundlich wie diese Entstehungsgeschichte<br />

klingt auch die Musik von »Happy Hands Club«,<br />

verträumter Indiepop mit Shoegaze-Anleihen,<br />

tanzbar und trotz<strong>de</strong>m manchmal träge wie ein<br />

Sommertag. Musik, die für die Indiedisco geboren<br />

ist, Songs, die Mädchen mit Schnürschuhen<br />

und alten Le<strong>de</strong>rtaschen bei einem weinseligen<br />

Abend mit Freun<strong>de</strong>n laufen lassen könnten.<br />

Gebrochen wird diese ganze Nettigkeit durch<br />

teilweise bitterböse Texte: Zwischen heiterem<br />

Summen trällert Sokhi Zeilen wie »I hope you<br />

die«. Happy Hands Club zelebrieren die Rache<br />

<strong>de</strong>s Außenseiters, beson<strong>de</strong>rs schön im vi<strong>de</strong>o<br />

zum wohl stärksten Song »Can’t Win This«. Es<br />

gibt also im fröhlichen Heileweltszenario von<br />

Happy Hands Club auch dunkle Ecken, unter<br />

je<strong>de</strong>r gut gelaunten Melodie versteckt sich ein<br />

düsterer Beat – und genau das macht »Parking<br />

Lot« so hörenswert.<br />

Aida Baghernejad<br />

SchorSch KAmerun<br />

»<strong>de</strong>r menscH Lässt nacH«<br />

BuBACK / INDIGO<br />

BühnE / vITAMInE / SOuL<br />

Schorsch Kamerun macht<br />

nicht nur in teurem Obst<br />

son<strong>de</strong>rn auch schon lange<br />

Theater. Die musikalische<br />

Essenz seiner Arbeit aus<br />

fünf Stücken und Bühnenprojekten<br />

<strong>de</strong>r jüngeren<br />

vergangenheit (»Das En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Selbstverwirklichung«,<br />

»Der entkommene Aufstand«,<br />

»Die verschwun<strong>de</strong>nen von Altona«, »München<br />

komplett«, »Sen<strong>de</strong>r Freies Düsseldorf«) steht mit<br />

»Der Mensch lässt nach« endlich auch abseits<br />

<strong>de</strong>r Bühne zur verfügung. Charmant dissonant<br />

im Sound lässt Schorsch textlich dabei kaum ein<br />

aktuell relevantes Themenfeld <strong>de</strong>s Grauens und<br />

unbehagens unberührt: Ägypten, Jemen, Gesundheit,<br />

umwelt, Werbung, Soziale Netzwerke<br />

und mehr. Haken links, Haken rechts, uppercut<br />

und von vorne. Hier will nichts gefallen, hier<br />

muss einfach alles. »Warum ich das hier mache?<br />

Warum ich hier… all diese Lautsprecher<br />

aufbaue? ich versuche… ich versuche mich zu<br />

beruhigen.« Klare Worte. und klare Empfehlung,<br />

auch wenn‘s wenig hilft: vitamin C für<br />

alle, die die kalten Tage fühlen o<strong>de</strong>r fürchten.<br />

Roman Sobota

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