Weltseele und unendlicher Verstand - Salomon Maimon
Weltseele und unendlicher Verstand - Salomon Maimon
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2. Blumenbachs Bildungstrieb <strong>und</strong> <strong>Maimon</strong>s <strong>Weltseele</strong><br />
„Das Endergebnis aller seiner [i.e. Aristoteles’; F.E.] Worte ist, daß alle Sphären lebende, mit<br />
Seele <strong>und</strong> Vernunft begabte Wesen sind, die ihre Ursachen vorstellen <strong>und</strong> denken <strong>und</strong> daß es<br />
im Sein stofflose Vernunftwesen gibt, welche, da sie von Gott emaniert sind,<br />
durchaus keinen Körper haben können.“<br />
(Moses <strong>Maimon</strong>ides)<br />
„And indeed, whatever the doctrine of the modern Peripatetics be, we make no doubt at all<br />
but that Aristotle himself held the world’s animation, or a m<strong>und</strong>ane soul“.<br />
(Ralph Cudworth)<br />
Die folgende Darstellung nimmt ihren Ausgang von der Aristotelischen Unterscheidung von<br />
Möglichkeit als passiver Materie (Potenz) <strong>und</strong> Wirklichkeit als aktiver Form (Akt), um daraus<br />
die Geschichte des aktiven <strong>und</strong> passiven Intellekts darzulegen. Während bereits mit Alexan-<br />
der von Aphrodisias der aktive Intellekt mit Gottes <strong>Verstand</strong> gleichgesetzt wurde, so war es<br />
der mittelalterliche islamische Philosoph Avicenna, der daraus nicht nur den transzendenten<br />
Formgeber für die menschliche <strong>Verstand</strong>eserkenntnis (in Fortführung von Aristoteles’ Über<br />
die Seele), sondern auch für sämtliche sublunare Substanzen machte. Der historische Über-<br />
blick über die Lehre des aktiven Intellekts als Wirkursache der menschlichen Erkenntnis wie<br />
auch der Wirkursache der entstehenden <strong>und</strong> vergehenden Individuen führt zu <strong>Maimon</strong>ides’<br />
Konzeption, der in vielem den islamischen Vorbildern verpflichtet bleibt. Die von <strong>Maimon</strong><br />
vertretene These von der <strong>Weltseele</strong>, wie er sie in den Jahren 1790 bis 1793 vorträgt, ist im<br />
wesentlichen, so die zu entwickelnde These, von diesem mittelalterlichen aktiven Intellekt be-<br />
einflußt. Das soll nicht nur in diesem Kapitel im Zusammenhang mit den physiologischen<br />
Theorien der Zeugungslehre nachgewiesen werden, sondern auch im darauf folgenden Kapitel<br />
in Auseinandersetzung mit den individuellen Substanzen Leibniz’, welche sich zunächst als<br />
Beitrag um die Debatte nach der Herkunft menschlicher <strong>Verstand</strong>eserkenntnis versteht. Die<br />
<strong>Weltseele</strong> vertritt nach <strong>Maimon</strong>s dieselben Funktionen wie der aktive Intellekt der peripateti-<br />
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