Jahresbericht 2011 - Landeslabor Berlin - Brandenburg - Berlin ...
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LLBB <strong>Jahresbericht</strong> <strong>2011</strong> Lebensmittel | Bedarfsgegenstände | Kosmetika | Tabak | Arzneimittel<br />
Lebensmittel Bedarfsgegenstände<br />
Kosmetika Tabak Arzneimittel<br />
1<br />
Ethylcarbamat – Indikator für gute Herstellungspraxis bei<br />
Steinobstspirituosen<br />
Ethylcarbamat kommt natürlicherweise in<br />
fermentierten Lebensmitteln vor. In Langzeittierversuchen<br />
an verschiedenen Säugetierspezies<br />
wurde Ethylcarbamat als karzinogen und<br />
beim Menschen als wahrscheinlich karzinogen<br />
eingestuft. 5 Insbesondere in Steinobstdestillaten<br />
finden sich teilweise hohe Gehalte<br />
an Ethylcarbamat, weshalb in Deutschland<br />
im Jahr 1986 vom ehemaligen Bundesgesundheitsamt<br />
ein sogenannter „Technischer<br />
Richtwert“ von 0,4 mg Ethylcarbamat/l für<br />
Spirituosen eingeführt wurde. Im selben Jahr<br />
beschlossen die für die Lebensmittelüberwachung<br />
zuständigen Obersten Landesbehörden,<br />
dass bei einer Überschreitung des Technischen<br />
Richtwertes um mehr als das Doppelte,<br />
das heißt ab 0,8 mg/l, ein Obstbrand nach<br />
dem Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetz<br />
(LMBG) als „nicht zum Verzehr geeignet“<br />
zu beurteilen sei. 6 Nach den geltenden<br />
rechtlichen Bestimmungen sind Erzeugnisse<br />
mit einem Gehalt an Ethylcarbamat von mehr<br />
als 1 mg/l als nicht sichere Lebensmittel im<br />
Sinne von Art. 14 der VO (EG) 178/2002 zu<br />
beurteilen.<br />
Eine gesetzliche Höchstmengenregelung existiert<br />
auf europäischer Ebene bisher nicht,<br />
jedoch wurde im Jahr 2010 ein „Verhaltenskodex<br />
zur Prävention und Reduzierung des<br />
Ethylcarbamatgehalts in Steinobstbränden<br />
und Steinobsttrestern“ mit einem angestrebten<br />
Zielwert von 1 mg/l in Form einer<br />
Kommissionsempfehlung veröffentlicht. 7 In<br />
der Schweiz wurde bereits im Jahr 2003 ein<br />
Grenzwert von 1 mg/l eingeführt.<br />
In Steinobstdestillaten kann Ethylcarbamat<br />
aus Blausäureglykosiden entstehen, die natürlicher<br />
Bestandteil der Steine sind. Insbesondere<br />
beim Einmaischen der Früchte können<br />
die Kerne zerbrechen und Blausäureglykoside<br />
aus den Steinen mit den Enzymen der Maische<br />
in Kontakt kommen. Die Blausäureglykoside<br />
werden dann zu Blausäure/Cyaniden abgebaut,<br />
die sich während des Destillationsvorgangs<br />
in allen Fraktionen anreichern können.<br />
Unter Lichteinfluss wird Cyanid zu Cyanat oxidiert,<br />
welches mit Ethanol zu Ethylcarbamat<br />
reagiert. Sobald die Reaktion einmal initiiert<br />
wurde, kann sie nicht mehr gestoppt werden.<br />
Aus Praxiserfahrungen ist bekannt, dass im<br />
ungünstigsten Fall aus 1 mg Blausäure bis<br />
zu 0,4 mg Ethylcarbamat gebildet werden<br />
können. 8 Ziel der Kommissionsempfehlung<br />
ist daher insbesondere eine Reduzierung des<br />
Gehalts an Vorläufersubstanzen (zum Beispiel<br />
Blausäure/Cyanide) durch die Anwendung von<br />
bewährten Herstellungsverfahren.<br />
Im Jahr <strong>2011</strong> wurden im <strong>Landeslabor</strong> <strong>Berlin</strong>-<br />
<strong>Brandenburg</strong> im Rahmen des Bundesweiten<br />
Überwachungsplans (BÜp) insgesamt 50 Spirituosen<br />
auf ihren Gehalt an Ethylcarbamat<br />
untersucht. Die Verteilung der ermittelten<br />
Ethylcarbamat-Gehalte ist in der nachstehenden<br />
Grafik dargestellt.<br />
25<br />
20<br />
21<br />
Anzahl der Proben<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
12<br />
13<br />
< 50 50 bis 100 101 bis 200 201 bis 400 401 bis 600 601 bis 800 > 800<br />
ermittelter Ethylcarbamatgehalt [µg/l]<br />
Ethylcarbamat-Gehalte in Spirituosen, <strong>2011</strong><br />
3<br />
1<br />
0 0<br />
5 JECFA (FAO/WHO), 64. Sitzung, Februar 2005<br />
6 Positionspapier „Ethylcarbamat in Steinobstbränden“, Arbeitsgruppe Spirituosen der GDCh, Lebensmittelchemie, 60, S. 26 – 27 (2006)<br />
7 Empfehlung der Kommission 2010/133/EU vom 02. März 2010<br />
8 Der Lebensmittelbrief, Ernährung aktuell, S. 35 – 37, Juli/August <strong>2011</strong><br />
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