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Stück abgedunkelter Fantasyrock und wür<strong>de</strong><br />
einen prima Soundtrack für einen Film wie »Das<br />
letzte Einhorn« abgeben (wenn <strong>de</strong>n nicht schon<br />
die Band America gemacht hätte).<br />
Claudius Grigat<br />
tocotronic<br />
»Wie Wir Leben WoLLen«<br />
ROCKOTRONIC / vERTIGO / uNIvERSAL<br />
PrAChT / ErEIGnIS / dISTAnz<br />
Ja, mein Kind. Tocotronic<br />
wer<strong>de</strong>n nunmehr <strong>de</strong>r Jahre<br />
20 alt. Dieser Moment <strong>de</strong>r<br />
Erweckung, <strong>de</strong>n die Band<br />
sich und ihren Fans 1993<br />
schenkte, hat sich ausge<strong>de</strong>hnt.<br />
von <strong>de</strong>r reinen Situation<br />
zum stabilen Zustand. Aus <strong>de</strong>r Explosion<br />
wur<strong>de</strong> Gold. Im reinsten Sinne <strong>de</strong>s Metalls,<br />
erreichte doch die letzte Platte, »Schall und<br />
Wahn«, sogar erstmals Platz eins <strong>de</strong>r hiesigen<br />
verkaufscharts. Wo an<strong>de</strong>re Bands ihr kleines<br />
Fan- und Berechtigungsglück mit Redundanz<br />
<strong>de</strong>mütig verteidigen, liegt <strong>de</strong>r Fall bei <strong>de</strong>n vier<br />
Post-Hamburger Enten ganz an<strong>de</strong>rs. Tocotronic<br />
war und ist die schunkelige Liebe ihrer<br />
Anhänger nicht geheuer – im Gegensatz zu<br />
<strong>de</strong>n heutigen Trost- und verständnisarbeitern<br />
<strong>de</strong>s Deutschpop lag ihr Ziel nie im Schulterschluss,<br />
auch wenn man sich noch so abgeholt<br />
und eingela<strong>de</strong>n fühlen mag. Diese Distanz<br />
ehrt die Band und ist in Kombination mit <strong>de</strong>m<br />
Lowtzow’schen Genie und <strong>de</strong>r sympathischen<br />
Organik <strong>de</strong>s Arne/Rick/Jan-Torsos sicher auch<br />
<strong>de</strong>r Grund dafür, warum eine neue »Toco«-<br />
Platte auch im zwanzigsten Jahr noch so ein<br />
Ereignis darstellt. Obwohl streng genommen<br />
das Ereignis vor allem eine Entwicklung ist.<br />
Aus <strong>de</strong>r unmittelbarkeit <strong>de</strong>s Beginns wur<strong>de</strong> die<br />
Pracht, aus Punk wur<strong>de</strong> Feierlichkeit, und aus<br />
<strong>de</strong>m von <strong>de</strong>r Band heute beson<strong>de</strong>rs verhassten<br />
»authentischen« Ansatz wur<strong>de</strong> ein künstlerischer.<br />
(Wobei im jüngsten Interview mit <strong>de</strong>r<br />
FAZ die Band bereits ihre eigene Geschichte<br />
um<strong>de</strong>utet, man hätte schon damals das alles<br />
nicht so »echt« gemeint, Faulheit und kaputtes<br />
Mikro hätten das alles nur aus versehen produziert.<br />
Aber klar, Jungs!)<br />
Mit <strong>de</strong>n 17 Stücken auf »Wie wir leben wollen«<br />
schreitet die Entwicklung nun weiter voran:<br />
Die analoge Bandmaschinen-Soundästhetik<br />
ist wie geleckt (beziehungsweise eben nicht)<br />
und vermutlich Moses Schnei<strong>de</strong>rs Opus magnum.<br />
Aber liebe stets geschmähte, nerdige,<br />
schulterschlusswillige Toco-Fans, ganz ehrlich,<br />
was interessiert uns Sound? Wenn die Band uns<br />
schon auf Distanz lieben will, dann wenigstens<br />
her mit guten Songs. und da fällt auf, dass trotz<br />
eben 17 Stücken erstmalig <strong>de</strong>r all die Opulenz<br />
relativieren<strong>de</strong> Hit-and-Run-Polterer fehlt. So<br />
was wie »Stürmt das Schloss«, »Sag alles ab«.<br />
Konsequent, nur eine Absage mehr an die stets<br />
rationierte Griffigkeit. New-Toco-Romantic-<br />
Stücke wie »Pfad <strong>de</strong>r Dämmerung« erregen<br />
natürlich immer noch genug Aufsehen und<br />
Begeisterung. Nur wenn die Entwicklung weiter<br />
<strong>de</strong>r von Phantom Ghost (<strong>de</strong>m von-Lowtzow-<br />
Seitenprojekt) nachgeht und Das-Theaterloben<strong>de</strong>-Songs<br />
wie »Ich bin ein Neutrum von<br />
Be<strong>de</strong>utung« bald Standard sind, dann verzweifeln<br />
wir scheißblö<strong>de</strong>n Normalo-Fans langsam<br />
aber wirklich. Tocotronic! Wir sind bildbar und<br />
höflich, singen auch nur ganz leise mit, wenn’s<br />
Euch zu sehr nervt – aber wollen halt auch unser<br />
Recht. Auch wenn Ihnen jenes seit jeher immer<br />
schon anrüchig war. Fan kommt von Fanatiker,<br />
das wissen Sie selbst, also lassen Sie uns zu all<br />
Ihrer Pracht doch einfach auch geschehen.<br />
Linus Volkmann<br />
MORgeN 095<br />
tomAhAwK »oddFeLLoWs«<br />
IPECAC / SOuLFOOD / vÖ 01.02.13<br />
PATTOn / PATTOn / PATTOn<br />
Der arbeitssüchtigste<br />
Künstler in Rock? Natürlich<br />
Mike Patton. umso<br />
erstaunlicher, dass sich<br />
<strong>de</strong>r Multiinstrumentalist,<br />
Label-Entrepreneur und<br />
Wun<strong>de</strong>rsänger bei einem<br />
solchen Output an Projekten noch nie verzettelt<br />
hat. So nahe am hörerfreundlichen Fan-Service<br />
wie mit <strong>de</strong>m Quasi-Comeback-Album seiner<br />
zeitweise ruhen<strong>de</strong>n Band Tomahawk war Patton<br />
jedoch seit <strong>de</strong>n kommerziellen Höhenflügen<br />
von Faith No More nicht mehr. Was nicht heißt,<br />
dass hier gelangweilte alte Avantgar<strong>de</strong>säcke auf<br />
Nummer sicher riffen, um noch mal am welken<br />
Mainstream-Ruhm zu schnuppern. Dazu ist<br />
das aufgeräumt arrangierte Songmaterial bei<br />
aller Eingängigkeit zu spannend und aufwühlend.<br />
Allerdings klang Patton ewig nicht so<br />
selbstreferenziell und zeigt nebenbei, wie wenig<br />
die Welt eigentlich die Reformation seiner berühmten<br />
Ex-Band wirklich braucht. Denn das<br />
hier ist das Album, das Faith No More vor <strong>de</strong>m<br />
künstlerischen verfall hätte bewahren können.<br />
Ulf Imwiehe<br />
tuSq »HaiLuoto«<br />
STRANGE WAYS / INDIGO<br />
SChWELGEn / FInnLAnd / ShOEGAzE<br />
Erneut waren Tusq aus<br />
Hamburg und Berlin im<br />
fernen Hailuoto, Finnland.<br />
Diesmal, um das<br />
Nachfolgealbum zum<br />
Debüt »Patience Camp«<br />
einzuspielen. Erneut war