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29997 Umschlag - Museen in Bayern

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BERICHTE/AKTUELLES 63<br />

NEUE BÜCHER<br />

TEXTE IN MUSEEN<br />

E<strong>in</strong> neuer „Praxisleitfaden“<br />

Der <strong>in</strong> Bielefeld angesiedelte Verlag transcript hat <strong>in</strong> den<br />

vergangenen Jahren e<strong>in</strong>e Reihe museologischer Titel vorgelegt<br />

und sich <strong>in</strong> diesem Feld als Fachverlag profilieren<br />

können. Jüngstes Produkt aus diesem Haus ist e<strong>in</strong> etwas<br />

über 170 Seiten umfassender Band im Format DIN A 4<br />

mit dem Titel „Texte <strong>in</strong> <strong>Museen</strong> und Ausstellungen – E<strong>in</strong><br />

Praxisleitfaden“. Herausgeber s<strong>in</strong>d Evelyn Dawid und<br />

Robert Schles<strong>in</strong>ger, die seit mehreren Jahren <strong>in</strong> Wien freiberuflich<br />

die „Wortstatt“ betreiben, zu deren Leistungsumfang<br />

„Wand-, Audio- und Internettexte, Broschüren,<br />

PR-Konzepte, Design und Programmierung von Internetseiten,<br />

Pressetexte“ gehören.<br />

Von den 12 Kapiteln stammen drei von Co-Autoren, alle<br />

anderen kommen aus der Feder der Betreiber der „Wortstatt“.<br />

Es überrascht daher auch nicht übermäßig, dass<br />

sich e<strong>in</strong>es der Kapitel mit der Professionalisierung der<br />

Texterstellung für <strong>Museen</strong> und Ausstellungen befasst und<br />

<strong>in</strong> der Konsequenz der Argumentation zu e<strong>in</strong>em Plädoyer<br />

für die Vergabe solcher Leistungen an Anbieter auf dem<br />

freien Markt gerät.<br />

E<strong>in</strong>e solche Position hatte sich bereits <strong>in</strong> den fünfziger<br />

Jahren <strong>in</strong> den USA herausgebildet – der Journalist George<br />

We<strong>in</strong>er war 1957 vom mächtigen Smithsonian für die<br />

professionelle Bearbeitung von Ausstellungstexten unter<br />

Vertrag genommen worden –, <strong>in</strong> Europa jedoch erst wesentlich<br />

später e<strong>in</strong>e Nachfolge gefunden. Für Deutschland<br />

übernahm die Vorreiterrolle das Deutsche Museum<br />

<strong>in</strong> München mit der Installation des „Textbüros“ im Jahr<br />

1986. In den folgenden Jahren publizierte diese E<strong>in</strong>richtung<br />

mehrere grundlegende Schriften zur Formulierung<br />

von Ausstellungstexten, die neben den diesbezüglichen<br />

Veröffentlichungen von Helmut Zebhauser – selber Ausstellungsgestalter<br />

zahlreicher Präsentationen im Deutschen<br />

Museum – auch aus heutiger Sicht zu den e<strong>in</strong>schlägigen<br />

Grundlagenwerken gerechnet werden müssen.<br />

Die vorliegende Publikation trägt im Untertitel die Bezeichnung<br />

„Praxisleitfaden“, e<strong>in</strong> gewissermaßen paradoxer<br />

Anspruch <strong>in</strong> H<strong>in</strong>sicht auf die Argumentation für die<br />

professionelle Erstellung von Ausstellungstexten, denn<br />

die vorliegende Ausgabe zielt doch wohl weniger auf<br />

Profis, sondern eher auf die Nutzung im museologischen<br />

Alltag durch Nicht-Spezialisten. Hierfür ist sie auch<br />

durchaus ausgelegt: Die Gliederung ist übersichtlich, die<br />

Mehrzahl der Kapitel schließt mit knappen Zusammenfassungen<br />

e<strong>in</strong>schließlich Literaturverweisen ab, es werden<br />

<strong>in</strong> erfreulich großem Umfang Beispiele vorgeführt von<br />

unbearbeiteten und redigierten Texten; e<strong>in</strong> Fallbeispiel für<br />

die systematische Regelung der Texterstellung – es ist<br />

das Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland<br />

<strong>in</strong> Bonn – rundet den Band ab. Alles <strong>in</strong> allem also e<strong>in</strong>e<br />

substanzreiche, handlungsorientiert verfasste Schrift<br />

für alle, die sich der nicht ganz unkomplizierten Aufgabe<br />

verschrieben haben, besucherorientierte Texte zu formulieren.<br />

Und doch gibt die Veröffentlichung Anlass zu e<strong>in</strong>igen Ergänzungen,<br />

kritischen Anmerkungen und Korrekturen:<br />

Positiv hervorzuheben ist die Tatsache, dass die Autoren<br />

<strong>in</strong> erheblichem Umfang die im Übrigen sehr reiche Literatur<br />

aus Großbritannien und den USA herangezogen haben.<br />

Man hätte sich allerd<strong>in</strong>gs gerade bei e<strong>in</strong>er der wichtigsten<br />

Arbeiten, Beverly Serrells „Exhibit Labels. An Interpretive<br />

Approach“, gewünscht, die stark überarbeitete,<br />

aktuelle Fassung verarbeitet zu f<strong>in</strong>den (London u. a. 1996)<br />

und nicht die von der Autor<strong>in</strong> selbst kritisch beurteilte ältere<br />

Darstellung von 1988. Auch fehlt die im deutschen<br />

Sprachraum sicherlich bedeutende Arbeit von Ballstaedt:<br />

„Wissensvermittlung. Die Gestaltung von Lernmaterial“,<br />

die aus Sicht des Rezensenten <strong>in</strong> die Handbibliothek des<br />

Ausstellungsplaners gehört. Auch bleibt unverständlich,<br />

wieso die für die Leseforschung im deutschen Sprachraum<br />

grundlegenden Titel von Norbert Groeben völlig<br />

unter den Tisch gefallen s<strong>in</strong>d. Schließlich wäre es wohl –<br />

<strong>in</strong>sbesondere aus österreichischer Sicht – zu erwarten<br />

gewesen, auf die verdienstvolle Zusammenfassung von<br />

Friedrich Waidacher <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em großen, vermutlich viel zu<br />

wenig beachteten Kompilat „Handbuch der Allgeme<strong>in</strong>en<br />

Museologie“ zu verweisen. Dort nimmt das Thema Texte<br />

immerh<strong>in</strong> 24 Seiten e<strong>in</strong>.<br />

Grundsätzlich beschränken sich die Autoren auf die Optimierung<br />

von Ausstellungstexten im S<strong>in</strong>ne der sprachlichen<br />

Überarbeitung und lassen dabei zwangsläufig e<strong>in</strong>e<br />

Reihe weiterer Aspekte außer Acht. Hierzu gehören <strong>in</strong>sbesondere<br />

die mikro- und makrotypographische Gestaltung<br />

des Textmaterials und se<strong>in</strong> Zusammenhang mit den<br />

anderen Elementen der Ausstellung wie Exponaten, Bildern,<br />

Graphiken, Modellen u.a.m. Dieser Mangel f<strong>in</strong>det<br />

se<strong>in</strong>en augenfälligen Ausdruck alle<strong>in</strong>e schon dar<strong>in</strong>, dass<br />

die Publikation ohne jegliche Abbildungen geblieben ist.<br />

Beverly Serrell, deren diesbezügliche Publikation übrigens<br />

auch e<strong>in</strong>e bessere Bebilderung verdient hätte, gesteht<br />

für ihren Teil mehrfach diese Schwäche <strong>in</strong> der Behandlung<br />

der Texte e<strong>in</strong>. In diesem Zusammenhang ist an<br />

die Forschungsergebnisse der Gestaltpsychologie zu er<strong>in</strong>nern,<br />

die h<strong>in</strong>reichend deutlich machen können, dass<br />

Besucher e<strong>in</strong>e Ausstellung als facettenreiches Gesamterlebnis<br />

erfahren, dessen Wirkung selbstverständlich nicht<br />

alle<strong>in</strong>e mit der isoliert vorgenommenen Optimierung<br />

sprachlicher Aussagen positiv zu bee<strong>in</strong>flussen ist.

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