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Weltseele und unendlicher Verstand - Salomon Maimon

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Zusammenfassung von <strong>Maimon</strong>s Lehre von der <strong>Weltseele</strong> betrachtet werden. Zunächst be-<br />

zieht sich <strong>Maimon</strong> auf die Metapher von der <strong>Weltseele</strong> als Ozean, die, wie Leibniz bereits<br />

bemerkt, „sehr alt“ 261 ist. Man findet diese in der indischen Religion ebenso wie in der islami-<br />

schen <strong>und</strong> jüdischen Mystik. <strong>Maimon</strong> könnte es aus chassidischen Quellen gekannt haben. 262<br />

<strong>Maimon</strong> erläutert diese Lehre wie folgt:<br />

„Dieser Meinung zufolge entstünden die Seelen der Menschen <strong>und</strong> Thiere, indem sie sich wie<br />

Tropfen von ihrem Meere losreißen, wenn sie einen Körper antreffen, der ihre Belebung zu<br />

empfangen fähig ist; <strong>und</strong> vergehn wieder, indem sie nach Zerstörung ihres Körpers sich mit<br />

diesem allgemeinen Seelenmeere vereinigen, wie die Flüsse sich in die See verlieren.“ 263<br />

<strong>Maimon</strong>s Erklärung beruft sich dabei auf die Aristotelische Unterscheidung von Materie <strong>und</strong><br />

Form. Die Form muß von ihrem „zufälligen Daseyn in der Materie“ 264 ein unabhängiges Da-<br />

sein haben, d.h. von ‚außen her’ kommen. Die Gleichartigkeit dieser Formen aber zeige, so<br />

<strong>Maimon</strong>, „daß sie alle einerlei Ursprung haben, <strong>und</strong> daß ihre Verschiedenheit bloß von der<br />

verschiednen Empfänglichkeit der Materie abhängt.“ 265 Zur Illustration der Lehre von der in-<br />

dividuellen Substanz als Tropfen <strong>und</strong> der <strong>Weltseele</strong> als Ozean rekurriert <strong>Maimon</strong> auf das be-<br />

sagte Vergil-Zitat. Wenn <strong>Maimon</strong> fortfährt <strong>und</strong> behauptet, die Lehre von der <strong>Weltseele</strong> sei<br />

„der Natur <strong>und</strong> Vernunft weit angemeßner als die Behauptung der individuellen Substantiali-<br />

tät der Seele“ 266 , dann ist dies eine eindeutige Bezugnahme auf die Stelle in der Theodicée.<br />

Wenn <strong>Maimon</strong> sich schließlich als argumentative Stütze seiner Behauptung auf die Theorie<br />

der Epigenesis, die Auffassung der „neuern Naturkündiger (worunter vornehmlich Herr Blu-<br />

menbach zu rechnen ist[)]“mit der These „einer allgemeinen bildenden Kraft, oder, wie es<br />

261 Leibniz (1996 b), 39.<br />

262 Vgl. hierzu Schimmel (1995), 18: „Das Göttliche kann hier symbolisiert werden als grenzenloses Meer, in<br />

welchem das individuelle Selbst aufgeht wie ein Tropfen“. Vgl. auch Idel (1988), 67-69, der diesen Gedanken<br />

im indischen, islamischen, christlichen, kabbalistischen <strong>und</strong> chassidischen mystischen Denken nachweist. Zum<br />

Chassidismus vgl. auch Wainwright (2005), 143.<br />

263 GW III, 291.<br />

264 GW III, 290.<br />

265 GW III, 290.<br />

266 GW III, 292.<br />

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