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Planspiel EU-27.pdf - studienstaette-muenchen.de

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Griechenland trat <strong>de</strong>r Europäischen Gemeinschaft 1981 als zehntes Mitglied bei. Das Land an <strong>de</strong>r<br />

Peripherie Europas ist längst fest in die <strong>EU</strong> integriert und die Union erfreut sich in Griechenland ähnlich wie<br />

in Italien und Spanien großer Beliebtheit. Antieuropäische Politik bzw. Wahlaussagen fin<strong>de</strong>n bei <strong>de</strong>n Bürgern<br />

keine Resonanz. Die Griechen wissen, was sie an <strong>de</strong>r <strong>EU</strong> haben: Zum einen politisch – das „Geburtsland“<br />

<strong>de</strong>r Demokratie fühlt sich in <strong>de</strong>r freiheitlichen Europa-Familie am richtigen Platz und weiß sich beson<strong>de</strong>rs in<br />

<strong>de</strong>r Auseinan<strong>de</strong>rsetzung mit <strong>de</strong>m großen Nachbarn Türkei (Zypern-Konflikt, Streit um Hoheitsrechte in <strong>de</strong>r<br />

Ägäis) als <strong>EU</strong>-Mitglied in einer besseren Position als <strong>de</strong>r <strong>EU</strong>-Kandidat Türkei. Zum an<strong>de</strong>ren wirtschaftlich -<br />

die bewilligten Finanzbeihilfen aus Brüssel beliefen sich z.B. von 2000 bis 2006 auf 25 Mrd. €.<br />

Dank vieler Jahre kräftigen Wachstums (1999 bis 2006 nahm das Bruttoinlandsprodukt (BIP) jährlich um ∅<br />

4,3 % zu (<strong>EU</strong>-15: ∅ 2,2 %), hat das Land in wirtschaftlicher Hinsicht <strong>de</strong>n Abstand an die 'alten' <strong>EU</strong>-<br />

Staaten fast halbiert. Das BIP pro Kopf <strong>de</strong>r Bevölkerung betrug in Griechenland 2009 23.200 €, was 95 %<br />

<strong>de</strong>s Durchschnitts <strong>de</strong>r <strong>EU</strong>-27 entsprach. Das Land ist auch heute noch sehr agrarisch geprägt, fast 17% aller<br />

Erwerbstätigen (<strong>EU</strong> ∅: 2%) sind in <strong>de</strong>r Landwirtschaft beschäftigt, die aber lediglich 7% <strong>de</strong>s BIP (<strong>EU</strong> ∅:<br />

4,5%) erwirtschaften. Griechenland verfügt zwar über einige wichtige Rohstoffe, die aber für einen Abbau im<br />

großen Stil zu wenig ergiebig sind, und muss v.a. die Hauptenergieträger Erdöl, Erdgas und Kohle<br />

weitgehend importieren. Die Unternehmen stellen zumeist wenig technologieintensive Produkte her und es<br />

fehlt <strong>de</strong>n überwiegend kleinen und mittleren Familienbetrieben an Kapital, z.B. um veraltete<br />

Produktionsanlagen zu mo<strong>de</strong>rnisieren o<strong>de</strong>r neue konkurrenzfähige Hightech-Produkte zu entwickeln und<br />

herzustellen. Deswegen erreichen die Ausfuhren bei weitem nicht das Niveau <strong>de</strong>r Einfuhren, und die <strong>de</strong>m<br />

Land entgangenen Deviseneinnahmen können nur durch die Einnahmen aus <strong>de</strong>m Tourismus ausgeglichen<br />

wer<strong>de</strong>n.<br />

Die Olympischen Spiele in Athen 2004 waren für das Land eine Herausfor<strong>de</strong>rung und eine Chance, seine<br />

Infrastruktur zu mo<strong>de</strong>rnisieren und auszubauen. Augenfälligstes Beispiel dafür ist <strong>de</strong>r Airport in Spata, mit<br />

<strong>de</strong>m Athen einen <strong>de</strong>r mo<strong>de</strong>rnsten und kun<strong>de</strong>nfreundlichsten Flughäfen in Europa besitzt. Den Schwung <strong>de</strong>s<br />

olympischen Jahres hat das Land beibehalten und versucht in <strong>de</strong>n Bereichen Bildung, Zukunftstechnologien<br />

(z.B. Solartechnik), erneuerbare Energien und Qualitätstourismus verstärkt zu investieren und damit weitere<br />

wirtschaftliche Erfolge zu begrün<strong>de</strong>n. Der wirtschaftliche Aufschwung wur<strong>de</strong> allerdings 2010 durch die hohe<br />

Staatsverschuldung mehr als gefähr<strong>de</strong>t. Der Finanzkrise wur<strong>de</strong> vorerst durch ein für drei Jahre<br />

beschlossenes Finanzhilfepaket <strong>de</strong>r Euro-Län<strong>de</strong>r über 110 Mrd. € begegnet.<br />

Griechenland hat sehr weitgehen<strong>de</strong> Vorstellungen für eine zukünftige Europäische Union, die "eine<br />

erfolgreiche wirtschaftliche und politische Union sein soll, ausgerüstet mit einer starken gemeinsamen<br />

außen- und verteidigungspolitischen Komponente" (Website <strong>de</strong>r griechischen Botschaft in Berlin).<br />

Griechenland ist mit an<strong>de</strong>ren <strong>EU</strong>-Staaten dafür, einen mit weitreichen<strong>de</strong>n Kompetenzen ausgestatteten <strong>EU</strong>-<br />

Außenminister zu berufen, damit die Union in Zukunft mit einer einheitlichen Stimme auf <strong>de</strong>m Gebiet <strong>de</strong>r<br />

Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik auftritt. Die <strong>EU</strong> muss nach Überzeugung <strong>de</strong>r Regierung in<br />

Athen auch in <strong>de</strong>r Lage sein, auf Bedrohungen von außen wehrhaft zu reagieren; <strong>de</strong>shalb ist man als ersten<br />

Schritt für <strong>de</strong>n Aufbau einer "Europäischen Schnellen Eingreiftruppe". Den Aufbau dieser eigenständigen<br />

<strong>EU</strong>-Truppe versteht man dabei nicht als Gegenpol zur NATO son<strong>de</strong>rn als <strong>de</strong>ren Ergänzung. Sie soll<br />

hauptsächlich für Kriseneinsätze und Frie<strong>de</strong>nsmissionen im Auftrag <strong>de</strong>r UNO zur Verfügung stehen und von<br />

einem Oberkommando ausschließlich aus <strong>EU</strong>-Offizieren geführt wer<strong>de</strong>n.<br />

Die griechische Furcht vor <strong>de</strong>r starken Regionalmacht Türkei ist noch nicht gänzlich <strong>de</strong>m Vertrauen in die<br />

neuen Herren am Bosporus gewichen. Es sind insbeson<strong>de</strong>re die ungelösten Streitfragen um Hoheitsrechte<br />

in <strong>de</strong>r Ägäis und die seit 1974 andauern<strong>de</strong> völkerrechtswidrige Besetzung <strong>de</strong>s Nordteils <strong>de</strong>r Insel Zypern<br />

durch türkische Truppen, die das Verhältnis <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n Staaten nach wie vor belasten. Griechenland verfolgt<br />

gegenüber <strong>de</strong>r Türkei eine Doppelstrategie: Einerseits sucht man die bilateralen Beziehungen zur Türkei zu<br />

verbessern und sprach sich darüber hinaus in <strong>de</strong>r <strong>EU</strong> für die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit <strong>de</strong>r<br />

<strong>EU</strong> aus. Auf <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Seite stellt man an eine zukünftige <strong>EU</strong>-Mitgliedschaft <strong>de</strong>r Türkei die klare<br />

Bedingung <strong>de</strong>r Wie<strong>de</strong>rvereinigung Zyperns und die einvernehmliche Beilegung <strong>de</strong>s Streits um Hoheitsrechte<br />

in <strong>de</strong>r Ägäis. Für Griechenland wäre eine Aufnahme <strong>de</strong>r Türkei in die <strong>EU</strong> dann ein strategischer Gewinn,<br />

wenn es <strong>de</strong>r <strong>EU</strong> im Zuge erfolgreicher Beitrittsverhandlungen gelänge, die Regierung in Ankara in ein<br />

Korsett von festen Regeln und Auflagen einzubin<strong>de</strong>n.<br />

Einen Gewinn an Stabilität für die gesamte Balkanregion, <strong>de</strong>r auch Griechenland angehört, wür<strong>de</strong> auch die<br />

Anbindung und spätere Integration <strong>de</strong>r Län<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s früheren Jugoslawien in die <strong>EU</strong> mit sich bringen. Als<br />

Griechenland von Januar bis Juni 2003 die Ratspräsi<strong>de</strong>ntschaft in <strong>de</strong>r <strong>EU</strong> innehatte, machte sich das Land<br />

erfolgreich zum Fürsprecher dieser Län<strong>de</strong>r, <strong>de</strong>nen auf <strong>de</strong>m Gipfel in Thessaloniki die europäische<br />

Perspektive eröffnet wur<strong>de</strong>, sobald sie sich ausreichend politisch und wirtschaftlich sowie in ihrem<br />

Justizwesen stabilisiert haben wür<strong>de</strong>n. Nicht zuletzt ist es Ziel griechischer Diplomatie, für die Assoziierung<br />

(= Heranführung durch Partnerschaftsabkommen) weiterer osteuropäischer Staaten mit <strong>de</strong>r <strong>EU</strong> zu werben.<br />

Der Ukraine und ihrer Bevölkerung, die beharrlich für die Vollendung <strong>de</strong>r Demokratisierung kämpft, fühlt sich<br />

Griechenland als das "Geburtsland <strong>de</strong>r Demokratie" beson<strong>de</strong>rs verpflichtet.<br />

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