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Bis die Frauen und Mädchen, die einem Team beitreten,<br />
tatsächlich fit sind für einen offiziellen Wettkampf (»Bout«),<br />
können Monate vergehen, erklärt Doro. Zunächst steht<br />
Fahrtraining auf <strong>de</strong>m Programm. Schon fahren, ohne umzufallen,<br />
will geübt sein. Dann wird Geschwindigkeit trainiert,<br />
sicheres Bremsen und Stürzen, Springen über Hin<strong>de</strong>rnisse<br />
und das Blockieren an<strong>de</strong>rer Spielerinnen. Sind die grundlegen<strong>de</strong>n<br />
Bewegungsabläufe gelernt, folgen eine Prüfung mit<br />
Praxis- und Theorieteil – und weitere Trainingsmonate in<br />
<strong>de</strong>r Intermediate-Gruppe unter Anleitung fortgeschrittener<br />
Spielerinnen. Erst wenn auch das geschafft ist, kann eine<br />
Spielerin das Team in Wettkämpfen vertreten. Bis zu dreimal<br />
pro Woche wird trainiert, erfahre ich von Doro.<br />
um uns herum auf <strong>de</strong>r Tribüne wird es jetzt immer enger,<br />
zu <strong>de</strong>n Fans <strong>de</strong>r Bombshells gesellen sich nun auch an<strong>de</strong>re<br />
Anhänger, die sich verhalten, wie das Fans auf Sportevents<br />
eben so tun: immer in <strong>de</strong>r Gruppe bleiben. Trinken. Die eigene<br />
Mannschaft anfeuern. Fotos machen. Jemand startet eine<br />
Laola-Welle, und es geht das Gerücht um, eines <strong>de</strong>r Teams<br />
habe einen männlichen Cheerlea<strong>de</strong>r-Trupp mitgebracht.<br />
Nach <strong>de</strong>m zweiten Bout erwarten mich Foxy Führer, die<br />
Grün<strong>de</strong>rin <strong>de</strong>r Berlin Bombshells, und Devilena, eine <strong>de</strong>r<br />
Spielerinnen, zum Interview. Die Zeit ist knapp, das nächste<br />
Spiel <strong>de</strong>r Bombshells wur<strong>de</strong> für 16 uhr angesetzt. Aber end-<br />
lich gibt es eine Gelegenheit, die beliebtesten Roller<strong>de</strong>rby-<br />
Gerüchte einem Reality-Check zu unterziehen! Zusammen<br />
setzen wir uns auf eine Bierbank im hinteren Teil <strong>de</strong>r Halle,<br />
während sich um uns herum die nächsten Teams bereits<br />
im Kreis aufgebaut haben und ihre Knie beugen und die<br />
Hüften <strong>de</strong>hnen. Was hat es also auf sich mit dieser ganzen<br />
Punkrock-Aggro-Feministen-Netzstrumpfhosen-Sache?<br />
Alles ist erlaubt?<br />
Roller<strong>de</strong>rby ist ein vollkontaktsport, betont Devilena gelassen,<br />
und wie in je<strong>de</strong>m vollkontaktsport gibt es Regeln.<br />
Erlaubt ist zum Beispiel das Anrempeln von Gegnerinnen<br />
mit <strong>de</strong>r Schulter o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Hüfte, verboten ist ein gezielter<br />
Stoß o<strong>de</strong>r Tritt mit Ellenbogen o<strong>de</strong>r Knie, wegen <strong>de</strong>r verletzungsgefahr,<br />
also nix mit ausgeschlagenen Zähnen. Die<br />
Spielerinnen stürzen immer mal wie<strong>de</strong>r, <strong>de</strong>shalb sind sie<br />
aber auch sehr gut gepolstert. Helm, Knie-, Ellenbogen-<br />
und Zahnschutz sind Pflicht und wer<strong>de</strong>n vor je<strong>de</strong>m Bout<br />
von <strong>de</strong>n Schiedsrichtern geprüft. Dass dieser Ellenbogenschutz<br />
mitunter Leo-Muster trägt, die Gesichter und Arme<br />
<strong>de</strong>r Spielerinnen mit silbernen Sternen o<strong>de</strong>r Totenköpfen<br />
verziert sind und unter <strong>de</strong>r Rüstung Netzstrumpfhosen<br />
o<strong>de</strong>r geringelte Söckchen hervorblitzen, bringt mich auf die<br />
Rockabilly-Sache zurück. Die Fans auf <strong>de</strong>n Tribünen sehen<br />
nach Subkultur aus: Tattoos, bunte Haare, Piercings, Plugs,<br />
roter Lippenstift. Welche Rolle spielt <strong>de</strong>r Style im Roller<strong>de</strong>rby,<br />
will ich von Devilena wissen. »Rockabilly ist häufig <strong>de</strong>r<br />
erste Zugang. Bei <strong>de</strong>n allerersten Spielen haben sich auch<br />
noch alle Spielerinnen geschminkt und in kurzen Röckchen<br />
und Netzstrumpfhosen gespielt. Mittlerweile<br />
spielen wir in Funktionskleidung, Laufhosen<br />
und Sporttrikots.«<br />
Für Foxy steht <strong>de</strong>r Spaß an <strong>de</strong>r Performance<br />
im vor<strong>de</strong>rgrund, und die könne eben mal mehr<br />
aggro, mal mehr Mädchen ausfallen: »Je<strong>de</strong>r hat doch Bock<br />
drauf, sich zurechtzumachen. Eine bemalt sich halt gerne,<br />
die an<strong>de</strong>re knallt sich Lippenstift drauf. Auf <strong>de</strong>m Track spielt<br />
das keine Rolle, da kann sich je<strong>de</strong>r ausprobieren. Wenn wir<br />
in <strong>de</strong>r umklei<strong>de</strong> sind, mache ich mir halt auch mal Löckchen<br />
o<strong>de</strong>r Nagellack. Nur Sekt trinken wir nicht, ist ja schließlich<br />
Sport.« Aggression – o<strong>de</strong>r zumin<strong>de</strong>st die Repräsentation von<br />
Aggression – scheint weniger wichtig zu sein. Dass einige<br />
<strong>de</strong>r Spielerinnen <strong>de</strong>nnoch versuchen, ihre Gegnerinnen<br />
auf <strong>de</strong>m Spielfeld einzuschüchtern, in<strong>de</strong>m sie hinter <strong>de</strong>m<br />
Rücken <strong>de</strong>r Schiedsrichter Grimassen schnei<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r die<br />
Zähne fletschen, lässt sich bei einigen Bouts beobachten.<br />
Heute 057<br />
»ist nicht<br />
viel mit Lady-<br />
Legs, wenn<br />
man roller<strong>de</strong>rby<br />
spielt«<br />
Paulina Pocket