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Weltseele und unendlicher Verstand - Salomon Maimon

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führungen <strong>Maimon</strong>ides’ 411 im Führer der Unschlüssigen geläufig. In einer Passage, die Mai-<br />

mon übersetzt <strong>und</strong> kommentiert hat, heißt es:<br />

„Da aber bewiesen wurde, daß Gott ein in Wirklichkeit tätiges Vernunftwesen ist <strong>und</strong> […] bei<br />

ihm schlechterdings nichts nur dem Vermögen nach vorhanden sein kann, <strong>und</strong> er nicht ein<br />

Wesen sein kann, welches einmal denkt <strong>und</strong> ein andermal nicht denkt, vielmehr immer ein in<br />

Wirksamkeit befindliches Vernunftwesen ist, so muß notwendig daraus folgen, daß er <strong>und</strong><br />

dieses gedachte Ding nur Eines sind, nämlich sein Wesen, <strong>und</strong> daß die Tätigkeit des Denkens<br />

selbst, vermöge welcher er ein Denkender genannt wird, das Wesen des Intellekts, nämlich<br />

sein Wesen ist. Somit ist er immer der Denkende, das Denken <strong>und</strong> das Gedachte.“ 412<br />

Aus <strong>Maimon</strong>s Interpretation der Dreieinigkeit als Identität von Gott, Welt <strong>und</strong> menschliche<br />

Seele (Versuch, 116 [206 f.]) ist ersichtlich, daß <strong>Maimon</strong> den unendlichen <strong>Verstand</strong> nicht nur<br />

als causa formalis, sondern auch als causa materialis auffaßt. Wie das Beispiel der arithmeti-<br />

schen Konstruktion bereits gezeigt hat, sind im Denken des unendlichen <strong>Verstand</strong>es Materie<br />

<strong>und</strong> Form einerlei. Jedoch nicht nur Materie <strong>und</strong> Form der von Gott gedachten Objekte sind<br />

einerlei, auch Gott als Subjekt selbst ist mit seinen Objekten identisch. In den Worten Mai-<br />

mons, der die betreffende Stelle in seiner Lebensgeschichte übersetzt hat, 413 ist der unendliche<br />

<strong>Verstand</strong> durch Subjekt-Objekt-Identität ausgezeichnet, d.h. er kann dadurch charakterisiert<br />

werden, „daß Gott, als vorstellendes Subjekt, seine Vorstellung, <strong>und</strong> das vorgestellte Objekt,<br />

Identifikation von göttlichem Intellekt (Metaphysik) <strong>und</strong> aktivem <strong>Verstand</strong> (Über die Seele) folgt. Im Gegensatz<br />

hierzu siehe jedoch Jaeger (1955), 411: „Die Form muß an die Spitze der Bewegung treten, <strong>und</strong> die höchste<br />

Form muß reiner Akt sein, durch <strong>und</strong> durch Bestimmtheit <strong>und</strong> Gedanke. Der Gedanke kann nichts Vollkommeneres<br />

denken als sich selbst. Denn als Ziel der Bewegung der ganzen Welt ist er notwendig das Vollkommenste<br />

was existiert, weil alles nach ihm strebt. Das sich selbst denkende Denken ist jedoch nicht ein rein formales, inhaltsloses<br />

Selbstbewußtsein, ein absolutes Ich im Sinne Fichtes.“ In dieser Interpretation könnte man <strong>Maimon</strong><br />

wieder mehr in der Nähe Aristoteles’ sehen.<br />

411 Daß <strong>Maimon</strong>ides sich eigentlich auf Al-Farabi beziehe, macht Altmann geltend: „Neither Aristotle nor Alexander<br />

[of Aphrodisias; F.E.] had spoken of the triunity of intellectus, intelligens and intellectum. <strong>Maimon</strong>ides<br />

took this formula, it would seem, from al-Fārābi who used it more than once.“ (Altmann [1987], 74).<br />

412 <strong>Maimon</strong>ides (1995), 1. Buch, 68. Kapitel, 260.<br />

413 <strong>Maimon</strong> hat diese Stelle gleichfalls in seinem hebräischen Kommentar Giv’at Hamoreh kommentiert, wo<br />

wiederum der Hinweis auf die Arithmetik gegeben wird: „hence, the intellectus, ens intelligens and the ens intelligibile<br />

are not only from the standpoint of intellectual from posited by cognition (as in Kant’s system) but also<br />

from the standpoint of the relationship of the intellectual form to the object of the <strong>und</strong>erstanding or of the sensibility;<br />

and thus the difference between the infinite Understanding, praised be he, and our <strong>und</strong>erstanding, as I<br />

have explained, will only be formal, that is, the infinite Understanding, praised be he, produces with the help of<br />

the forms of the <strong>und</strong>erstanding the objects themselves which are the intelligibilia. This possibility becomes evident<br />

in arithmetic where numbers are both intellectual forms and their objects as well.” (zit. nach Bergman<br />

[1967], 36 f.) Vgl. hierzu auch Bergman (1967), 210-215.<br />

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