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Buch - Prof. Dr. Erika Schuchardt

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170 Brückenbau – 15 Jahre Begegnungsschulen im Südlichen Afrika<br />

Aber die DHPS ließ mich schnell die Wahrheit erkennen. Die DHPS besuchten<br />

auch etliche reiche und intelligente Schwarze. Ich hatte z. B. bessere Noten<br />

als die meisten meiner weißen Mitschüler in meiner Klassenstufe. Daraus resultierte<br />

eine sich allmählich verfl üchtigende Bewunderung für Weiße. Ich begriff<br />

langsam, dass es kaum oder nur unwesentliche Unterschiede zwischen uns<br />

gab. Ich nehme an, dass so einige Leute an der DHPS mich als aufsässig und<br />

arrogant angesehen haben. Das mit der Arroganz ging in Ordnung, aber das mit<br />

der Aufsässigkeit stimmte nicht. Ich respektierte alle Normen und Regeln an der<br />

Schule und protestierte eigentlich nur, wenn man gegen diese Regeln verstieß<br />

und die Rechte von Leuten meiner Hautfarbe nicht respektierte. Das geschah<br />

natürlich gelegentlich.<br />

Als ich zum Beispiel 1996 die Klasse 9 besuchte, behauptete eine Lehrerin,<br />

dass ihr Portemonnaie von einem Schüler der Neuen Sekundarstufe gestohlen<br />

worden sei, obwohl sie keinerlei Beweise dafür besaß. Ich wusste zufällig, wer<br />

ihr das Portemonnaie weggenommen hatte, und diese Person war mit Sicherheit<br />

weder schwarz noch aus der Neuen Sekundarstufe. Ich fragte sie, wie sie<br />

darauf komme, dass der Dieb ein Mitglied der Neuen Sekundarstufe sei, und<br />

es stellte sich heraus, dass sie diese Verdächtigung tief als Vorurteil in sich trug<br />

und dieses spontan aus ihr hervorgebrochen war. Aus Protest verließ ich den<br />

Klassenraum.<br />

Seitdem habe ich diese Lehrerin anders gesehen und habe möglichst jeden<br />

näheren Kontakt mit ihr vermieden, obwohl ich Schüler ihrer Klasse war. Ich war<br />

derartig verletzt von einem solchen Verhalten, dass sogar meine Leistungen in<br />

diesem Fach nachließen und ich am Ende des Jahres nur mit Mühe die Versetzung<br />

schaffte. Vielleicht werde ich irgendwann einmal in der Lage sein, diesen<br />

Konfl ikt von damals mit ihr offen anzusprechen.<br />

Einmal betrat ich die Jungentoilette, und sie war voller weißer Jungen. Einer<br />

fragte mich provozierend, was ich denn hier zu suchen hätte. Als ich das ignorierte,<br />

nannten sie mich „Kaffer“ und verließen geschlossen die Toilette. Einige<br />

konnten es auch nicht lassen, rassistische Witze über mich zu machen. Sie stichelten<br />

z.B., meine schwarze Hautfarbe würde auf mein weißes Schulhemd<br />

abfärben und es beschmutzen. Oft habe ich als Revanche nur zurückgemeckert,<br />

bis sie mich in Ruhe ließen. Viele Weiße an der DHPS hatten die Vorstellung,<br />

Schwarze seien schmutzig und hätten den Kommandos der Weißen zu folgen.<br />

So warf einmal ein weißer Junge einen Bleistift auf den Fußboden und erwartete<br />

von mir, dass ich ihn aufhöbe. Und er wurde wütend, als ich mich dieser<br />

Erwartung widersetzte. Er beschimpfte mich als „Kaffer“, was für Farmkinder<br />

ein beliebtes Schimpfwort für Schwarze war. Weil die meisten Arbeiter auf der<br />

Farm schwarz sind, gehen einige weiße Farmkinder automatisch davon aus, dass<br />

Schwarze ihnen unterlegen sind. Während meiner 6 Jahre an der DHPS habe<br />

ich solche Einstellungen und die hierauf basierenden Konfrontationen immer<br />

wieder angetroffen, bin sie allerdings nicht offensiv angegangen, sondern habe<br />

sie nur zu vermeiden versucht. Es wird wohl noch lange dauern, bis alle Spuren<br />

solcher Vorurteile an der DHPS gänzlich verschwunden sind. Natürlich sind das<br />

keine für die DHPS typischen Vorkommnisse; sie sollen nur zeigen, mit welchen<br />

Problemen man sich bei einer intensiven Begegnung von Weiß und Schwarz<br />

Brückenbau - neues Format.indd 170 17.01.2005 15:47:39

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