Quelle - Zukunft der Arbeit
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Baustein 9 Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Erwerbsbiografien<br />
wachstum, wird es auch keinen Beschäftigungseffekt geben, <strong>der</strong> die Erwerbslosigkeit<br />
nachhaltig senken kann.<br />
Für die Beschäftigten bedeutet diese Unternehmenspolitik, dass sie sich immer stärker<br />
an die Produktion (steigende Dienstleistungen und Kundenorientierung) und Produktionszeiten<br />
(wertschöpfende o<strong>der</strong> produktive <strong>Arbeit</strong>szeiten) anpassen müssen. Erwerbsarbeit<br />
ist am Zweck des Unternehmens orientiert und nimmt keine Rücksicht<br />
mehr auf die menschliche Person und Privatsphäre o<strong>der</strong> Familie. Der Mensch wird nur<br />
noch als Produktionsmittel und Kostenfaktor gesehen (Humankapital).<br />
Der Gesetzgeber hat zwar das BetrVG 2001 geän<strong>der</strong>t und den Betriebsräten im § 80<br />
Abs. 2b BetrVG die Aufgabe zugewiesen, auf eine Vereinbarkeit von Familie und Beruf<br />
zu achten. Die <strong>Arbeit</strong>geber wurden allerdings nicht direkt dazu verpflichtet, so dass die<br />
Umsetzung mehr o<strong>der</strong> weniger vom Willen und <strong>der</strong> Stärke <strong>der</strong> Betriebsräte abhängig<br />
ist 4 .<br />
Auch von den Gerichten wird die Berücksichtigung <strong>der</strong> familiären Belange bei <strong>der</strong> Festlegung<br />
<strong>der</strong> <strong>Arbeit</strong>szeit durch den Unternehmer verlangt 5 . Von einer familienfreundlichen<br />
Produktionsweise sind wir jedoch noch Ewigkeiten entfernt.<br />
Die Anpassung <strong>der</strong> Verwertung <strong>der</strong> Ware <strong>Arbeit</strong>skraft an die Markt- und Produktionssituation<br />
hat nachhaltige Folgen für die Beschäftigungssituation <strong>der</strong> Menschen, speziell<br />
<strong>der</strong> <strong>Arbeit</strong>sverhältnisse. Die Erosion des Normarbeitsverhältnisses führt überwiegend<br />
zu einer unsicheren Beschäftigungssituation. Befristungen, Leiharbeit, Teilzeit, Geringfügigkeit,<br />
Aushilfsarbeit (<strong>Arbeit</strong> auf Abruf), neue Selbständigkeit (u.a. Ich-AG, Honorararbeit,<br />
Scheinselbständigkeit, Ein-Personen-Firmen) o<strong>der</strong> auch Maßnahmen <strong>der</strong> <strong>Arbeit</strong>sagenturen<br />
und <strong>Arbeit</strong>sgemeinschaften (u.a. Praktika, Ein-Euro-<strong>Arbeit</strong>, Trainingsmaßnahmen)<br />
lassen eine zukunftsorientierte und selbständige Lebensplanung immer<br />
weniger zu.<br />
So ist ein Trend zur Selbständigkeit zu beobachten, <strong>der</strong> durch die rigorose Sozialabbaupolitik<br />
<strong>der</strong> Regierung und dem gleichzeitigen Angebot von Unterstützungsleistungen<br />
für „Einzelunternehmer“ (z.B. Überbrückungsgeld nach dem SGB III) erheblich<br />
verstärkt wird. So waren Ende 2004 bei <strong>der</strong> Bundesagentur für <strong>Arbeit</strong> über 5.000 Leiharbeitsfirmen<br />
registriert, die keine Beschäftigten hatten, also nur sich selbst verliehen.<br />
Dieser Trend ist ebenfalls eine Folge <strong>der</strong> verän<strong>der</strong>ten Produktionsprozesse. Immer<br />
mehr Unternehmen wollen die Beschäftigten als „<strong>Arbeit</strong>skraftunternehmer“ einsetzen.<br />
Diese neue Art von <strong>Arbeit</strong>skraft übernimmt alle sozialen und rechtlichen Risiken selbst.<br />
Das eigene Leben muss dabei wie ein Betrieb organisiert werden. „Selbst-Kontrolle“,<br />
„Selbst-Ökonomisierung“ und „Selbst-Rationalisierung“ sind die Prinzipien dieser Form<br />
4<br />
siehe dazu auch die Broschüre <strong>der</strong> IG Metall, Chancengleichheit im Betrieb, Frankfurt April<br />
2002<br />
5<br />
vgl. BAG vom 23. September 2004, Az. 6 AZR 567/03; LAG Rheinland-Pfalz vom 19. Januar<br />
2005, Az. 10 Sa 820/04<br />
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