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086 MORgeN<br />
AppArAt »KrieG und Frie<strong>de</strong>n<br />
(music For tHeatre)«<br />
MuTE / GOODTOGO / vÖ 15.02.13<br />
drOnE / ThEATEr / TOLSTOI<br />
Was zieht so viele Musiker<br />
heute in <strong>de</strong>n ernsthaften<br />
Kulturbetrieb? Nicht nur<br />
Schorsch Kamerun und<br />
das Kollektiv HGich.T<br />
sind im Hochkulturbetrieb<br />
umtriebig (siehe Seite<br />
50), auch Sascha Ring alias Apparat zieht<br />
es in die subventionierten Theaterhäuser. In<br />
Zusammenarbeit mit <strong>de</strong>m Leipziger Regisseur<br />
Sebastian Hartmann ist im letzten Jahr das<br />
Gesamtkunstwerk »Krieg und Frie<strong>de</strong>n« entstan<strong>de</strong>n,<br />
zu <strong>de</strong>m Ring die Musik beigesteuert<br />
hat. Laut Presseinformationen han<strong>de</strong>lt es sich<br />
bei <strong>de</strong>m Stück um eine sehr freie und drastische<br />
Interpretation <strong>de</strong>s Tolstoi’schen Opus<br />
magnum. Die Musik gibt sich entsprechend<br />
schwermütig. Die Schlacht von Austerlitz wird<br />
zum Beispiel von düsteren Streichern begleitet,<br />
<strong>de</strong>zente Dronesounds sorgen in<strong>de</strong>s für die<br />
nötige verstörung. Ein Großteil <strong>de</strong>s Albums<br />
ist instrumental, akustische und elektronische<br />
Instrumente wer<strong>de</strong>n perfekt miteinan<strong>de</strong>r<br />
in Einklang gebracht. Insgesamt ist Ring ein<br />
Soundtrack gelungen, <strong>de</strong>r sich im Gegensatz<br />
zum kunststu<strong>de</strong>ntischen Kasperletheater von<br />
HGich.T auch unterhalb <strong>de</strong>r Fünf-Promille-<br />
Grenze ertragen lässt.<br />
Sebastian Ingenhoff<br />
Arbouretum<br />
»cominG out oF tHe FoG«<br />
THRILL JOCKEY / ROuGH TRADE<br />
STOA / BEdEuTSAMKEIT / BLuES<br />
Lang ist es her, dass Arbouretum<br />
letztmals an dieser<br />
Stelle Erwähnung fan<strong>de</strong>n.<br />
Sechs Jahre, um genau zu<br />
sein. Seit<strong>de</strong>m, seit ihrem<br />
Album »Rites Of uncovering«,<br />
hat sich viel getan,<br />
jedoch wenig geän<strong>de</strong>rt. Dave Heumann spielt<br />
mit seinem Bandprojekt immer noch hymnischverwegenen<br />
Blues- und Folkrock, <strong>de</strong>r weit mehr<br />
ist als üblicher Genre-Standard, son<strong>de</strong>rn regelmäßig<br />
in <strong>de</strong>r Lage ist, einen unwi<strong>de</strong>rstehlichen<br />
Sog tief in das Herzblut <strong>de</strong>s Oldschool-Rock<br />
auszulösen. Im vergleich zu <strong>de</strong>m sehr positiv<br />
rezipierten vorgängeralbum »The Gathering«<br />
lässt »Coming Out Of The Fog«, das mittlerweile<br />
sechste Album <strong>de</strong>r Band, grollen<strong>de</strong> Drone-<br />
Passagen etwas weiter hinter sich und orientiert<br />
sich stärker an klassischen und verstiegenen<br />
Psych-Rock-Motiven <strong>de</strong>r 1970er. Ihre atemrauben<strong>de</strong><br />
Aura und Tiefe haben Arbouretums acht<br />
neue Stücke aber nach wie vor, und das nicht<br />
zuletzt aufgrund von Heumanns allein schon<br />
eine Menge Atmosphäre tragen<strong>de</strong>m Minnesang.<br />
Arbouretum schaffen damit, was sonst nur we-<br />
nigen gelingt: Sie transportieren die unverbrämt<br />
klassische Emotionalität einer Epoche <strong>de</strong>s Rock<br />
in die Zeitlosigkeit.<br />
Christian Steinbrink<br />
A$Ap rocKy<br />
»LonG.Live.a$aP«<br />
RCA / SONY<br />
STYLE / PrOLL / hIT<br />
A$ap Rocky ist schon ein<br />
verdammt cooler Hund.<br />
Er hat gera<strong>de</strong> mal ein<br />
Mixtape und eine EP<br />
draußen, rappt vornehmlich<br />
über »Pussy, Money,<br />
Weed« und trotz<strong>de</strong>m können<br />
sich Berufsnörgler genauso auf ihn einigen<br />
wie Szene-Hipster o<strong>de</strong>r Autotune-Prolls. Dürfte<br />
daran liegen, dass A$ap nicht nur in Sachen<br />
Sounds und Style auf Höhe <strong>de</strong>r Zeit liegt, son<strong>de</strong>rn<br />
eben auch einen ausgesprochen guten<br />
Musikgeschmack sein eigen nennt. Immerhin<br />
produzierte einer <strong>de</strong>r spannendsten Produzenten<br />
<strong>de</strong>r letzten zwei Jahre sein Mixtape: Clams<br />
Casino. Zu<strong>de</strong>m featuret A$ap mit Drake, Joey<br />
Bada$$ und Kendrick Lamar auf seinem Debütalbum<br />
nicht weniger als die besten Rapper<br />
<strong>de</strong>r Stun<strong>de</strong>. Außer<strong>de</strong>m hat er sich Santigold<br />
für eine Hook besorgt und vor allem die Zusammenarbeit<br />
mit <strong>de</strong>m Dubstep Totengräber/<br />
Chartbreaker Skrillex funktioniert. Das alles ist<br />
eine verdammte Ansage. Auch wenn man drüber<br />
hinwegsehen muss, dass aus <strong>de</strong>m Hustensaft-<br />
Freund kein zweiter Nas mehr wird. Muss ja<br />
auch nicht, <strong>de</strong>r Rapper aus Harlem übernimmt<br />
eben ausschließlich verantwortung für die Party<br />
am Samstag. Mit <strong>de</strong>m Kater am Sonntag muss<br />
dann je<strong>de</strong>r wie<strong>de</strong>r für sich selbst klar kommen.<br />
Julian Gupta<br />
big boi »vicious Lies and<br />
danGerous rumors«<br />
DEF JAM / uNIvERSAL<br />
SOLO / rAP / vIELFALT<br />
Bei <strong>de</strong>m Rap-Duo OutKast<br />
schienen die Rollen jahrelang<br />
klar verteilt zu sein.<br />
André 3000 gab <strong>de</strong>n musikalischen<br />
Quergeist in<br />
obskuren Outfits, und Big<br />
Boi war <strong>de</strong>r bo<strong>de</strong>nständige<br />
Rapper – im rosa Pelzmantel. Seit<strong>de</strong>m sich das<br />
Duo vorübergehend trennte, hat sich zumin<strong>de</strong>st<br />
das Bild von Big Boi gewan<strong>de</strong>lt. Sein erstes Soloalbum<br />
war eine schwere Geburt, aber stilistisch<br />
weitaus offener als erwartet. Auf <strong>de</strong>r zweiten<br />
Platte wagt <strong>de</strong>r große Junge nun <strong>de</strong>n nächsten<br />
Schritt: Neben Rappern wie A$ap Rocky o<strong>de</strong>r<br />
Ludacris treten auch Indie-Electro-Größen als<br />
Gäste an. Stellt sich die Frage, was genau Little<br />
Dragon, Phantogram o<strong>de</strong>r Wavves an <strong>de</strong>r Seite<br />
<strong>de</strong>s Rappers aus Atlanta so veranstalten? Ganz<br />
einfach: Sie fügen sich ins Gesamtbild <strong>de</strong>r Platte<br />
schlüssig ein. Das spricht einerseits für die LP<br />
und Big Boi, <strong>de</strong>r sich locker zwischen <strong>de</strong>n Genres<br />
bewegt und hörbar Spaß an <strong>de</strong>r Sache hat. An<strong>de</strong>rerseits<br />
klingt »vicious Lies And Dangerous<br />
Rumors« so auch arg zusammengewürfelt. Dies<br />
ist wohl <strong>de</strong>r Preis, <strong>de</strong>n man für ein <strong>de</strong>rmaßen<br />
vielfältiges Album bezahlen muss.<br />
Julian Gupta<br />
JAKe bugg »JaKe buGG«<br />
MERCuRY / uNIvERSAL<br />
BOB / nOEL / GITArrE<br />
Im uK ist das <strong>de</strong>r ganz<br />
heiße Scheiß. Direkt auf<br />
die Eins eingestiegen in<br />
<strong>de</strong>n Charts. und natürlich<br />
blutjung, <strong>de</strong>r Typ aus<br />
Nottingham, gera<strong>de</strong> mal<br />
18. Hat alles, was man haben<br />
muss, um NME und Co. zu begeistern: Lad-<br />
Charme, arroganten Blick und <strong>de</strong>monstrative<br />
Zigarette auf allen Fotos, Irgendwie-Bob-Frisur<br />
und Noel Gallagher zum Fürsprecher. und das<br />
sind auch schon die Koordinaten für <strong>de</strong>n angeblich<br />
so frischen Sound: Die nölige Stimme<br />
klingt verdammt nach Irgendwie-Bob-Dylan (in<br />
ziemlich jung), die uptempo-Songs nach Ritchie<br />
valens und die Balla<strong>de</strong>n nach Oasis unplugged.<br />
Deswegen hat ihn Noel wahrscheinlich auch mit<br />
auf Tour genommen. Was das Ganze <strong>de</strong>nnoch<br />
»frisch« macht, ist wohl die Tatsache, dass es so<br />
konsequent nach vorgestern klingt – und so für<br />
»junge« Ohren ziemlich ungewohnt. Jake fin<strong>de</strong>t<br />
ja Bob Dylans aktuelles Album auch furchtbar,<br />
weil <strong>de</strong>r keine Songs mehr schreiben könne.<br />
Das – egal, wie man zu dieser Behauptung steht<br />
– kann Jake Bugg allerdings. und <strong>de</strong>swegen ist<br />
das letztendlich auch zu Recht <strong>de</strong>r heiße Scheiß!<br />
Claudius Grigat<br />
LeSLie cLio »GLadys«<br />
vERTIGO / uNIvERSAL / vÖ 08.02.13<br />
GruFT / AMY / rETrO<br />
Erster Gedanke: Geschichten<br />
aus <strong>de</strong>r Gruft! Zweiter<br />
Gedanke: Quatsch, schon<br />
zu Lebzeiten wur<strong>de</strong> Amy<br />
Winehouse’ Motown-Pop<br />
abgerippt, bis das saudumme<br />
Formatradio mit seiner<br />
noch dümmeren Playlist kam. Auch Leslie Clios<br />
Debüt kann sich nicht freisprechen, auf <strong>de</strong>n<br />
abgehangenen Retrosound-Hype <strong>de</strong>s letzten<br />
Jahrzehnts abzuzielen. Dennoch wirkt das hinter<br />
all <strong>de</strong>r fraglosen Berechnung nicht komplett<br />
leer und kalt, wie man es sonst so gewohnt ist.<br />
Man erschrickt fast, <strong>de</strong>nn das hier ist konstant<br />
gut, stellenweise sogar mehr als das. Der Hit<br />
»Told You So« hat <strong>de</strong>n Bo<strong>de</strong>n bereitet, jetzt kann<br />
mit dicker Hose das nächste Level beschritten<br />
wer<strong>de</strong>n. Es gibt nichts Richtiges im Falschen,<br />
aber immer wie<strong>de</strong>r paar gute neue Künstler, paar<br />
gute neue Platten. Diese ist eine davon. Übrigens<br />
mehr als eine Hand im Spiel und im Feuer hat