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Q<br />

uentin, erzählt »django unchained« ein Stück<br />

amerikanische Geschichte?<br />

Für mich als Nachfahre von Cherokee-Indianern<br />

ist Amerika schuld an zwei großen Verbrechen:<br />

Das betrifft die Ausrottung <strong>de</strong>r Indianer und <strong>de</strong>n<br />

Sklavenhan<strong>de</strong>l, unter <strong>de</strong>m Afrikaner, Indianer und Jamaikaner<br />

fast 250 Jahre lang lei<strong>de</strong>n mussten. Ich wollte eine<br />

Abenteuergeschichte erzählen, aber sie sollte sich vor <strong>de</strong>m<br />

Hintergrund <strong>de</strong>s Sklavenhan<strong>de</strong>ls abspielen, sodass die Brutalität<br />

<strong>de</strong>ssen, was die weißen Amerikaner <strong>de</strong>n schwarzen<br />

angetan haben, <strong>de</strong>utlich hervortritt. Aber eigentlich war<br />

es noch tausend Mal schlimmer, als ich es zeigen konnte.<br />

Hätte ich es so gezeigt, wie es wirklich war, wäre <strong>de</strong>r Film<br />

unerträglich gewor<strong>de</strong>n.<br />

Im Kern han<strong>de</strong>lt es sich um eine Lovestory. War das vor zehn<br />

Jahren schon so, als du mit <strong>de</strong>m Projekt begonnen hast?<br />

Nein, es war zunächst eine simple Rachegeschichte. Die<br />

Story brauchte mehr Herz, fand ich. Django benötigte ein<br />

nobles Ziel, auch wenn die Absicht eines Sklaven, <strong>de</strong>n Herrn<br />

zu töten, schon eine sehr noble ist. Ich wollte mehr als nur<br />

Blutdurst zeigen. Die vorstellung, wie es ist, ein Sklave zu<br />

sein, war das eine. Aber stell dir vor, <strong>de</strong>r Sklave wird befreit,<br />

er bekommt Kleidung, <strong>de</strong>n Respekt eines einfachen Mannes.<br />

Ich wollte ihm wortwörtlich die Fesseln abnehmen, seine<br />

Entscheidungsfreiheit wie<strong>de</strong>rgeben und ihn zurückkehren<br />

lassen an <strong>de</strong>n Ort seiner Peinigung, um die Frau zu befreien,<br />

die er liebt.<br />

Warum gibt es in hollywood nicht mehr Filme zum Thema<br />

Sklaverei?<br />

Weil Amerika Angst hat. Man will sich nicht damit auseinan<strong>de</strong>rsetzen.<br />

Das mag euch Deutschen seltsam erscheinen.<br />

Ich meine, ihr habt euch alle mit eurer vergangenheit wie<strong>de</strong>r<br />

und wie<strong>de</strong>r auseinan<strong>de</strong>rsetzen müssen. So wie es viele an<strong>de</strong>re<br />

Nationen tun. Amerika hat es irgendwie geschafft, darüber<br />

hinwegzugehen. Selbst in <strong>de</strong>r Schule wird einem mehr über<br />

die Zeit <strong>de</strong>s Goldrauschs beigebracht als über die Sklaverei.<br />

Im Kino wollen die Leute unterhalten wer<strong>de</strong>n, und das<br />

Thema Sklaverei klingt nicht unbedingt nach einem unterhaltsamen<br />

Thema. Es wird eher ins Fernsehen abgeschoben.<br />

die hauptfigur bezieht sich auf Sergio Corbuccis Italowestern-Klassiker<br />

»django« aus <strong>de</strong>m Jahr 1966. Wie viel von<br />

einem Cowboy steckt in dir?<br />

Na ja, ich bin früher schon geritten, aber immer nur brav<br />

hinterher. »Kill Bill« hat in mir die Abenteuerlust geweckt.<br />

<strong>Als</strong>o ging ich vor sechs Jahren auf eine Pfer<strong>de</strong>safari in Botswana.<br />

Einen Monat zuvor lernte ich ernsthaft zu reiten. Am<br />

Anfang hatte ich echt Schiss, aber ich wur<strong>de</strong> verdammt gut<br />

darin. In Afrika haben wir Zebras mit <strong>de</strong>m Lasso gefangen,<br />

und ich war mit meinem Pferd immer dicht am Arsch <strong>de</strong>s<br />

Safarileiters. Ich habe es geliebt, aber danach sechs Jahre<br />

lang kein Pferd mehr geritten. <strong>Als</strong> ich es dann bei <strong>de</strong>n Dreharbeiten<br />

wie<strong>de</strong>r versuchte, lief es echt beschissen. Ich war<br />

nervös und hatte alles vergessen. Ich habe Jamie zugeguckt,<br />

wie er seinen Shit machte, habe Christoph zugesehen, wie<br />

er geritten ist, und bei mir gedacht: »Hach, ich war mal<br />

ein Cowboy.«<br />

Wie dreht man einen Spaghettiwestern?<br />

Einen richtigen Spaghettiwestern kann man heute nicht<br />

mehr drehen. Die Zeit ist vorbei. Außer<strong>de</strong>m gäbe es dann<br />

nicht so viele unterschiedliche Nationalitäten im Film, und<br />

wir hätten ihn in Armenien und nicht in Louisiana drehen<br />

müssen. Es war vielmehr <strong>de</strong>r Stil <strong>de</strong>s Spaghettiwesterns,<br />

<strong>de</strong>r mich interessiert hat. Meine Art, Filme zu drehen, hat<br />

sich diesem Stil sehr angenähert. Ich habe Elemente <strong>de</strong>s<br />

Spaghettiwesterns bereits in »Inglourious Basterds«, »Kill<br />

Bill« und »Pulp Fiction« verwen<strong>de</strong>t. Jetzt ist zufällig wirklich<br />

ein Western entstan<strong>de</strong>n.<br />

Wie steht es mit <strong>de</strong>r ursprünglich geplanten Langfassung<br />

<strong>de</strong>s Films? Wer<strong>de</strong>n wir sie jemals zu Gesicht bekommen?<br />

Nun, zunächst einmal sind alle meine Schauspieler sehr<br />

interessiert daran, <strong>de</strong>nn sie <strong>de</strong>nken, alle ihre guten Szenen<br />

wur<strong>de</strong>n rausgeschnitten. Aber ich befürchte, dass sich dadurch<br />

die gesamte Geschichte verän<strong>de</strong>rn wird. Alles, was<br />

ich herausgeschnitten hab, ist für <strong>de</strong>n Zuschauer ja nicht<br />

passiert. Ich mag »Django unchained« so, wie er ist, und<br />

ich möchte, dass ihn das Publikum so akzeptiert. Er wird<br />

in dieser Form auch auf DvD erscheinen, und dies ist die<br />

endgültige version <strong>de</strong>s Films. Aber ich kann mir vorstellen,<br />

dass ich irgendwann einmal eine längere Fassung <strong>de</strong>s Films<br />

ins Fernsehen bringen wer<strong>de</strong>, vielleicht als vierteiler mit<br />

jeweils einer Stun<strong>de</strong> Laufzeit.<br />

Wie hast du die Musik <strong>de</strong>s Films ausgewählt?<br />

Die Musikauswahl beginnt bereits im Schreibprozess und<br />

zieht sich durch die gesamte Produktionsphase. Ich habe die<br />

Musik <strong>de</strong>s Spaghettiwesterns ja bereits in meinen an<strong>de</strong>ren<br />

Film verwen<strong>de</strong>t – die Scores von Ennio Morricone und<br />

Louis Bacalov. Ich halte bei<strong>de</strong> für Genies. Hier setze ich sie<br />

erstmals in einem echten Western-Setting ein. Dabei kam<br />

ich immer wie<strong>de</strong>r auf Bacalovs »Django«-Score zurück. Er<br />

ist <strong>de</strong>r rote Fa<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>m Film seinen Zusammenhalt gibt.<br />

— »DJANGO uNCHAINED« (uSA 2012; R: QuENTIN TARANTINO; D: JAMIE<br />

FOXX, CHRISTOPH WALTZ, LEONARDO DICAPRIO; KINOSTART: 17.01.13)<br />

Heute 065<br />

Verbrechen<br />

Tatsächlich sprach<br />

Tarantino von<br />

»Holocausts«. Aber<br />

die Relativierung <strong>de</strong>s<br />

Holocausts ist selbst ein<br />

Verbrechen.<br />

Sergio Corbucci<br />

Neben <strong>de</strong>m 1927 geborenen<br />

und 1990 verstorbenen<br />

Regisseur <strong>de</strong>s stilprägen<strong>de</strong>n<br />

»Django« gibt es fünf weitere<br />

Filmemacher, die <strong>de</strong>m Italo-<br />

o<strong>de</strong>r Spaghettiwestern<br />

als Genre ihren beson<strong>de</strong>ren<br />

Stempel aufgedrückt haben.<br />

Wer ins Spaghettiwestern-<br />

Universum eintauchen<br />

möchte, sollte die Werke von<br />

Sergio Leone (1929-1989),<br />

Sergio Sollima (*1921),<br />

Enzo Barboni (1922-2002)<br />

o<strong>de</strong>r Tonino Valerii (*1934)<br />

auschecken.

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