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044 Heute<br />

Dopesmoker<br />

Album <strong>de</strong>r Stoner-Metal-<br />

Band Sleep aus <strong>de</strong>m Jahr<br />

1999, das im Wesentlichen<br />

aus einem einzigen über 60<br />

Minuten langen, extrem<br />

zähflüssigen Song namens<br />

»Dopesmoker« besteht, <strong>de</strong>r<br />

<strong>de</strong>n THC-Rausch unter<br />

mythologischen Gesichtspunkten<br />

thematisiert.<br />

London Records, das Label<br />

<strong>de</strong>r amerikanischen Band,<br />

erklärte es als unverkäuflich.<br />

Auch <strong>de</strong>r Versuch von Sleep,<br />

das Album etwas kürzer<br />

unter <strong>de</strong>m Titel »Jerusalem«<br />

herauszubringen, scheiterte<br />

am Wi<strong>de</strong>rwillen <strong>de</strong>s Labels.<br />

Sleep lösten sich frustriert<br />

auf. 2003 erschien das<br />

Album schließlich doch,<br />

mit ausnehmend positiver<br />

Resonanz. Wer »Dopesmoker«<br />

einmal gehört hat, wird<br />

nie mehr vergessen, dass <strong>de</strong>r<br />

Begriff »Stoner« von stoned<br />

kommt.<br />

architektonisch erzeugt wer<strong>de</strong>n. Das war allerdings äußerst<br />

anstrengend. Aber wenn man mit so strengen Parametern<br />

anfängt und dann auch noch das Gefühl bekommt, sie erfüllt<br />

zu haben, gewinnt man Sicherheit. Mit <strong>de</strong>m ersten Album<br />

fan<strong>de</strong>n wir so etwas wie eine Formel für unsere Musik.<br />

Chaos Forever<br />

Nach <strong>de</strong>m ersten Album kamen ausge<strong>de</strong>hnte Tourneen,<br />

die das straffe Reglement und die formelhafte Struktur <strong>de</strong>r<br />

Songs aufweichten. Die Shows waren wild. viel wil<strong>de</strong>r, als<br />

»Antidotes« auch nur ahnen ließ. Philippakis beschreibt das<br />

Debüt daher als trügerisches Dokument. Eine Art reines Destillat<br />

von <strong>de</strong>m, was die Foals face to face mit <strong>de</strong>m Publikum<br />

auf zahlreichen Hauspartys veranstalteten. Dort herrschte<br />

allgemeines Chaos, ein Zustand, an <strong>de</strong>m die Band schnell<br />

Gefallen fand. Das Folgealbum »Total Life Forever« zeigte<br />

<strong>de</strong>n ursprünglich klinisch kalten Sound <strong>de</strong>r Band verseucht<br />

mit Dreck, verfall und Lo-Fi. Alles Attribute, mit <strong>de</strong>nen sich<br />

die fünf jungen Männer, die das Album in einem düsteren<br />

Keller in Oxford eingespielt hatten, besser i<strong>de</strong>ntifizieren<br />

konnten als mit <strong>de</strong>m »Schlaue Jungs«-Image, das sich Presse<br />

und Fans von ihnen gebil<strong>de</strong>t hatten. Die Foals hatten keine<br />

Lust, von Langeweilern vereinnahmt zu wer<strong>de</strong>n. Auch das<br />

gern bemühte Bild <strong>de</strong>r Band, die zusammen in einem Haus<br />

lebt, um sich ganz <strong>de</strong>r Kunst zu widmen, war wohl eher<br />

etwas zu romantisch. Philippakis beschreibt die Wohnsituation<br />

während <strong>de</strong>r Aufnahmen zu »TLF« heute schlicht<br />

als »abgefuckt«, Smith als »grausig«. Meine Frage, ob die<br />

Band gerne <strong>de</strong>n eigenen Mythos <strong>de</strong>montiere, quittiert <strong>de</strong>r<br />

Sänger dann auch mit einem süffisanten Grinsen.<br />

YP: Es ist schön, ganz beiläufig die eigene vergangenheit zu<br />

beleidigen. Das erzeugt Risiko, und dadurch bleibt es spannen<strong>de</strong>r.<br />

Wenn wir keine Aufregung mehr spüren könnten,<br />

wäre es ziemlich fa<strong>de</strong>, hier zu sitzen. <strong>Als</strong>o ist das einfach<br />

notwendig, sozusagen evolutionär.<br />

Aber man muss dabei doch auch eine vision haben.<br />

YP: Ja, aber wir glauben an unsere Qualitätskontrolle und<br />

achten auf neue Inspirationen. Wenn uns allen genau dasselbe<br />

gefällt, hat das was zu be<strong>de</strong>uten. Diesmal schwebten<br />

uns zum Beispiel ein generell langsameres Tempo und<br />

klebrigere Grooves vor.<br />

Was hat sich <strong>de</strong>nn sonst geän<strong>de</strong>rt, was die Inspiration<br />

angeht?<br />

YP: Ich bin jetzt sechs Jahre älter und lese nicht mehr dasselbe<br />

wie zu Zeiten von »Antidotes«. Heute bevorzuge ich<br />

einen prägnanten Schreibstil, wie man ihn bei Raymond<br />

Carver, Jonathan Franzen und David Foster Wallace fin<strong>de</strong>t.<br />

Diese Autoren verfolgen eine emotionale Aufrichtigkeit, die<br />

sich nicht hinter Ironie versteckt. unsere Kultur ist durchsetzt<br />

von Ironie und <strong>de</strong>r Distanz zwischen sich selbst und<br />

echten Gefühlen. Ernsthaftigkeit gilt als zutiefst uncool.<br />

Aufrichtigkeit, Direktheit und echte Emotionalität sollten<br />

geför<strong>de</strong>rt wer<strong>de</strong>n. Ohne das jetzt zu pompös klingen<br />

zu lassen, aber menschliche Interaktionen retten Leben.<br />

Deswegen halte ich die Texte jetzt weniger abstrakt. Texte<br />

haben Sinn und Nutzen.<br />

Dürre Jungs mit wackeln<strong>de</strong>n Ärschen<br />

Was bei Philippakis theoretisch klingt, erwacht auf »Holy<br />

Fire« zu Leben. Hatte »Total Life Forever« noch eine hilflos<br />

melancholische Hauptstimmung, treten die Foals nun<br />

<strong>de</strong>utlich kräftiger, kühner und ein<strong>de</strong>utiger auf. Philippakis<br />

bezeichnet die neue Platte als »verwegen«. Laut Smith<br />

entstammt sie einem weitaus gesün<strong>de</strong>ren umfeld als ihre<br />

vorgänger. vor allem <strong>de</strong>r Einfluss von Flood & Moul<strong>de</strong>r sei<br />

in seiner Tragweite noch gar nicht abzuschätzen. Smith<br />

sieht die Gabe <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n Produzenten in ihrer Fähigkeit,<br />

Ten<strong>de</strong>nzen in Künstlern freizulegen, die von ihnen selbst unbemerkt<br />

bleiben, sie aber genau <strong>de</strong>finieren. Mit entsprechend<br />

hohen Erwartungen kamen die Foals dann auch zur Arbeit.<br />

YP: Zu Beginn unserer Zusammenarbeit sagten wir Flood<br />

& Moul<strong>de</strong>r, dass wir eine anspruchsvolle Platte machen<br />

wollten. Mit vielen verschie<strong>de</strong>nen Klangfarben, und sie<br />

sollte gierig sein bis an die Grenze zur Zügellosigkeit. und<br />

zwar in <strong>de</strong>m Sinne, dass zwei Songs wie »Moon« und »My<br />

Number« auf einem Album sein können, obwohl sie das<br />

genaue Gegenteil voneinan<strong>de</strong>r darstellen. Wir wollten, dass<br />

wirklich je<strong>de</strong> Facette von uns vertreten sein wür<strong>de</strong>. Wir<br />

sprachen auch darüber, dass wir einen matten und rauhen<br />

Sound wollten, aber mit <strong>de</strong>r verwegenheit und Kraft einer<br />

Flood&Moul<strong>de</strong>r-Produktion.<br />

Ein gutes Beispiel dafür ist <strong>de</strong>r Song »Inhaler«, <strong>de</strong>n ihr<br />

bereits übers Internet veröffentlicht habt. Wie ist er entstan<strong>de</strong>n?<br />

YP: Wir hatten zwei Teile. Einerseits diesen abgehangenen<br />

Part, eine Art Madchester-Groove, <strong>de</strong>r fast an Primal Scream<br />

erinnert. Er bil<strong>de</strong>t jetzt die Strophe. Dieser Stil ist so etwas<br />

wie unsere I<strong>de</strong>e von arschwackeln<strong>de</strong>r Ghettomusik. Wir<br />

spielen viel in <strong>de</strong>n Staaten, und die Art und Weise, wie dort<br />

das Publikum tanzt ...<br />

JS: ... dürre weiße Jungs, die mit <strong>de</strong>m Arsch herumwackeln ...<br />

YP: ... das haben wir herausgearbeitet. Wir gingen nach<br />

Australien und haben in Sydney ein paar Sessions mit einem<br />

Typen namens Jono Ma a.k.a. Jagwar Ma gemacht. Er nahm<br />

uns mit zum Haus seiner Freundin, das an einem Fluss lag.<br />

Wir hingen dort herum, während er überall Mikrofone aufstellte.<br />

Es gab einige indonesische Perkussionsinstrumente<br />

und an<strong>de</strong>res Zeug, das so laut war, dass man die Musik<br />

über <strong>de</strong>n ganzen Fluss hören konnte. Wir waren gar nicht<br />

so lange dort, eine Woche vielleicht, aber da kam uns die<br />

I<strong>de</strong>e, unseren Sound irgendwie verschwitzt und sumpfig zu<br />

gestalten, mit Insektengeräuschen auf <strong>de</strong>m Album.<br />

Ihr habt Insekten gesamplet?<br />

YP: Ja, die flogen da überall rum. Es gab auch viele Sei<strong>de</strong>nspinnen,<br />

die gol<strong>de</strong>ne Fä<strong>de</strong>n produzierten. Die Sachen, die wir<br />

dort aufnahmen, konnten wir alle nicht gebrauchen, aber<br />

was davon übrig blieb, war dieser verschwitzte Groove, <strong>de</strong>r<br />

die Grundlage zu »Inhaler« darstellte. und <strong>de</strong>r Hardrock-<br />

Riff, also dieser Stoner-Riff im Refrain ...<br />

Schön, dass du das Genre selbst erwähnst.<br />

YP: ... das ist doch Stoner Rock, o<strong>de</strong>r? Sleep, »Dopesmoker«!<br />

Den Part habe ich schon vor langer Zeit geschrieben, aber<br />

immer gedacht, dass er nicht zu Foals passt. Das zeigt, wie<br />

frei wir jetzt sind. Ästhetisch zu sensibel und vorsichtig zu<br />

sein stellt <strong>de</strong>n inneren Feind unserer Band dar. Deswegen<br />

planten wir, bei <strong>de</strong>n Aufnahmen zu »Holy Fire« dreister und<br />

verwegener vorzugehen, als wir es uns jemals erlaubt hatten.<br />

»Inhaler« eignet sich hervorragend, um aus <strong>de</strong>m Indie-Genre<br />

endgültig auszubrechen. Ich <strong>de</strong>nke, <strong>de</strong>r Stoner-rock-Part<br />

dürfte in manchen Kreisen auf wenig Gegenliebe stoßen.<br />

YP: Die Kids flippen aus <strong>de</strong>swegen. Oft heißt es: »Ich liebe<br />

diesen Song, aber was passiert <strong>de</strong>nn bitte an dieser Stelle?!«<br />

Aber auch »Spanish Sahara« musste sich erst durchsetzen.<br />

Das hat auch zunächst richtig wüten<strong>de</strong> Reaktionen<br />

bekommen, weil es nicht von <strong>de</strong>r ersten Sekun<strong>de</strong> an einen<br />

Dancebeat bot.

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