Weltseele und unendlicher Verstand - Salomon Maimon
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stehen. Ein Gefühl weist uns auf unsere Beschränktheit <strong>und</strong> auf deren (positive) Aufhebung<br />
hin.<br />
(2) Neben der Idee der absoluten Spontaneität als absoluter Freiheit wird in der Kritik der<br />
praktischen Vernunft gleichfalls die Idee der negativen Freiheit aufgestellt. Die Freiheit wird<br />
also nicht nur positiv als absolute (Freiheit zu) aufgefaßt, sondern auch negativ (von der end-<br />
lichen Perspektive sich an dieselbe annähernd) als Freiheit von verstanden. Die Triebfeder<br />
sittlichen Gesinnung, so Kant, muß „von aller sinnlichen Bedingung frei sein“ 457 . In Analogie<br />
zu diesem Gedanken aus der praktischen Philosophie kann <strong>Maimon</strong>s Auffassung vom unend-<br />
lichen <strong>Verstand</strong> als absolute Idee gleichfalls aus der endlichen Perspektive der Annäherung<br />
betrachtet werden. Die Idee des unendlichen <strong>Verstand</strong>es ist damit Zielpunkt einer Entwick-<br />
lung, welche in der Überwindung von allem Subjektiven, Sinnlichen <strong>und</strong> Passiven zu sehen<br />
ist.<br />
(3) Daraus ergibt sich schließlich folgende Konsequenz. Da für Kant die positive Idee der<br />
Freiheit nur als Zielpunkt gelten kann <strong>und</strong> diese darin besteht, frei von aller sinnlichen Bedin-<br />
gung zu sein (wie das für <strong>Maimon</strong> entsprechend für die Erkenntnis gilt), nach Kant (<strong>und</strong> nach<br />
<strong>Maimon</strong>) aber nur das gewußt werden kann, was in der Anschauung gegeben ist, also sinnlich<br />
ist, können wir nach Kant nie wissen, ob unsere Triebfeder tatsächlich frei von sinnlicher Be-<br />
dingung (Eigenliebe etc.) ist. Das hat die Konsequenz, daß wir über die eigene wie auch über<br />
die Moralität anderer Menschen niemals urteilen können:<br />
„Die eigentliche Moralität der Handlungen (Verdienst <strong>und</strong> Schuld) bleibt uns daher, selbst die<br />
unseres eigenen Verhaltens, gänzlich verborgen. Unsere Zurechnungen können nur auf den<br />
empirischen Charakter bezogen werden. Wie viel aber davon reine Wirkung der Freiheit, wie<br />
viel der bloßen Natur <strong>und</strong> dem unverschuldeten Fehler des Temperaments oder dessen glück-<br />
457 Kant (1998), 123 [AA V, 75].<br />
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