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068 Heute<br />
Hyperdub<br />
2004 von Dubstep-Pionier<br />
Ko<strong>de</strong>9 gegrün<strong>de</strong>tes Londoner<br />
Label, das mit Künstlern<br />
wie Burial, Zomby und The<br />
Bug stilprägend wirkte.<br />
2010 wur<strong>de</strong> Hyperdub mit<br />
einer eigenen »DJ-Kicks«-<br />
Veröffentlichung geehrt.<br />
Richard Formby<br />
Englischer Produzent,<br />
Toningenieur und Experimentalmusiker<br />
aus Leeds.<br />
Spielte in Bands wie The<br />
Jazz Butcher o<strong>de</strong>r Dakota<br />
Suite, als Gastmusiker unter<br />
an<strong>de</strong>rem auch bei Mogwai<br />
und Spacemen 3.<br />
A<br />
ls James Young, James Buttery und Ai<strong>de</strong>n Whalley<br />
im Juli 2012 das erste Mal zusammen ihr fertiges<br />
Album »News From Nowhere« hören, firmiert ihre<br />
Band Darkstar im Netz noch als Dubstep-Trio.<br />
Aber das, was gera<strong>de</strong> aus <strong>de</strong>n Boxen kommt, klingt<br />
kaum noch nach <strong>de</strong>m Genre. Die Protagonisten selbst hören<br />
darin vor allem die Zukunft. Sie haben die ursprüngliche<br />
I<strong>de</strong>e von Dubstep, nämlich, etwas »Neues und An<strong>de</strong>res zu<br />
erschaffen«, wie es James Buttery ausdrückt, über das Genre<br />
hinaus ernst genommen.<br />
ursprünglich 2007 von Young und Whalley als Duo gegrün<strong>de</strong>t,<br />
veröffentlichen die bei<strong>de</strong>n auf <strong>de</strong>m Label Hyper dub<br />
einige atmosphärische, subtil basslastige Singles und EPs. Die<br />
Mischung aus epischem Dubstep, uK Garage und voco<strong>de</strong>r<br />
sorgt für Aufsehen, ist aber noch vollständig im Kanon <strong>de</strong>s<br />
Labels eingebettet. Das än<strong>de</strong>rt sich mit <strong>de</strong>r Single »Aidy’s Girl<br />
Is A Computer«, die mit gezupfter Bass-Figur, sich langsam<br />
ausbreiten<strong>de</strong>n Synthieflächen und einer abgehackt singen<strong>de</strong>n<br />
Computerstimme so Eindruck macht, dass sie von <strong>de</strong>r<br />
britischen Tageszeitung Guardian zu einer <strong>de</strong>r Singles <strong>de</strong>s<br />
Jahres 2009 erklärt wird. Doch das Duo spürt, dass es mit<br />
künstlichen Stimmen kein ganzes Album gestalten möchte,<br />
und holt sich mit James Buttery ein drittes Mitglied an Bord.<br />
Durch Buttery än<strong>de</strong>rt sich <strong>de</strong>r Stil <strong>de</strong>r Band merklich: Aus<br />
Tracks wer<strong>de</strong>n Songs, in <strong>de</strong>nen sich Stil und Genre auflösen.<br />
Das Debütalbum »North« ist so auch mehr einem Gefühl<br />
verpflichtet als einem Genre – <strong>de</strong>r Melancholie.<br />
Mantras <strong>de</strong>r Zufrie<strong>de</strong>nheit<br />
Auch bei <strong>de</strong>r Beschreibung <strong>de</strong>s aktuellen zweiten Albums<br />
geht James Young zunächst auf die Stimmung ein: »Wir<br />
wollten weg von <strong>de</strong>r Melancholie«, klärt er mich mit schläfrigen<br />
Augen über die Grundprämisse <strong>de</strong>r Produktion auf.<br />
Der Weg dahin, erklärt er ruhig, sei einfach gewesen: »Mehr<br />
Rhythmus. Mehr Bewegung. Mehr Raum zum Experimen-<br />
tieren.« Young spricht unglaublich langsam. vielleicht ist<br />
er total breit, vielleicht ist sein zeitlupenartiges Gebaren<br />
auch das Ergebnis von langen Meditationsübungen. Letzteres<br />
wür<strong>de</strong> zu »Amplified Ease« passen, einer flimmernd<br />
ausufern<strong>de</strong>n Soundcollage, die auf »News From Nowhere«<br />
zu fin<strong>de</strong>n ist. In ihr fin<strong>de</strong>n sich selbst bestärken<strong>de</strong> Parolen<br />
wie »I’m fine on my own« o<strong>de</strong>r »Won’t complain« repetitiv<br />
wie Mantras eingearbeitet. Die Frage, ob diese fast<br />
zwanghafte Selbstaffirmation ironisch gemeint sei, verneint<br />
Young trocken. Er fügt hinzu, dass Meditation tatsächlich<br />
ein Thema während <strong>de</strong>r Aufnahmen gewesen sei. »Wir<br />
haben uns eine Dokumentation über George Harrison<br />
angeschaut. Er sprach viel über Mantras. Ich wusste das<br />
vorher gar nicht, aber wenn du meditierst, wie<strong>de</strong>rholst<br />
du immer <strong>de</strong>nselben Satz, <strong>de</strong>r dich in <strong>de</strong>in Inneres führt.<br />
vielleicht hat das unbewusst diesen Track beeinflusst. Der<br />
Text soll eine angenehme Geisteshaltung wi<strong>de</strong>rspiegeln.«<br />
Insofern steht »Amplified Ease«, ein Titel, <strong>de</strong>r sich in etwa<br />
mit »verstärkte Leichtigkeit« übersetzen lässt, bezeichnend<br />
für das ganze Album, <strong>de</strong>ssen träumerisch quirlige Struktur<br />
stets unaufdringlichem Optimismus verpflichtet ist. Dieser<br />
gipfelt in »A Day’s Pay For A Day’s Work«, <strong>de</strong>m potenziellen<br />
Hit <strong>de</strong>s Albums, <strong>de</strong>ssen anfangs zaghafte Klavierspur in<br />
einer Art gewarpten Beach-Boys-Feelgood-Song mün<strong>de</strong>t.<br />
Er ver<strong>de</strong>utlicht endgültig, wie ernst es Darkstar mit ihren<br />
»good vibrations« ist. So ernst, dass sie sich länger als ein<br />
Jahr in ein altes Steinhaus in West Yorkshire zurückzogen,<br />
um an ihrem Material zu arbeiten.<br />
Band allein in freier Wildnis? Klingt nach Grizzly Bear.<br />
Tatsächlich sind Darkstar mittlerweile sogar Labelkollegen<br />
<strong>de</strong>r Band aus Brooklyn. Allerdings fand <strong>de</strong>r Rückzug in<br />
die Einsamkeit angeblich nicht auf Drängen ihres neuen<br />
Labels Warp statt, son<strong>de</strong>rn freiwillig. Der Aufenthalt<br />
war laut Young teilweise extrem stressig, teilweise extrem<br />
langweilig und führte dazu, dass Darkstar fast pausenlos<br />
an ihrem merkwürdigen Sound herumdoktorten. Dieser<br />
erinnert in seiner liebevollen verschrobenheit zuweilen an<br />
Bands wie High Llamas o<strong>de</strong>r Stereolab, behält aber gleichzeitig<br />
Trends wie die momentan beliebte verschiebung<br />
von R’n’B ins Sphärische à la How To Dress Well im Auge.<br />
Dabei ist vor allem interessant, wie viel Sorgfalt auf die<br />
Nachbearbeitung von Butterys Stimme verwen<strong>de</strong>t wur<strong>de</strong>.<br />
Darkstar mögen keine klassischen Leadvocals, sie betten<br />
<strong>de</strong>n Gesang wie ein Instrument in ihren von perkussiven<br />
Synthieklängen beherrschten Sound ein. Eine wichtige<br />
Rolle spielen hierbei alte Bandmaschinen, die sie mithilfe<br />
ihres Produzenten Richard Formby so lange mit Wattestäbchen<br />
manipuliert haben, bis das Bandrauschen Teil<br />
ihrer Musik wur<strong>de</strong>. So haben die »News From Nowhere«<br />
einen auffällig kohärenten Klang, <strong>de</strong>n Young, Buttery und<br />
Whalley gerne in einer imaginären Zukunft verankert wissen<br />
wollen. Die sieht bei Darkstar positiv aus, wenn man<br />
Buttery zuhört: »die SongS drehen Sich oFt<br />
dArum, dASS mAn mit Sich im reinen iSt.<br />
dAS SpiegeLt unS SeLbSt wi<strong>de</strong>r.«<br />
— DARKSTAR »NEWS FROM NOWHERE«<br />
(WARP / ROuGH TRADE / vÖ 01.02.13)<br />
— AuF TOuR vOM 05. BIS 07.02.