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Weltseele und unendlicher Verstand - Salomon Maimon

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(<strong>Weltseele</strong>, 88) Aus diesem Schluß ergibt sich dann die Individualität der einzelnen Vorstel-<br />

lungsvermögen durch Einschränkung: „der Unterschied zwischen solchen Vorstellungskräften<br />

kann also bloß in dem Unterschiede des Grades ihrer Einschränkung seinen Gr<strong>und</strong> haben“.<br />

(<strong>Weltseele</strong>, 88). Daß <strong>Maimon</strong> an dieser Stelle den Terminus Einschränkung gebraucht, ist von<br />

zentraler Bedeutung für seine Leibniz-Interpretation <strong>und</strong> die (in der <strong>Weltseele</strong> nicht explizit<br />

ausgesprochene) Behauptung, daß Leibniz’ Lehre zwangsläufig in den Spinozismus münde.<br />

<strong>Maimon</strong> gebraucht an anderer Stelle den Ausdruck Einschränkung im Zusammenhang mit<br />

seiner Interpretation der Kabbala, als Übersetzung für den Ausdruck „zimzum“. Zunächst<br />

wird der Begriff der Einschränkung als zentrale Doktrin der Kabbala behauptet, um daran an-<br />

schließend die Gleichung der Kabbala mit dem Spinozismus vorzunehmen. Wenn <strong>Maimon</strong> al-<br />

so behauptet, Leibniz Lehre lasse sich durch den Begriff der Einschränkung charakterisieren,<br />

dann impliziert dies die Behauptung, Leibniz’ Lehre sei mit dem Spinozismus identisch. 248 Im<br />

weiteren Verlauf der <strong>Weltseele</strong> versucht <strong>Maimon</strong> jedoch, den offensichtlichen Schluß, daß<br />

Leibniz’ Lehre mit der Lehre des Monopsychismus („es heißt also hier abermal: Es giebt nur<br />

eine einzige Seele“ [<strong>Weltseele</strong>, 88]) bzw. des Spinozismus (‚es gibt nur eine einzige Sub-<br />

stanz’) identisch sei, nicht nahezulegen. In Anlehnung an den „geläuterten Spinozismus“ 249<br />

248 In der Lebensgeschichte erläutert <strong>Maimon</strong> den zentralen Gedanken der Kabbala wie folgt: „Gott ist nicht der<br />

Zeit nach, sondern seinem nothwendigen Wesen nach, als Bedingung der Welt, eher als dieselbe. Alle Dinge<br />

außer Gott mußten, sowohl ihrem Wesen, als ihrer Existenz nach, von ihm als ihrer Ursache abhängen. Die Erschaffung<br />

der Welt konnte also nicht als eine Hervorbringung aus nichts, auch nicht als eine Bildung eines, von<br />

ihm Unabhängigen, sondern nur als eine Hervorbringung aus sich selbst gedacht werden. Und da die Wesen von<br />

verschiedenen Graden der Vollkommenheit sind, so müssen wir zur Erklärung ihrer Entstehungsart verschiedene<br />

Grade der Einschränkung des göttlichen Wesen annehmen. Da nun dieses Einschränkung grade vom unendlichen<br />

Wesen bis zu der Materie gedacht werden muß, so stellen wir uns den Anfang dieser Einschränkung figürlich<br />

als einen Mittelpunkt (den niedrigsten Punkt) des Unendlichen vor. In der That ist die Kabbala nichts anders<br />

als erweiterter Spinozismus, worin nicht nur die Entstehung der Welt aus der Einschränkung des göttlichen Wesens<br />

überhaupt erklärt, sondern auch die Entstehung einer jeden Art von Wesen <strong>und</strong> ihr Verhältniß zu allen übrigen<br />

aus einer besondern Eigenschaft Gottes hergeleitet wird.“ (GW I, 140 f.) Scholem gebraucht wie <strong>Maimon</strong><br />

den Begriff der Einschränkung im Zusammenhang mit der kabbalistischen Lehre vom zimzum: Siehe Scholem<br />

(1996), 285-291, besonders 286: „Der erste aller Akte des unendlichen Wesens, des En-Sof, war also, <strong>und</strong> das ist<br />

entscheidend, nicht ein Schritt nach außen, sondern ein Schritt nach innen, ein Wandern in sich selbst hinein, eine,<br />

wenn ich den kühnen Ausdruck gebrauchen darf, Selbstverschränkung Gottes ‚aus sich selbst in sich selbst’.“<br />

Weiterhin heißt es bei Scholem (1996), 287: „Der erste aller Akte ist also kein Akt der Offenbarung, sondern ein<br />

Akt der Verhüllung <strong>und</strong> Einschränkung.“ Zur creatio ex nihilo liest man bei Scholem (1996), 287: „Dieses Paradoxon<br />

des Zimzum ist, wie Jakob Emden sagte, der einzige ernsthafte Versuch, der je gemacht wurde, den Gedanken<br />

einer Schöpfung aus Nichts wirklich zu denken.“<br />

249 Mendelssohn (1979 a), 142.<br />

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