Der Europäische Gesundheitsbericht - World Health Organization ...
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1 5 2 <strong>Der</strong> <strong>Europäische</strong> <strong>Gesundheitsbericht</strong> 2009<br />
darin, die zersplitterten Strukturen aus den Zeiten der Sowjetunion neu zu organisieren,<br />
eine mit umfassenden Befugnissen ausgestattete Behörde einzurichten, die für den Einkauf<br />
von Leistungen zuständig ist und neue Anreize für das System schafft, und die öffentlichen<br />
Mittel für die Finanzierung des Gesundheitswesens zu erhöhen. Angesichts der Tatsache, dass<br />
ein großer Teil der Arbeitskräfte im informellen Sektor tätig ist, war jedoch offensichtlich,<br />
dass die Lohnsteuer allein nicht ausreichen würde, um der Bevölkerung den erwünschten<br />
Leistungsumfang zur Verfügung zu stellen. Daher sah die Reform auch vor, dem neuen<br />
Krankenversicherungsfonds auch allgemeine Haushaltseinnahmen zur Verfügung zu<br />
stellen, damit auch konkret definierte Bevölkerungsgruppen, die keine Beiträge zahlen, in<br />
den Genuss der Leistungen kommen. Somit wurde die Krankenpflichtversicherung durch<br />
eine ungewöhnliche Kombination von Mitteln finanziert: Etwa zwei Drittel der vom Fonds<br />
verwalteten Mittel entstammten Zuweisungen aus allgemeinen Einnahmen und nur ca. ein<br />
Drittel stammte aus der Lohnsteuer (64).<br />
Ausgleich der Fragmentierung in Ländern mit mehreren konkurrierenden<br />
Versicherungsträgern: Schaffung eines Gleichgewichts zwischen dem<br />
Wettbewerb der Versicherungsträger und der Solidarität innerhalb der<br />
Gesellschaft<br />
In einigen Ländern der Region finden sich Krankenpflichtversicherungssysteme, die von<br />
mehreren konkurrierenden Versicherungsträgern verwaltet werden. Dies ist in Belgien,<br />
Deutschland, Israel, den Niederlanden, der Russischen Föderation, der Schweiz, der Slowakei,<br />
der Tschechischen Republik und neuerdings Georgien der Fall. Da in einem solchen System die<br />
verfügbaren Beiträge, die im Voraus für die Krankenversicherung entrichtet wurden, bewusst<br />
aufgeteilt werden, gefährdet der Wettbewerb die Solidarität und den Grad der Absicherung<br />
gegen Risiken, die auf der Grundlage der vorhandenen Finanzmittel gewährt werden können.<br />
Fast alle Länder mit einem solchen System haben Maßnahmen eingeführt, mit denen die<br />
beschriebenen potenziellen Folgen abgemildert werden sollen. In der Tschechischen Republik<br />
wird der Wettbewerb zwischen den Versicherern so gesteuert, dass für diese weniger Anreize<br />
bestehen, unter den Versicherungsnehmern eine Auswahl zu treffen oder bestimmte Personen<br />
zu diskriminieren. 1994 wurde ein Risikoausgleichsmechanismus eingeführt, der durch ein<br />
Gesetz aus dem Jahr 2003 deutlich verbessert und in den folgenden drei Jahren umgesetzt<br />
wurde. Mit diesem Instrument konnten einige Erfolge erzielt werden. Faktisch wurde ein<br />
virtueller nationaler Pool eingeführt, da fortan alle eingezahlten Beiträge beim Risikoausgleich<br />
berücksichtigt wurden, während zuvor nur ein partieller Risikoausgleich stattgefunden hatte.<br />
Ein wichtiges Ziel der Reform bestand darin, die Effizienz des Gesundheitssystems dadurch<br />
zu verbessern, dass die Versicherer dazu veranlasst werden, nicht um Versicherungsnehmer<br />
zu konkurrieren (in dem Bemühen, diejenigen Kunden zu gewinnen, bei denen mit hoher<br />
Wahrscheinlichkeit die erzielten Einnahmen die Kosten übersteigen), sondern beim Einkauf<br />
von Gesundheitsleistungen in Wettbewerb zu treten. Während es für die Versicherer bisher<br />
von Vorteil war, sich reiche, junge und gesunde Kunden auszusuchen, sind im neuen Modell<br />
mit einer solchen Selektion weniger Vorteile verbunden. Weil das reformierte System die<br />
Einnahmen der individuellen Versicherer und die Risikostruktur ihrer Versicherungsnehmer<br />
besser berücksichtigt, besteht seitens der Versicherer eine höhere Motivation, ihr<br />
Kostenmanagement und die allgemeine Qualität ihrer Leistungen zu verbessern und in<br />
diesen Bereichen in Wettbewerb zu treten. Zwar lässt sich bislang noch keine verbesserte<br />
Einkaufspraxis feststellen, doch muss, um die gezielte Kundenselektion der Versicherer zu<br />
minimieren, der Risikoausgleich ein hinreichendes Niveau erreicht haben (60).<br />
Halbherzige Reformen der Gesundheitsfinanzierung können dazu führen, dass der<br />
Geldfluss noch stärker fragmentiert wird, was Interessenkollisionen hervorrufen kann und