1992 - Geologische Bundesanstalt
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Mehr Licht in das Alter der Alpen<br />
Erdwissenschaft: Wien will sich als Pilgerstätte der Isotopengeologie profilieren<br />
STANDARD-Mitarbeiter<br />
Thomas Hofmann<br />
Wien - „Mit der Anschaffung<br />
zweier moderner, leistungsfähiger<br />
Massenspektrometer im<br />
vergangen Jahr ist uns der<br />
langgehegte Wunsch, den<br />
Standort Arsenal zu einer Pilgerstätte<br />
der Isotopengeologie<br />
zu machen, auch gelungen",<br />
umreißt Gastgeber Dieter<br />
Rank die Situation der Isotopengeologie<br />
an der Bundesversuchs-<br />
und Forschungsanstalt<br />
Arsenal (BVFA) anläßlich<br />
der „offenen Tür".<br />
Zu dieser Veranstaltung<br />
waren Erdwissenschafter der<br />
verschiedensten Fachrichtungen<br />
aus ganz Österreich und<br />
dem benachbarten Ausland<br />
gekommen.<br />
Isotopengeologische Untersuchungen<br />
beruhen auf dem<br />
Verhältnis von verschiedenen<br />
Isotopen ein und desselben<br />
Elements in der Litho-, Bio-,<br />
und Athmosphäre. Isotope<br />
sind verschieden schwere<br />
Modifikationen eines Atoms,<br />
die sich lediglich in der Anzahl<br />
der Neutronen im Atomkern<br />
voneinander unterscheiden.<br />
In der Natur kommen<br />
stabile und instabile Isotope<br />
Abb. 16.<br />
Aus dem STANDARD vom 21722. November <strong>1992</strong>.<br />
vor, letztere gehen über eine<br />
radioaktive Zerfallsreihe -<br />
dies entdeckte Henry Becquerel<br />
1896 in Paris - in andere<br />
Isotope über. So wandelt sich<br />
zum Beispiel Rubidium<br />
(87Rb) in Strontium (87Sr)<br />
um. Erdwissenschafter nützen<br />
den langsamen Zerfall bestimmter<br />
in Gesteinen und<br />
Mineralien vorkommender<br />
Elemente, um bei bekannter<br />
Halbwertszeit auf Grund des<br />
Isotopenverhältnisses ein Gesteinsbildungsalter<br />
anzugeben.<br />
Halbwertszeit<br />
„So dauert es 49 Milliarden<br />
Jahre", unterstreicht Susanne<br />
Scharbert von der <strong>Geologische</strong>n<br />
<strong>Bundesanstalt</strong> in Wien,<br />
die vor 20 Jahren begann, zusammen<br />
mit Wolfgang Frank<br />
die Geochronologie, jene Wissenschaft<br />
vom absoluten Alter<br />
der Gesteine, in Österreich<br />
aufzubauen, „bis sich die<br />
Hälfte des 87Rb in 87Sr umwandelt.<br />
Damit können wir<br />
Gesteine genau datieren."<br />
Angewendet werden geochronologische<br />
Untersuchungsmethoden<br />
an kristallinen<br />
Gesteinen (Granite, Gneise,<br />
Glimmerschiefer). Was<br />
Österreich betrifft, so sind insbesondere<br />
im Waldviertel und<br />
in den Kristallingebieten der<br />
Alpen große Fortschritte erzielt<br />
worden.<br />
Susanne Scharbert konnte<br />
verschiedenste Granit- und<br />
Gneiskomplexe des Waldviertels<br />
datieren, demnach sind<br />
Gesteinsschmelzen vor 550<br />
bis 800 Mio. Jahren in mehreren<br />
Phasen aus rund 10 Kilometer<br />
Tiefe in den damaligen<br />
Gebirgsstock der Böhmischen<br />
Masse (Waldviertel und<br />
Mühlviertel) eingedrungen.<br />
Durch die Erosion kommt es,<br />
daß diese Tiefengesteine heute<br />
an der Oberfläche liegen.<br />
Aus dem Bereich des alpinen<br />
Kristallins, das sind zum<br />
Beispiel die Koralpe, die Saualpe,<br />
die Silvretta und die<br />
Wölzer Tauern, brachten die<br />
isotopengeologischen Untersuchungen<br />
von Wolfgang<br />
Frank (Geologe an der Uni<br />
Wien) und Martin Thöni eine<br />
Revolution im geologischen<br />
Weltbild. Nahm man bisher<br />
an, daß diese Gesteine seit der<br />
variszischer Gebirgsbildungsphase<br />
vor etwa 320 Millionen<br />
Jahren unverändert blieben,<br />
so wiesen die Isotopengeologen<br />
nach, daß es im Zuge der<br />
alpinen Gebirgsbildung vor 80<br />
bis 100 Millionen Jahren zu<br />
großangelegten Mineralneubildungen<br />
kam. „Was den Alpenbau<br />
betrifft, so bedeutet<br />
das, daß auch kontinentale<br />
Erdkruste mit in den Alpenbau<br />
einbezogen wurde. Wir<br />
werden unsere bisherigen<br />
Vorstellungen neu überdenken<br />
müssen", berichtet Frank<br />
die neuen Ergebnisse.<br />
Know-how engagiert<br />
Die beiden neuen Großgeräte,<br />
derEdelgasmassenspektrometer<br />
VG 5400 und der Thermionen-Massenspektrometer<br />
MAT 262 eröffnen neue Analysemöglichkeiten.<br />
Der jetzt<br />
am Arsenal angestellte<br />
Schweizer Forschungsassistent<br />
Urs Klötzli bringt das<br />
Know-how für Untersuchungen<br />
an Uran-, Blei-, Rheniumund<br />
Osmiumisotope aus Bern<br />
mit. Eine Untersuchung im<br />
Massenspektrometer kostet<br />
zwischen 2000 und 6000 S,<br />
für eine Analyse sind lediglich<br />
200 Milligramm Gesteinspulver<br />
notwendig.<br />
3.6.7.<br />
Tag der offenen Tür<br />
am Arsenal<br />
(Thema Geochronologie)<br />
Am 19. und 20. November <strong>1992</strong><br />
luden das Geotechnische Institut der<br />
Bundesversuchs- und Forschungsanstalt<br />
Arsenal, das <strong>Geologische</strong> Institut<br />
der Universität Wien und die GBA<br />
zu einer Veranstaltung, die unter dem<br />
folgenden Motto stand:<br />
„Gesteine - Gebirge und ihr Alter.<br />
Eine erdwissenschaftliche<br />
Großforschungseinrichtung<br />
stellt sich vor."<br />
Zu dieser Veranstaltung waren Erdwissenschaftler<br />
der verschiedensten<br />
Fachrichtungen aus ganz Österreich<br />
und dem benachbarten Ausland gekommen.<br />
„Wir sind ein zentrales Labor<br />
für ganz Österreich", betont Wolfgang<br />
FRANK (Universität Wien) die Wichtigkeit<br />
dieser Forschungsstätte. Die beiden<br />
neuen Großgeräte, das Edelgasmassenspektrometer<br />
VG 5400 und<br />
das Thermionen-Massenspektrometer<br />
MAT 262 eröffnen neue Analysemöglichkeiten<br />
in Wien.<br />
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