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HRRS Ausgabe 5/2013 - hrr-strafrecht.de

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Rechtsprechung<br />

Hervorzuheben<strong>de</strong> Entscheidungen <strong>de</strong>s BGH: I. Materielles Strafrecht – Allgemeiner Teil<br />

Rechtsprechung<br />

Hervorzuheben<strong>de</strong> Entscheidungen <strong>de</strong>s BGH<br />

I. Materielles Strafrecht – Allgemeiner Teil<br />

393. BGH 1 StR 647/12 – Urteil vom 19. März<br />

<strong>2013</strong> (LG Kempten)<br />

Bedarf zur Feststellung <strong>de</strong>s Rücktrittshorizonts zur<br />

Prüfung <strong>de</strong>s fehlgeschlagenen Versuchs und <strong>de</strong>r Beendigung<br />

<strong>de</strong>s Versuchs (Maßstäbe; natürliche Handlungseinheit;<br />

Freiwilligkeit; außertatbestandliches<br />

Handlungsziel: Vortäuschung eines Versicherungsfalles);<br />

Verklammerungswirkung bei Freiheitsberaubung<br />

und gefährlicher Körperverletzung; Betrug.<br />

§ 22 StGB; § 23 StGB; § 24 StGB; § 52 StGB; § 239<br />

StGB; § 224 StGB; § 263 StGB<br />

1. In einer Konstellation, in <strong>de</strong>r ein Rücktritt angenommen<br />

wird o<strong>de</strong>r zu erörtern ist, sind Feststellungen zum<br />

Vorstellungsbild <strong>de</strong>s Täters nach Abschluss <strong>de</strong>r letzten<br />

von ihm vorgenommenen Ausführungshandlung, <strong>de</strong>r<br />

sogenannte Rücktrittshorizont, erfor<strong>de</strong>rlich. Bei Vorliegen<br />

einer Zäsur müssen zu<strong>de</strong>m die Vorstellungen <strong>de</strong>s<br />

Angeklagten jeweils nach <strong>de</strong>r (vorläufig) letzten Ausführungshandlung<br />

dargetan wer<strong>de</strong>n.<br />

2. Die Abgrenzung zwischen unbeen<strong>de</strong>tem und been<strong>de</strong>ten<br />

Versuch bestimmt sich nach <strong>de</strong>m Vorstellungsbild<br />

<strong>de</strong>s Täters nach <strong>de</strong>m Abschluss <strong>de</strong>r letzten von ihm vorgenommenen<br />

Ausführungshandlung, <strong>de</strong>m sogenannten<br />

Rücktrittshorizont. Bei einem Tötungs<strong>de</strong>likt liegt <strong>de</strong>mgemäß<br />

ein unbeen<strong>de</strong>ter Versuch vor, bei <strong>de</strong>m allein <strong>de</strong>r<br />

Abbruch <strong>de</strong>r begonnenen Tathandlung zum strafbefreien<strong>de</strong>n<br />

Rücktritt vom Versuch führt, wenn <strong>de</strong>r Täter<br />

zu diesem Zeitpunkt noch nicht alles getan hat, was nach<br />

seiner Vorstellung zur Herbeiführung <strong>de</strong>s To<strong>de</strong>s erfor<strong>de</strong>rlich<br />

o<strong>de</strong>r zumin<strong>de</strong>st ausreichend ist. Ein been<strong>de</strong>ter Tötungsversuch,<br />

bei <strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Täter für einen strafbefreien<strong>de</strong>n<br />

Rücktritt vom Versuch <strong>de</strong>n Tod <strong>de</strong>s Opfers durch<br />

eigene Rettungsbemühungen verhin<strong>de</strong>rn o<strong>de</strong>r sich darum<br />

zumin<strong>de</strong>st freiwillig und ernsthaft bemühen muss, ist<br />

hingegen anzunehmen, wenn er <strong>de</strong>n Eintritt <strong>de</strong>s To<strong>de</strong>s<br />

bereits für möglich hält o<strong>de</strong>r sich keine Vorstellungen<br />

über die Folgen seines Tuns macht.<br />

3. Eine Korrektur <strong>de</strong>s Rücktrittshorizonts ist in engen<br />

Grenzen möglich. Der Versuch eines Tötungs<strong>de</strong>likts ist<br />

daher nicht been<strong>de</strong>t, wenn <strong>de</strong>r Täter zunächst irrtümlich<br />

<strong>de</strong>n Eintritt <strong>de</strong>s To<strong>de</strong>s für möglich hält, aber nach alsbaldiger<br />

Erkenntnis seines Irrtums von weiteren Ausführungshandlungen<br />

Abstand nimmt. Rechnet <strong>de</strong>r Täter<br />

dagegen zunächst nicht mit einem tödlichen Ausgang, so<br />

liegt eine umgekehrte Korrektur <strong>de</strong>s Rücktrittshorizonts<br />

vor, wenn er unmittelbar darauf erkennt, dass er sich<br />

insoweit geirrt hat. In diesem Fall ist ein been<strong>de</strong>ter Versuch<br />

gegeben, wenn sich die Vorstellung <strong>de</strong>s Täters bei<br />

fortbestehen<strong>de</strong>r Handlungsmöglichkeit sogleich nach <strong>de</strong>r<br />

<strong>HRRS</strong> Mai <strong>2013</strong> (5/<strong>2013</strong>)<br />

letzten Tathandlung in engstem räumlichen und zeitlichen<br />

Zusammenhang mit dieser än<strong>de</strong>rt (st. Rspr.).<br />

4. Fehlgeschlagen ist ein Versuch, wenn die Tat nach<br />

Misslingen <strong>de</strong>s zunächst vorgestellten Tatablaufs mit <strong>de</strong>n<br />

bereits eingesetzten o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren nahe liegen<strong>de</strong>n Mitteln<br />

objektiv nicht mehr vollen<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n kann und <strong>de</strong>r Täter<br />

dies erkennt o<strong>de</strong>r wenn er subjektiv die Vollendung nicht<br />

mehr für möglich hält. Dabei kommt es auf die Sicht <strong>de</strong>s<br />

Täters nach Abschluss <strong>de</strong>r letzten Ausführungshandlung<br />

an (Rücktrittshorizont). Wenn <strong>de</strong>r Täter zu diesem Zeitpunkt<br />

erkennt o<strong>de</strong>r die subjektive Vorstellung hat, dass<br />

es zur Herbeiführung <strong>de</strong>s Erfolgs eines erneuten Aussetzens<br />

bedürfte, etwa mit <strong>de</strong>r Folge einer zeitlichen Zäsur<br />

und einer Unterbrechung <strong>de</strong>s unmittelbaren Handlungsfortgangs,<br />

liegt ein Fehlschlag vor (st. Rspr.). Für die<br />

Beurteilung einzelner Versuchshandlungen ist eine Gesamtbetrachtung<br />

nach Maßgabe <strong>de</strong>r natürlichen Handlungseinheit<br />

vorzunehmen. Dabei begrün<strong>de</strong>t <strong>de</strong>r Wechsel<br />

eines Angriffsmittels nicht ohne Weiteres eine die Annahme<br />

einer Handlungseinheit ausschließen<strong>de</strong> Zäsur.<br />

5. Liegt ein Fehlschlag vor, schei<strong>de</strong>t ein Rücktritt vom<br />

Versuch nach allen Varianten <strong>de</strong>s § 24 Abs. 1 o<strong>de</strong>r Abs. 2<br />

StGB aus; umgekehrt kommt es nur dann, wenn ein<br />

Fehlschlag nicht gegeben ist, auf die Unterscheidung<br />

zwischen unbeen<strong>de</strong>tem und been<strong>de</strong>tem Versuch an, die<br />

für die vom Täter zu erbringen<strong>de</strong> Rücktrittsleistung in<br />

Fällen <strong>de</strong>s § 24 Abs. 1 StGB stets, in solchen <strong>de</strong>s § 24<br />

Abs. 2 StGB mittelbar dann von Be<strong>de</strong>utung ist, wenn sich<br />

die (gemeinsame) Verhin<strong>de</strong>rungsleistung von Versuchsbeteiligten<br />

in einem einverständlichen Unterlassen <strong>de</strong>s<br />

Weiterhan<strong>de</strong>lns erschöpfen kann.<br />

6. Lässt sich <strong>de</strong>n Urteilsfeststellungen das entsprechen<strong>de</strong><br />

Vorstellungsbild <strong>de</strong>s Angeklagten, das zur revisionsrechtlichen<br />

Prüfung <strong>de</strong>s Vorliegens eines freiwilligen Rücktritts<br />

vom Versuch unerlässlich ist, nicht hinreichend<br />

entnehmen, hält das Urteil sachlich-rechtlicher Nachprüfung<br />

nicht stand. Dies gilt beson<strong>de</strong>rs dann, wenn es sich<br />

um ein mehrstündiges und mehraktiges Tatgeschehen<br />

han<strong>de</strong>lt und auch die Prüfung <strong>de</strong>r Annahme nur einer Tat<br />

im Rechtssinne vorzunehmen ist.<br />

7. Eine einfache Freiheitsberaubung verklammert nicht<br />

ohne weiteres eine während ihrer Verwirklichung begangene<br />

gefährliche Körperverletzung.<br />

445. BGH 3 StR 521/12 – Urteil vom 4. April<br />

<strong>2013</strong> (LG Berlin)<br />

Anfor<strong>de</strong>rungen an das Vertrauen auf die Richtigkeit<br />

eines anwaltlichen Gutachtens als Grundlage eines un-<br />

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