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Kulturtipp - chasaeditura.ch

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AKTUELL<br />

SOUNDS<br />

«Ein S<strong>ch</strong>ub Zynismus kann helfen»<br />

Nick Waterhouse s<strong>ch</strong>afft<br />

es, der s<strong>ch</strong>lei<strong>ch</strong>enden<br />

Entwertung der Pop -<br />

musik zu entgehen. Er<br />

entstaubt den Rhythm &<br />

Blues der späten 50er-<br />

Jahre, indem er ihn un -<br />

gewohnt inszeniert.<br />

Musikalis<strong>ch</strong>e Wahrheitssu<strong>ch</strong>er<br />

haben in der Analog-Te<strong>ch</strong>nologie<br />

den heiligen Gral gefunden und<br />

in Nick Waterhouse einen neuen<br />

Helden. Seine erste 45er-Single<br />

«Some Place», die er 2010 aufnahm,<br />

erzielt Hö<strong>ch</strong>stpreise bei<br />

Auktionen. Und au<strong>ch</strong> sein Debütalbum<br />

«Time’s All Gone» begeisterte<br />

Fans und Kritiker. Nun<br />

tritt er in Züri<strong>ch</strong> und Bern auf.<br />

kulturtipp: Nick Waterhouse,<br />

wel<strong>ch</strong>e Rolle spielte der Plattenladen<br />

in Ihrem Leben?<br />

Nick Waterhouse: Der auf Vinyl<br />

und Raritäten spezialisierte Plattenladen<br />

Rooky Ricardos in San<br />

Francisco hatte einen wi<strong>ch</strong>tigen<br />

Einfluss auf mi<strong>ch</strong>. Der Laden<br />

war wie mein Klubhaus, wo i<strong>ch</strong><br />

viele zukünftige Freunde und<br />

Musiker meiner Bands kennenlernte.<br />

Die ersten Gigs konnte<br />

i<strong>ch</strong> dur<strong>ch</strong> die Kontakte bu<strong>ch</strong>en,<br />

die i<strong>ch</strong> in diesem Laden ma<strong>ch</strong>te.<br />

Darüber hinaus war i<strong>ch</strong> sehr engagiert<br />

in der DJ-Kultur. Und<br />

natürli<strong>ch</strong> deckte i<strong>ch</strong> mi<strong>ch</strong> dort<br />

mit vielen Platten ein.<br />

Zur Zeit der Jahrtausendwende<br />

waren Sie 14 Jahre alt. Wie fühlte<br />

es si<strong>ch</strong> als Teenager an, in<br />

einer Zeit zu leben, in der die<br />

Gegenkultur zum Mainstream<br />

geworden war? In der es sehr<br />

lei<strong>ch</strong>t war, zu resignieren und<br />

zynis<strong>ch</strong> zu werden, weil das<br />

Nick Waterhouse: Der Kalifornier hat den R&B neu entdeckt<br />

Musikges<strong>ch</strong>äft nur no<strong>ch</strong> na<strong>ch</strong><br />

ökonomis<strong>ch</strong>en Bere<strong>ch</strong>nungen<br />

betrieben wurde, und dafür die<br />

Substanz verloren ging.<br />

Das war kurz bevor das Internet<br />

half, diese Mikro-Kulturen zu<br />

generieren. Es war eine zynis<strong>ch</strong>e<br />

Zeit, aber i<strong>ch</strong> glaube, dass i<strong>ch</strong><br />

mi<strong>ch</strong> früher genau glei<strong>ch</strong> entwickelt<br />

hätte. I<strong>ch</strong> mo<strong>ch</strong>te ni<strong>ch</strong>t,<br />

was mir musikalis<strong>ch</strong> angeboten<br />

wurde, und i<strong>ch</strong> sah dur<strong>ch</strong> diese<br />

goldenen Idole der Gegenkultur<br />

hindur<strong>ch</strong>. So su<strong>ch</strong>te i<strong>ch</strong> na<strong>ch</strong><br />

meiner eigenen Kultur, na<strong>ch</strong><br />

meinem eigenen Sinn und meiner<br />

eigenen Musik. I<strong>ch</strong> glaube,<br />

wenn du in jungem Alter einem<br />

gesunden S<strong>ch</strong>ub Zynismus ausgesetzt<br />

bist, kann dir das helfen,<br />

das Herz und die Augen zu öffnen.<br />

I<strong>ch</strong> bin gerade 27 geworden<br />

und bin sehr froh, dass i<strong>ch</strong> dar -<br />

über hinwegkam.<br />

Sie sind offensi<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong> ein Anhänger<br />

der Vinyl- und Analog-<br />

Religion.<br />

Ja, das bin i<strong>ch</strong>. Das ist der natürli<strong>ch</strong>e<br />

Weg, wie Sound gehört<br />

werden sollte. Musik ist S<strong>ch</strong>wingung.<br />

Singles, 45s, sind so direkt,<br />

kraftvoll und einfa<strong>ch</strong>, weil<br />

CD<br />

Nick Waterhouse<br />

Time’s all gone<br />

(Alive 2012).<br />

BRIAN DERAN<br />

bei ihnen viel vom Überflüssigen<br />

wegfällt, das in den letzten Dekaden<br />

dur<strong>ch</strong> die Plattenfirmen<br />

mit Musik zusammengepackt<br />

wurde. Es ist das Format mit<br />

dem allerwenigsten überflüssigen<br />

Gepäck.<br />

Singles ma<strong>ch</strong>ten das Leben<br />

na<strong>ch</strong> dem Zweiten Weltkrieg<br />

wieder lebenswert.<br />

Ja genau, i<strong>ch</strong> liebe es, mit Leuten<br />

zu spre<strong>ch</strong>en, die damals lebten,<br />

die mir erzählen können, wie sie<br />

das ganze Tas<strong>ch</strong>engeld einer Wo<strong>ch</strong>e<br />

zusammenkratzten, um eine<br />

Single zu kaufen. Und dann haben<br />

sie die Platte gehört, bis sie<br />

perforiert war. Damals hattest<br />

du viellei<strong>ch</strong>t vierzig Singles, aber<br />

diese Songs kanntest du wirkli<strong>ch</strong>.<br />

Es hatte ni<strong>ch</strong>ts mit dem<br />

Downloaden von Tausenden<br />

von Songs zu tun, von denen du<br />

dir dann 30 Sekunden anhörst<br />

und sie dann für immer in deinem<br />

iPod rumträgst.<br />

Musik kann als Zeittransporter<br />

und als Transformer wirken. Sie<br />

spielen alten R&B, der ganz<br />

fris<strong>ch</strong> vibriert. Woher kommt<br />

das Neue?<br />

I<strong>ch</strong> will ni<strong>ch</strong>t die Musik von anderen<br />

Leuten spielen. I<strong>ch</strong> fand,<br />

dass viele der Künstler der 45er-<br />

Singles, die i<strong>ch</strong> mo<strong>ch</strong>te, versu<strong>ch</strong>ten,<br />

Grenzen zu übers<strong>ch</strong>reiten,<br />

Leute, die irgendwo begannen<br />

und an einen anderen Ort gelangten.<br />

Interview: Mi<strong>ch</strong>ael Baum<br />

Konzerte<br />

Fr, 31.5., 21.00 Da<strong>ch</strong>stock Bern<br />

Di, 4.6., 20.00 Stall 6 Züri<strong>ch</strong><br />

www.nickwaterhouse.com<br />

kulturtipp 12 l 13<br />

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