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Weltseele und unendlicher Verstand - Salomon Maimon

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3. Leibniz’ prästabilierte Harmonie <strong>und</strong> <strong>Maimon</strong>s Harmonie der Identität<br />

„Aristoteles war nach verschiedener Leute Meynung nicht sehr gottesfürchtig,<br />

<strong>und</strong> Averroes, sein Ausleger, war ganz <strong>und</strong> gar gottlos.“<br />

(Philippe de Mornay)<br />

„Diese schlechte Lehre [der <strong>Weltseele</strong>; F.E.] ist sehr alt<br />

<strong>und</strong> geeignet, die Laien zu verblenden.“<br />

(Gottfried Wilhelm Leibniz)<br />

In der <strong>Weltseele</strong> behauptet <strong>Maimon</strong> nicht nur, daß die Lehre von der <strong>Weltseele</strong> auf das ge-<br />

naueste mit dem Blumenbachschen Epigenesis-Theorie übereinstimme, sondern auch, daß die<br />

Auseinandersetzung zwischen Leibniz <strong>und</strong> Locke, „nehmlich ob die Seele leer sey, gleich ei-<br />

ner tabula rasa“ (<strong>Weltseele</strong>, 74 f.), oder ob die Gr<strong>und</strong>begriffe <strong>und</strong> Wahrheiten bereits voll-<br />

ständig in der Seele enthalten seien <strong>und</strong> nur auf „Veranlassung der äusseren Objekte zum<br />

Vorschein kommen“ (<strong>Weltseele</strong>, 75), mit der <strong>Weltseele</strong> in Verbindung stehe. 209 Diese Be-<br />

hauptung <strong>Maimon</strong>s wird wiederum vor dem Hintergr<strong>und</strong> der Lehre vom aktiven <strong>und</strong> passiven<br />

Intellekt der peripatetischen Schule verständlich. Nach Alexander von Aphrodisias beispiels-<br />

weise ist der passive Intellekt eine bloße Disposition im Körper, so daß die menschliche (ver-<br />

209 Leibniz untersucht in den Neuen Abhandlungen über den menschlichen <strong>Verstand</strong>, „ob die Seele ursprünglich<br />

die Prinzipien verschiedener Begriffe <strong>und</strong> Lehrsätze enthält, welche die äußeren Gegenständen nur bei Gelegenheit<br />

in ihr wieder erwecken, wie ich in Übereinstimmung mit Platon […] glaube“. (Leibniz [1996 a], Vorwort,<br />

IX) Zur damit zusammenhängenden Wiedererinnerungslehre Platons siehe beispielsweise Phaidon, 75 d-76 a<br />

<strong>und</strong> 65 a-c sowie Menon, 85 c-d. Das erste Buch der Neuen Abhandlungen handelt „Von den eingeborenen<br />

Ideen“ (Leibniz [1996 a], 1-95). John Locke vertritt im ersten Buch seines Versuch über den menschlichen<br />

<strong>Verstand</strong> die These (Locke [1981], 28-105): „Weder Prinzipien noch Ideen sind angeboren.“ Locke bezieht sich<br />

im Gegensatz zu Leibniz auf Aristoteles, welcher in Über die Seele den <strong>Verstand</strong> mit einer leeren Schreibtafel<br />

vergleicht (Aristoteles [1995], 3. Buch, 5. Kapitel, 171 [430 a]). <strong>Maimon</strong>s Kenntnis der Neuen Abhandlungen<br />

verdankt sich Leibniz (1765). Es ist nicht einfach zu bestimmen, welche Schriften Leibniz’ <strong>Maimon</strong> darüber hinaus<br />

noch kannte. Neben den Neuen Abhandlungen beinhaltet Leibniz (1765) noch folgende Abhandlungen:<br />

„Examen du sentiment du P. Malebranche que nous voyons tout en Dieu“, „Dialogus de connexione inter res &<br />

verba“, „Difficultates quaedam Logicae“, „Discours touchant la methode de la certitude & de l’art d’inventer“,<br />

„Historia & commendatio characteristicae universalis quae simul sit ars inveniendi“. Daß <strong>Maimon</strong> die Theodicée<br />

gekannt hat, geht sehr wahrscheinlich aus folgendem Zitat aus seinem Artikel „Ueber die Theodicee“ (GW III,<br />

309-331) hervor: „Der Herr von Leibniz erwähnt in seiner Theodicee diese Disputation des <strong>Maimon</strong>ides gegen<br />

diesen Alrafi sehr rühmlich, indem er von jenem sagt: Man sagt nicht genug, wenn man sagt: Er war der erste<br />

Rabbiner, der aufgehört hat, Thorheiten vorzutragen. Ob dieses negative Lob in Ansehung des <strong>Maimon</strong>ides hinlänglich<br />

sey, oder nicht? Überlasse ich denjenigen zu beurtheilen, die den <strong>Maimon</strong>ides aus andern Quellen als<br />

aus Buxdorfs Uebersetzung kennen.“ (GW III, 330). Vgl. Leibniz (1996 b), § 262, 284.<br />

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