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PDF 0.8MB - Das Mahabharata - Pushpak

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Warum also solche Torheit in einem Moment, der dich erfreuen sollte? Ich sehe hier keinen<br />

Menschen, oh Arjuna, den du töten solltest. Warum holst du zum Schlag aus? Was hat<br />

deinen Geist verdunkelt? Was ließ dich so schnell dein Schwert ergreifen? Ich frage dich, oh<br />

Sohn der Kunti. Was hast du vor, da du mit unbegreiflicher Energie und voller Wut die<br />

Waffe packst?<br />

Arjuna starrte Yudhishthira an und atmete schwer, als er Krishna antwortete:<br />

Ich habe einst im Geheimen geschworen, daß ich dem Mann den Kopf abschlage, der mir<br />

sagen würde: „Gib Gandiva einem anderen!“ Doch genau das waren die Worte des Königs, du<br />

hast es gehört, oh unermeßlich mächtiger Krishna. Ich kann dies nicht vergeben. Ich werde<br />

diesen König schlagen, der selbst die kleinste Abweichung von der Tugend scheut. Und<br />

indem ich diesen Besten aller Männer töte, bewahre ich meinen Eid. Deshalb habe ich das<br />

Schwert gezogen, oh Entzücken der Yadus. Der Tod meines Bruders bezahlt meine Schuld<br />

an die Wahrhaftigkeit. Und es wird mein Fieber und meinen Kummer besänftigen, oh<br />

Krishna. Doch ich frage dich, was ist unter diesen Umständen zu tun? Du, oh Herr, kennst<br />

die gesamte Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft dieses Universums. Ich werde tun, was<br />

du mir gebietest.<br />

Und Krishna sprach:<br />

Pfui, pfui! Nun weiß ich, daß du die Älteren nicht achtest, weil du dich in einem<br />

unpassenden Moment dem Zorn ergibst, oh Tiger unter den Männern. Niemand, der um<br />

Moral weiß, würde so handeln, wie du Unwissender es eben tust. Und es ist der übelste<br />

Mann, oh Arjuna, der scheinbar richtige Taten begeht, die man doch nicht begehen sollte<br />

und welche die Schriften verdammen. Du hast also nicht die Schlüsse der Gelehrten<br />

verstanden, die ihren Schülern ihre Meinungen über Tugend und Moral erklären. Doch wer<br />

diese Schlußfolgerungen nicht versteht, ist verwirrt und verdammt, wie du gerade verwirrt<br />

bist, weil du nicht unterscheiden kannst zwischen dem, was du tun solltest und was nicht. Es<br />

ist nicht einfach. Doch alles kann mithilfe der Schriften erklärt werden. Du meinst zwar,<br />

moralisch zu sein und moralisch zu handeln, und doch wirst du von Unwissenheit geleitet.<br />

Du meinst zwar, um die Tugend zu wissen, doch du vergißt, oh Arjuna, daß das Schlachten<br />

eines lebenden Wesens Sünde ist. Lebewesen nicht zu verletzen, ist die höchste Tugend.<br />

Vielleicht kann man lügen, aber töten sollte man niemals. Wie kannst du dann nur wie ein<br />

Narr daran denken, deinen älteren Bruder zu töten, den König, der alles über Tugend und<br />

Gerechtigkeit (Dharma) weiß? Wer einen Menschen tötet, der nicht kämpft, oder einen Feind,<br />

welcher der Schlacht den Rücken gekehrt hat oder flieht, der mit gefalteten Händen Zuflucht<br />

erfleht oder unachtsam ist – der wird nie von den Gerechten gelobt. All dies trifft auf deinen<br />

älteren Bruder zu. Den Eid, oh Arjuna, hast du aus Torheit geschworen. Und mit derselben<br />

Torheit willst du ihm nun folgen und eine sündige Tat begehen. Warum erhebst du die<br />

Hand gegen deinen geliebten und verehrten älteren Bruder? Bedenke zuerst die<br />

außerordentlich subtilen Wege der Moral, die nun einmal schwer zu verstehen sind.<br />

Ich erkläre dir jetzt dieses Mysterium, welches schon Bhishma kundtat, der gerechte<br />

Yudhishthira, auch Vidura und die gefeierte Kunti. Mit allen Einzelheiten werde ich es dir<br />

offenbaren. Höre genau zu, oh Arjuna:<br />

Wer wahrhaftig spricht, ist gerecht. Denn nichts ist höher als die Wahrheit. Doch ausgeübte<br />

Wahrheit zu verstehen, ist sehr schwer, wegen ihrer grundlegenden Natur. Wahrheit kann<br />

unaussprechlich sein. Und manchmal wird ausgesprochene Lüge zur Wahrheit und<br />

ausgesprochene Wahrheit zur Lüge. Wenn Leben oder Ehe in Gefahr sind, kann Lüge<br />

ausgesprochen werden. Auch, wenn dem gesamten Vermögen Verlust droht, wenn es dem<br />

Vergnügen einer Frau oder dem Wohle eines Brahmanen dient. Diese fünf Gelegenheiten zur<br />

Lüge wurden als sündenlos erklärt, denn in diesen Situationen kann Lüge zur Wahrheit und<br />

Wahrheit zur Lüge werden. Doch welch Narr ist der, der Wahrhaftigkeit üben will, ohne<br />

zwischen Lüge und Wahrheit unterscheiden zu können. Dabei wird der gerecht genannt,<br />

welcher die beiden unterscheiden kann. Und nun ist es kein Wunder mehr, wenn ein weiser<br />

Mann auch beim Begehen einer scheinbar grausamen Tat sich großen Verdienst gewinnt wie<br />

www.mahabharata.pushpak.de - 108 - <strong>Mahabharata</strong> - Buch 8, Karna Parva

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