Buch - Prof. Dr. Erika Schuchardt
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156 Brückenbau – 15 Jahre Begegnungsschulen im Südlichen Afrika<br />
Ein Lehrer und seine Frau erklärten sich bereit, mich für die große Klasse 10-<br />
Prüfung in ihr Haus aufzunehmen, damit ich besser lernen konnte. Mein Zuhause<br />
war und ist immer noch sehr klein und bescheiden, und ich musste damals<br />
ein Zimmer mit dreien meiner Geschwister teilen, so dass es sehr schwierig<br />
war, dort zu lernen. Dank der Hilfe konnte ich diese Zwischenprüfung mit A, d.h.<br />
einer Eins, bestehen und wurde so in der Zeitung erwähnt.<br />
Meine Deutschlehrerin, die mich durch ihre strenge Art und Bewertung dazu<br />
motivierte, besser zu sein, warnte zu Recht davor, mich selbst nicht zu überschätzen.<br />
Sie hat mich auch seelisch betreut und unterstützt, als meine beste<br />
Freundin in Klasse 11 erkrankte und es mir da sehr schlecht ging. Meine Noten<br />
fi ngen damals an, sich zu verschlechtern.<br />
In Klasse 11 schließlich bat ich meine Mutter, ins Internat zu dürfen, denn<br />
mir war sehr bewusst, dass die große Matrik-Abschlussprüfung am Ende von<br />
Klasse 12 sich näherte und dass ich dafür sehr viel lernen musste. Natürlich war<br />
sie nicht sehr begeistert davon, denn das Internat war noch teurer als die Schule<br />
selbst, aber sie erlaubte es mir trotzdem und sie arbeitete noch mehr und verzichtete<br />
auf vieles, nur damit ich Erfolg erzielen konnte.<br />
Nach Klasse 12 entschied ich mich dafür, das deutsche Abitur zu machen.<br />
Dies erwies sich als der höchste Berg in meiner Schulkarriere. Bis dahin hatten<br />
wir alle Fächer auf Englisch, und jetzt mussten wir plötzlich alles auf Deutsch<br />
machen. Die ersten drei Monate, die für alle Abiturienten als Probezeit galten,<br />
und den Rest dieses Jahres überstand ich, obwohl ich sehr oft frustriert und<br />
mutlos wurde. Es war nicht sehr einfach, das einzige „farbige“ Mädchen im Internat<br />
und im ganzen Abiturjahrgang zu sein. Wenn die anderen nachmittags<br />
eine Stunde an den Hausaufgaben für ein Fach saßen, saß ich zwei Stunden<br />
daran. Obwohl ich schon sehr gut Deutsch sprechen konnte, war die deutsche<br />
Fachsprache doch etwas anderes. Nach anfänglicher Hilfsbereitschaft haben die<br />
Mädchen im Internat mich schnell genug allein gelassen und zeigten sich oft genervt,<br />
wenn ich sie um Hilfe bat. Sehr oft fühlte ich mich danach, meine Sachen<br />
zu packen und das Abitur aufzugeben, aber meine Zimmerkameradin redete es<br />
mir immer aus, indem sie sagte, dass ich es doch bis jetzt geschafft hätte und<br />
es auch noch weiter schaffen könnte, und von meiner Mutter hätte ich ja auch<br />
gelernt zu vollenden, was ich angefangen hatte.<br />
Wie in jedem Jahr kam auch in diesem die Carl Duisberg Gesellschaft (CDG)<br />
nach Namibia, um Stipendien anzubieten. Dafür musste man wieder einen Test<br />
und ein Interview bestehen. Diese Stipendien galten aber nur für Ingenieurswissenschaften<br />
an den Fachhochschulen in Deutschland. Ich aber wollte doch<br />
Medizin in Südafrika studieren, denn ich wollte nicht mehr so weit weg von meiner<br />
Familie leben. Also verschwendete ich keinen Gedanken daran, mich für dieses<br />
Stipendium zu bewerben. Aber die damalige stellvertretende Schulleiterin<br />
überredete mich an dem Nachmittag, zu dem Test zu gehen, denn sie wusste<br />
noch besser als ich, dass es sehr schwierig war, ein Stipendium für Medizin in<br />
Südafrika zu bekommen, geschweige denn einen Platz an der Universität. Das<br />
Studium in Südafrika ist sehr teuer, und meine Eltern hätten sich das niemals<br />
ohne Hilfe leisten können. Dieses waren auch die allerletzten Stipendien, die die<br />
CDG anbieten würde. Also ging ich zu dem Test, ohne daran zu glauben, dass<br />
ich es schaffen würde, ja, ohne dass ich es schaffen wollte! Denn Ingenieur zu<br />
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