Buch - Prof. Dr. Erika Schuchardt
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18 Brückenbau – 15 Jahre Begegnungsschulen im Südlichen Afrika<br />
Bei der Endredaktion dieses <strong>Buch</strong>es wurde mir bewusst, dass sich nicht<br />
nur die Zeitzeugen aus dem Südlichen Afrika, die in diesem <strong>Buch</strong> aus ihrem<br />
schweren Leben berichtet haben, nur mit großer Überwindung bereit erklärt<br />
hatten, sich erneut dem Prozess einer leidvollen Erinnerung auszusetzen. Auch<br />
die Autoren standen unter einem solchen <strong>Dr</strong>uck, und nur weil sie vielleicht spürten,<br />
dass ‚mit-geteilte‘ Lebensgeschichte auch ‚verarbeitete‘ Lebensgeschichte<br />
ist, sind sie dazu bewogen worden, über Einzelheiten Rechenschaft abzulegen<br />
und die Notwendigkeit von Einrichtungen des Dialoges wie zum Beispiel Begegnungs-Schulen<br />
zu belegen.<br />
Aufbruch aus der Apartheid: Auswärtiges Amt der Zeit 15 Jahre voraus<br />
Es war bereits in den 70er Jahren – eine Dekade vor dem Aufbruch aus der<br />
Apartheid – dass die mutig entschlossene Initiative der deutschen Bundesregierung<br />
– nicht selten gegen Widerstände vor Ort – den Brückenbau im Südlichen<br />
Afrika nicht nur konzipierte und anregte, sondern ihn langfristig auch durch Konditionierung<br />
der Mittelvergabe dezidiert einforderte.<br />
Erste Schritte zur Globalisierung im Kaiserreich<br />
Um die Besonderheit dieses Brückenbaus besser würdigen zu können, lohnt<br />
es sich, weit in die Geschichte des deutschen Auslandsschulwesens zurückzugehen.<br />
In der Mitte des 19. Jahrhunderts begannen in Preußen, anderen<br />
deutschen Staaten und danach im Deutschen Kaiserreich die ersten Schritte<br />
dessen, was man heute „Globalisierung“ nennt, Auswanderung von deutschen<br />
Kaufl euten und Ingenieuren, Kolonialbeamten und Missionaren. Bald entstanden<br />
Schulen für die Kinder dieser Auslandsdeutschen. Als eine erste staatliche<br />
Maßnahme in der deutschen Auswärtigen Kulturpolitik gab es für diese Projekte<br />
Geldmittel vom Auswärtigen Amt, wurden erfahrene Lehrkräfte aus allen Teilen<br />
Deutschlands entsandt. Auch das Südliche Afrika mit der Kolonie Deutsch-<br />
Südwest sowie weiteren großen Auswanderungszentren in Johannesburg und<br />
Kapstadt erlebte eine solche staatliche Unterstützung aus dem fernen Berlin.<br />
Niemand dort und erst recht nicht irgendjemand in den Schulen selbst hätte<br />
sich damals vorgestellt, dass mit diesen Schulen auch den Menschen der nichtweißen<br />
Bevölkerung eine Bildungsmöglichkeit gegeben werden könne. Man<br />
blieb unter sich, lediglich Buren und Engländer mit Kenntnissen der deutschen<br />
Sprache waren genehm. Auch wachte eine strenge Apartheids-Gesetz- und Verordnungsregie<br />
darüber, dass die Rassentrennung in der Bildung erhalten blieb<br />
und erhalten bleiben sollte, auch wenn man gemäß meiner These als ‚Schwarze‘<br />
nicht ‚fremd‘ war, wohl aber lebenslang zum ‚Fremden-Dasein‘ verurteilt wurde.<br />
Meine These lautet:<br />
Man ist nicht fremd, man wird dazu gemacht;<br />
lebenslang dazu verurteilt, ein Fremden-Dasein führen zu müssen.<br />
Und das veränderte sich nicht, blieb so bis in das letzte Jahrzehnt des letzten<br />
Jahrtausends hinein.<br />
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