Weltseele und unendlicher Verstand - Salomon Maimon
Weltseele und unendlicher Verstand - Salomon Maimon
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lassene Spuren“ (<strong>Weltseele</strong>, 67) sind. Das Aufhören <strong>und</strong> Wiederaufnehmen der Tätigkeit der<br />
Form (der eigenen Seele) ist nach <strong>Maimon</strong> dadurch zu erklären, daß<br />
„die <strong>Weltseele</strong> nach Beschaffenheit eines jeden Organs wirken, <strong>und</strong> widerum von ihrem Wirken<br />
nachlassen, <strong>und</strong> abermal zu wirken anfangen kann, so daß die nach dieser Unterbrechung<br />
folgende Wirkung mit der ihr vorhergehenden in Verbindung bleibt) wenn nämlich während<br />
der Unterbrechung dieser Seelenwirkung, die ihr (der Art obschon nicht dem Grad nach) angemessene<br />
Organenwirkung immer fortgesetzt wurde.“ (<strong>Weltseele</strong>, 67) 239<br />
<strong>Maimon</strong> nimmt sich Schritt für Schritt die einzelnen Beispiele Leibniz’ vor, die das Dasein<br />
der kleinen Perzeptionen darlegen sollen. Dabei handelt es sich um die bekannten Beispiele<br />
der Bewegung oder des Geräusches der Mühle oder des Wasserfalles, das man nicht mehr<br />
wahrnimmt, weil die „Gewohnheit den Reiz der Neuheit benommen“ (<strong>Weltseele</strong>, 77) hat. Da<br />
man das Rauschen der Wellen im Ganzen wahrnimmt, muß nach Leibniz auch jede Welle<br />
hörbar sein. So ist auch im Schlaf die Tätigkeit der Seele niemals ganz beendet, sonst könnte<br />
man niemals wieder aufwachen. Auch könnte die größte Anstrengung kein Seil zerreißen,<br />
wenn die Anstrengung, die das Seil zerreißt, nicht aus kleinen Anstrengungen zusammenge-<br />
setzt wäre. Diese kleinen Perzeptionen sind es, die zwischen zwei merk- oder wahrnehmbaren<br />
bzw. wahrgenommenen Zuständen das Band der Stetigkeit herstellen. Diese unmerklichen<br />
Wahrnehmungen bestimmen das Individuum, wenn es unbewußte Handlungen ausführt oder<br />
sich im Schlaf bewegt. <strong>Maimon</strong>s Argument hingegen lautet, daß man all diese Phänomene<br />
auch ohne die dunklen Vorstellungen, nämlich mechanisch zu erklären vermag: Alles, was<br />
Leibniz „als eine nothwendige Folge der dunklen Vorstellungen betrachtet, [kann] eine Folge<br />
239 Vgl. <strong>Maimon</strong> (1793), 100 f. Anm.: „Die wolfisch-leibnizische Philosophie nimmt (um gewisse pyschologische<br />
Erscheinungen, die sich nach dem bekannten Gesetz der Association klarer Vorstellungen nicht erklären<br />
lassen, dennoch erklären zu können) das Daseyn der dunklen Vorstellungen an. Ich hingegen leugne das Daseyn<br />
der dunklen Vorstellungen, indem Vorstellungen, wenn sie von bloßen körperlichen Eindrücken unterschieden<br />
werden sollen, nichts anders als Modifikazionen des Bewußtseyns, folglich Vorstellungen ohne Bewußtseyn <strong>und</strong>enkbar<br />
sind. Da man also darauf nicht durch unmittelbare Wahrnehmung, sondern bloß durch einen Schluß gerathen<br />
ist, so suche ich diese Erscheinungen, die sonst darauf führen, aus dem bekannten Erfahrungssatze von<br />
der Verbindung der Seele <strong>und</strong> des Körpers (einer jeden Vorstellung mit einer ihr korrespondirenden körperlichen<br />
Veränderung) so zu erklären, daß man ihrer entbehren kann.“<br />
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