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Buch - Prof. Dr. Erika Schuchardt

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Deutsche Schulen im Südlichen Afrika – ein Modellfall<br />

35<br />

Der Außenminister selbst war schon bald nach seinem Amtsantritt (1974) in<br />

vielen Gesprächen sowohl mit den afrikanischen Oppositionsbewegungen, ANC<br />

und SWAPO, als auch mit führenden Leuten der deutschen Seite im Südlichen<br />

Afrika zu dem Ergebnis gekommen, dass die Bundesrepublik Deutschland ihre<br />

internationale Glaubwürdigkeit als ein die Menschenrechte achtender Staat einbüßen<br />

würde, wenn sie nicht bald deutliche Zeichen gegen die südafrikanische<br />

Apartheidspolitik setzen würde. Er war es denn auch, der 1977 die Weisung gab,<br />

als ein solches Zeichen die deutschen Schulen in der Republik Südafrika und<br />

Namibia für nichtweiße Schülerinnen und Schüler zu öffnen.<br />

Das war freilich leichter gesagt als getan. Das Auswärtige Amt und die für<br />

die laufende Betreuung der Schulen zuständige Zentralstelle für das Auslandsschulwesen<br />

in Köln konnten den Schulen nicht einfach befehlen, was sie zu tun<br />

hätten. Denn die wurden und werden bis heute nicht vom deutschen Staat getragen,<br />

sondern von privaten Schulvereinen nach örtlichem Recht. Die Vereine<br />

empfangen für die von ihnen jeweils verantwortete Schule sowohl fi nanzielle<br />

Zuwendungen aus dem Schuletat des Auswärtigen Amts als auch personelle<br />

Förderung in der Gestalt aus Deutschland auf Zeit vermittelter Lehrer, deren Vertragspartner<br />

indessen der unabhängige Schulverein ist. Immerhin gab es so ein<br />

<strong>Dr</strong>uckmittel, nämlich die <strong>Dr</strong>ohung mit dem Entzug dieser Hilfe. Doch war damit<br />

sorgsam und möglichst gar nicht umzugehen, weil ja nicht die bei Vollzug dieser<br />

<strong>Dr</strong>ohung unvermeidliche Schließung der Schulen das Ziel war, sondern ihre<br />

Öffnung für neue Schüler. Es galt also vor allem Überzeugungsarbeit zu leisten,<br />

besonders bei den vom jeweiligen Trägerverein gewählten Schulvorständen. Sie<br />

war nicht einfach und nicht rasch zum Ergebnis zu führen. Nichtweiße Schülerinnen<br />

und Schüler überhaupt aufzunehmen, war einem von der Apartheidsideologie<br />

und öfter auch noch vom deutschen Nationalsozialismus geprägten Teil<br />

der Eltern und Vorstände einfach unvorstellbar.<br />

Ein weiterer Teil zeigte sich zwar dazu bereit, jedoch unter der Bedingung,<br />

dass der deutsche Charakter der Schule in Lehrplan und Unterrichtssprache voll<br />

gewahrt bleiben müsse. Die war jedoch nicht erfüllbar angesichts der Voraussetzungen,<br />

die mögliche Schülerinnen und Schüler aus den nichtweißen Gruppen<br />

– den Schwarzen, Farbigen und Indern – mitbringen würden: keine Kenntnis der<br />

deutschen Sprache, bisherige Schullaufbahn nur nach südafrikanischem Lehrplan,<br />

der zudem für Nichtweiße weit hinter dem für Weiße geltenden Standard<br />

zurückblieb. Selbst die aus Deutschland entsandten Lehrer waren nicht sämtlich<br />

begeistert, weil manche einen Niveauverlust fürchteten angesichts des jämmerlichen<br />

Zustands der Schulen für Nichtweiße.<br />

Ein zunächst nicht großer, dann langsam wachsender und schließlich entscheidender<br />

Teil der Schulvorstände, Eltern und Lehrer indessen zeigte sich einsichtig<br />

aus der Erkenntnis, dass ein modellhafter Beitrag zur friedlichen Überwindung<br />

der Apartheid auf die Dauer auch für sie das Leben im Lande erleichtern<br />

würde, weil immer klarer wurde, dass die Rassentrennung nicht würde aufrecht<br />

erhalten werden können, allein schon aus wirtschaftlichen Gründen. Nur: welches<br />

Konzept konnte dazu führen, dass die deutschen Schulen ein Modellfall für<br />

die Zeit nach der Rassentrennung werden?<br />

Zwei Wege standen offen. Der eine würde schon im Kindergarten beginnen<br />

und zur frühen Integration der nichtweißen, fremdsprachigen Schülerinnen und<br />

Brückenbau - neues Format.indd 35 17.01.2005 15:47:16

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